1. Februar 2021, 6:27 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Mannschaftssport während der Corona-Pandemie? Ganz schön schwierig. Der 19-jährigen Hockey-Spielerin Theresa fehlt vor allem der Austausch mit ihren Mitspielerinnen. Sie ist eine von vielen jungen Athlet*innen, denen der aktuelle Corona-Lockdown sehr zusetzt. Auf FITBOOK erzählt die Hamburgerin, wie sich der Sportverzicht auf ihre mentale Gesundheit auswirkt.
Der zweite Lockdown zieht sich immer länger. Das ist psychisch belastend, weil er viele von uns zwingt, auf Aktivitäten zu verzichten, die unserem Leben bisher Halt gaben und unseren Alltag prägten. Umfragen aus dem vergangenen Jahr zeigen: Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene leiden unter Ängsten und einer depressiven Stimmung. FITBOOK-Redakteurin Katharina Kunath hat junge Athleten und Athletinnen im Alter von 18 bis 28 Jahren deshalb gefragt: Wie fühlt ihr euch gerade? Wie wirkt sich der plötzliche Sportverzicht auf eure mentale Gesundheit aus? Wie geht ihr mit dem Verlust der Alltagsroutine um? Und wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf eure Ziele und euer Selbstbewusstsein aus? Im zweiten Teil unserer Serie haben beschreibt die 19-Jährige Hockey-Spielerin Theresa Situation – und wie sie damit umgeht.
„Meine Mannschaft spielt in der 2. Bundesliga. Vor dem Lockdown hatte ich mindestens viermal die Woche Hockey-Training. Am Wochenende kamen dann die Punktspiele dazu. Vor allem während meines Abiturs hat der Sport eine große Rolle für mich gespielt. Er war und ist für mich die ideale Gelegenheit zum Abschalten.
Teamsport erfordert zwar einen hohen Zeitaufwand, aber er hat auch viele positive Aspekte: Nicht nur, dass das abendliche Training oft meine größte Motivation war, um überhaupt in den Tag zu starten. Der Körper gewöhnt sich auch an die Auslastung. An Tagen ohne Training hat man dann plötzlich viel zu viel Energie. Aber das ist nicht das Einzige, das mir gerade fehlt: Ich merke, wie sehr mir der Kontakt zu meinem Team fehlt. Es macht mich traurig, plötzlich nur noch so wenig Menschen zu sehen. Schließlich bin ich es gewohnt, so gut wie täglich auf meine Mannschaft zu treffen. Jetzt verliert man sich Schritt für Schritt aus den Augen.
Im Lockdown fehlt die Motivation zum Sporttreiben
Für unsere Spiele müssen wir eigentlich durch ganz Deutschland fahren. Wenn jedes Bundesland immer seine eigenen Corona-Regularien hat, macht es das natürlich nicht einfacher. Ab und zu müssen wir für die Spiele auch in fremden Städten übernachten. Davon waren wir vor allem im vergangenen Herbst nicht begeistert, aber wir hatten keine Wahl. Ein Spiel hätte nur mit mindestens fünf bestätigten Corona-Fällen abgesagt werden können, ansonsten hätte der Klub Strafen bekommen und das Spiel wäre automatisch als 0:3 verloren gezählt worden.
Generell war das vergangene Jahr ein Auf und Ab: Die Feldsaison 2020 musste mit dem ersten Lockdown abgebrochen werden, von März bis Mitte September durften wir gar nicht spielen. Das war echt schwer für mich, denn ich gehörte nicht zu den Glücklichen mit einem Kunstrasen im Garten oder im Keller, die ihr Hockey-Training einfach zu Hause weitermachen. Nein, ich gehörte eher zu dem Typ Mensch, der die Situation einfach möglichst schnell aussitzen wollte. Zu Beginn war die Motivation noch hoch, sich fit zu halten. Aber mal ehrlich: Es gibt wenig Dinge, die langweiliger sind als alleine zu Hause vor dