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Road to Olympia

Mit Olympiahoffnung Mariama Jamanka auf dem Weg nach Pyeongchang

Bob-Pilotin Mariama Jamanka posiert für ein Foto vor einer Leinwand mit einer Rennsituation
Die Berlinerin Mariama Jamanka zählt bei Olympia 2018 zu den deutschen Medaillenhoffnungen Foto: Denis Trapp
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FITBOOK Redaktion

24. November 2017, 15:59 Uhr | Lesezeit: 12 Minuten

Weltklasse-Bobpilotin Mariama Jamanka hat für diesen Winter ein großes Ziel – die Olympischen Winterspiele im südkoreanischen Pyeongchang (9. bis 25 Februar)! In ihrer FITBOOK-Kolumne können Sie den Weg der sympathischen Berlinerin bis zum Saisonhöhepunkt verfolgen und bekommen Einblicke in die Welt des Wintersports, die Sie so sicher noch nicht hatten.

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Von Mariama Jamanka

Mitte Oktober fühlt sich nicht an wie Winter, ist aber für uns Wintersportler häufig der Auftakt in unsere Wettkampfsaison. Und diese Saison ist etwas ganz Besonderes, schließlich stehen an ihrem Ende die 23. Olympischen Winterspiele an. Und hoffentlich die ersten für mich. Dank dieser Kolumne können Sie mich auf meinem Weg durch die Saison und zu meinem ganz großen Ziel begleiten.

Anfangen tut dieser Weg – wie so oft bei einer großen Reise – am frühen Morgen im Auto. Es ist 8 Uhr an einem Freitag, dem 20.10.2017, und ich warte darauf, dass mein Fahrer auftaucht, um mich zum Flughafen in Frankfurt am Main zu bringen. Ich reise dieses Mal mit „leichtem Gepäck“, da ich nur eine Woche vor Ort sein werde. Normalerweise bewegt sich die Anzahl der Gepäckstücke bei Bobfahrern irgendwo zwischen „reist monatelang durch Sibirien“ und „ist zu Hause rausgeflogen und lebt jetzt unter der Brücke“. Warum das so ist, dazu in den kommenden Wochen mehr. Ich stehe jedenfalls mit meinem Gepäck – bestehend aus einem großen Koffer, einem vollgepackten Rucksack, einer Handtasche und einem Beutel, den ich noch irgendwo reinquetschen muss – am Eingang und warte. Man geht in solchen Momenten ja nochmal alles Notwendige durch, um bloß nichts zu vergessen. Und ich bin im Vergessen ganz besonders groß. Zahnbürste, Schlafanzug, Schuhe, alles schon dabei gewesen – oder eben nicht. Nur habe ich diesmal wenig dabei, an das ich wirklich denken muss. Der Hauptteil meines Gepäcks ist längst in Südkorea. Unsere Bobs und das dazugehörige Material haben wir bereits eine Woche zuvor verladen. Daher kann ich eigentlich recht entspannt sein.

In diesen Containern lagern die Materialien der Weltelite des Bob-Sports
In diesen Containern lagern die Materialien der Weltelite des Bob-Sports Foto: Mariama Jamanka (privat)

Bobfahren heißt: Reisestrapazen

Entspannt bin ich auch während der dreistündigen Autofahrt nach Frankfurt und der kurzen Diskussion mit der netten Dame am Lufthansa-Schalter zur der Frage, ob wir auch wirklich zwei Gepäckstücke gebucht haben (haben wir!). Immer noch entspannt bin ich während des kurzen Fluges nach München, der vier Stunden Aufenthalt (weil unser Flieger natürlich Verspätung hat), der zehneinhalb Stunden nach Seoul, die ich neben einem netten jungen Mann verbringen darf, der im Schlaf ganz dringend kuscheln muss, auf der dreistündigen Busfahrt von Seoul nach Pyeongchang, die ich ohnehin komplett verschlafen, und beim Check-in in unserem Teamhotel. Die letzten zwei Jahre war ich mit der deutschen Bobnationalmannschaft im Weltcup unterwegs. Und das heißt vor allem eins: Reisekilometer. Ich bin im Winter so viel auf europäischen Autobahnen unterwegs und verbringe so viele Stunden in Flugzeugen, dass Reisen für mich jegliche Spannung verloren hat. Damit meine ich natürlich nicht das Ziel, sondern den Weg dorthin. Denn der ist für mich nur noch Zeit, die irgendwie herumgebracht werden muss.

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Nach dem Check-in können wir auch direkt unsere Kisten ausladen, die schon auf einem großen Platz in Hotelnähe auf uns warten. Unsere Unterkunft liegt direkt am Fuße der Bobbahn, sodass die kleinen LKWs – die außerdem unsere Bobs vom Ziel zum Start zurückbefördern – runterkommen, um unser Material an die Bahn zu bringen. Dort stehen große Container bereit, die unsere Bobs in dieser Woche beherbergen sollen. Nachdem auch das alles geschafft ist, gibt es noch ein Abendessen mit anschließender Besprechung und dann ist aus die Maus. Todmüde, wie wir sind, können die meisten von uns dennoch nicht schlafen (der Zeitumstellung sei Dank). Aber unversucht lässt es keiner von uns.

Am nächsten Tag geht das Training los, allerdings erst am Nachmittag. Das würde mich im Normalfall stören, weil ich lieber früh als spät auf die Bahn gehe. Doch dieses Mal ist es mir ganz recht. Denn laut Zeitplan der Olympischen Spiele sollen unsere Wettkämpfe im Februar abends um 20:30 Uhr beginnen.

Der Startbereich der Olympiabahn in Pyeongchang
Der Startbereich der Olympiabahn in Pyeongchang. Hier wird Mariama am 20. und 21. Februar 2018 hoffentlich im Kampf um eine Medaille starten Foto: Mariama Jamanka (privat)

Das Training beginnt

Wir verbringen den Tag bis 14:30 Uhr so, wie man das für gewöhnlich nach einer langen Reise tut. Wir versuchen auszuschlafen, frühstücken, bewegen uns ein bisschen und sehen uns die Gegend an. Pyeongchang ist ein sehr kleiner Ort. Die Bobbahn, das Skisprunggelände und die Biathlonarena sind davon noch ein Stück entfernt. Das Hotel ist eigentlich ein großer Hotelkomplex, in dem auch Restaurants, ein Duty-Free-Laden und ein kleiner Supermarkt untergebracht sind. Nach der Rundtour geht es für uns Piloten zur sogenannten Bahnbegehung. Das heißt, wir laufen vor dem Training mit unseren Trainern die Bahn entlang, um uns die einzelnen Passagen anzuschauen und zu besprechen, was wir an welcher Stelle machen. Das tun wir vor jedem Training. Währenddessen fährt der Rest der Mannschaft zu unseren Schlitten und bereitet sie auf das Training vor. Anschließend treffen wir uns alle am Start und warten auf den Trainingsbeginn. Aber vorher absolvieren wir noch ein klassisches Aufwärmprogramm wie vor einem Leichtathletikwettkampf. Zunächst laufen wir uns ein, dann folgt eine Dehnungseinheit, die – je nachdem, wie wir uns fühlen – mal länger oder kürzer ausfällt. Abschließend machen wir ein sogenanntes Lauf-ABC. Das sind verschiedene Übungen, die viele vermutlich aus dem Fernsehen kennen, wenn sich Fußballer vor Spielen aufwärmen.

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Bobfahren heißt auch: Stürze

Ein offizielles Training im internationalen Rahmen besteht in der Regel aus zwei bis drei Läufen. Nach einer festgelegten Reihenfolge geht man an den Start, wartet darauf, dass die Strecke freigegeben wird, und sprintet mit seinem Teampartner und dem Bob los. Im Ziel angekommen, verlädt man den Bob und fährt wieder hoch zum Start. Dort treffe ich mich dann mit unseren Trainern, die an der Bahn gestanden haben, und hole mir ihre Korrekturen ab. Anschließend arbeiten wir entweder am Schlitten oder wärmen uns für die zweite bzw. dritte Fahrt auf. Nach der letzten Tour werden unsere Schlitten zurück zu den Containern gefahren. Normalerweise dauert so ein Training zwischen drei und fünf Stunden – abhängig von der Größe des Teilnehmerfeldes, der Witterung und der Anzahl an Stürzen beim Training. Die passieren zum Glück nicht allzu oft, allerdings kann es gerade auf schwierigen Bahnen in einer Woche mehrfach krachen. Die meisten dieser Stürze gehen sehr glimpflich aus, abgesehen von kleineren Blessuren und Materialschäden passiert nichts. Allerdings haben wir bei jedem Training Krankenwagen und Ärzte vor Ort – für alle Fälle. Fast jeder Pilot ist in seiner Karriere schon mal gestürzt, die allermeisten mehr als einmal. Gerade als Anfänger oder auf neuen Bahnen passiert das öfter. Auch ich habe mich gerade zu Beginn sehr schwer getan und bin häufig gestürzt.

Im Startbereich geht’s um jedes Hundertstel, denn hier wird die Grundlage für den Lauf gelegt
Im Startbereich geht’s um jedes Hundertstel, denn hier wird die Grundlage für den Lauf gelegt Foto: Mariama Jamanka (privat)

Nach dem Bahntraining bereiten wir das Material nach, dann geht es zum Essen zurück in die Unterkunft. Im Anschluss geht jeder seinen üblichen Abendbeschäftigungen nach. Der gesamte Komplex aus Bahnbegang, Materialvorbereitung, Training und Nachbereitung nimmt circa fünf bis sieben Stunden in Anspruch. Die langen Tage an der Bahn zehren an den Kräften, deswegen sind wir vor allem an den ersten Tagen zu kaum mehr imstande, als abends noch eine physiotherapeutische Behandlung zu machen und danach todmüde ins Bett zu fallen.

Der perfekte Bobfahrer-Typ? Schnell, stark UND schwer!

An den darauffolgenden Tagen wiederholt sich dieses Muster. Außerdem kommt dann noch unser Athletiktraining dazu. Damit habe ich an Tag zwei nach meiner Ankunft wieder losgelegt. Es ist schwierig mit dem Jetlag und der Müdigkeit zu trainieren, aber wir können es uns einfach nicht leisten, eine zu lange Pause zu machen. Bobfahren ist eine Schnellkraftsportart, was vor allem am Start liegt. Da wir mit dem Schlitten anlaufen müssen, müssen wir schnell sein. Doch damit nicht genug: Denn da der Schlitten beim Zweierbob 170 Kilo, beim Viererbob sogar über 300 Kilo wiegt, müssen wir zudem noch stark sein. Außerdem gilt beim Bobfahren:

An meinem ersten Tag Athletiktraining gehe ich in den Kraftraum. Kleines Problem: In Pyeongchang gibt es keinen wirklich guten Kraftraum, aber wir können wenigstens den in einer nahegelegenen Schule nutzen. Nach dem Warm-up beginne ich mein Training mit speziellen Kniebeugen. Hier mache ich fünf Durchgänge à fünf bis acht Wiederholungen mit 95 bis 105 Kilo. Das Gewicht steigere ich dabei in jedem Durchgang. Man kann diese Übung immer unter verschiedenen Aspekten machen. Wenn man – so wie wir – Kniebeugen macht, um die Muskulatur zu stärken, dann versucht man möglichst hohe Gewichte mit verhältnismäßig wenigen Wiederholungen zu machen. Wenn man die Übung eher aus ästhetischen Aspekten sieht und nicht nur auf Muskelmasse gehen möchte, sollte man weniger Gewicht nehmen und mehr Wiederholungen machen. Aber in beiden Fällen ist eine entsprechende Vorbereitung sehr wichtig.

Als nächstes ist Kreuzheben an der Reihe. Das ist eine Übung zur Stärkung der Rückenmuskulatur. Hier ist eine korrekte Ausführung noch wichtiger, denn wenn man die Übung falsch macht, kann man schwere Rückenschäden davontragen. Wir machen Kreuzheben mit teils sehr hohem Gewicht, da unser Rücken durch das Bobfahren sehr großen Belastungen ausgesetzt ist.

Anschließend mache ich noch einige kleinere Übungen für die Beine wie die Beugermaschine sowie Übungen für die Wade. Unser Krafttraining richtet sich natürlich hauptsächlich auf die Beine, weil das die Körperpartie ist, die wir am meisten brauchen.

Am nächsten Tag steht dann Lauftraining auf dem Programm. Hier in Südkorea haben wir das Glück, dass direkt an der Bobbahn eine Tartanfläche ist. Deswegen können wir hier ein halbwegs gutes Lauftraining absolvieren. An manchen anderen Bahnen haben wir nicht so viel Glück. Dann müssen wir unser Lauftraining auch schon mal in Tiefgaragen oder Ähnlichem machen.

Endlich mal Entspannen, wenn auch nur für einen Abend

Die Tage vergehen wie im Fluge, sie sind gefüllt mit Bahntraining und Athletikeinheiten. Dadurch, dass wir ja jeden Tag Bob fahren, müssen wir die restlichen Einheiten so gut es geht in unserem Trainingsplan unterkriegen. Nach anderthalb Wochen ist unser Aufenthalt in Pyeongchang schon wieder vorbei. Das letzte Training findet am Samstagmorgen um 8:30 Uhr statt. Direkt im Anschluss heißt es, Schlitten und Material zusammenpacken und klar Schiff machen. Dann geht es für das Gepäck nochmal kurz zurück in das Hotel. Anschließend steht die letzte Athletikeinheit auf dem Programm und dann sind wir mit der internationalen Trainingswoche auch offiziell fertig. Den Rest des Tages können wir verbringen, wie wir wollen. Deshalb entscheiden wir Mädels uns dafür, ein typisch koreanisches BBQ zu machen. Nach der stressigen Woche und dem harten Training ist es umso wichtiger, auch mal die Seele baumeln zu lassen und sich zu entspannen. Der letzte Abend ist für uns oftmals die einzige Gelegenheit dafür.

Der Abreisetag läuft eigentlich genauso ab wie der Anreisetag. Ein Bus holt uns am Morgen ab, fährt uns zum Flughafen, wo wir einchecken und unser Gepäck aufgeben. Hier noch ein kleiner Reisehinweis für alle Fans der sogenannten Faszienrolle, auch Blackroll genannt. Solltet ihr ein Modell mit Vibration haben, dann könnte es richtig Probleme geben, wenn es in eurem Koffer gefunden wird! Zwei Drittel unserer Mannschaft muss noch mal ihr Gepäck öffnen und die Akkus entfernen. Also aufgepasst!

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Der Rückflug dauert zum Glück nicht so lange wie der Hinflug, sodass wir nach zehn Stunden in Frankfurt landen. Den Weg zwischen Flughafen und Oberhof nehme ich dann nur noch verschwommen wahr. Nach 18 Stunden Reise kann ich mich endlich in mein eigenes Bett fallen lassen. Das war meine erste Bobwoche und die erste große Reise in diesem Jahr. Nach drei Tagen in Deutschland geht es in die andere Richtung weiter – nach Lake Placid im US-Bundesstaat New York. Acht Stunden Flugzeit, gefolgt von zwei Stunden Autofahrt. Und natürlich sechs Stunden Zeitumstellung. Yeah! :-)

Mehr von Mariamas Weg zu den Olympischen Spielen gibt es schon bald bei FITBOOKInstagram und Facebook.

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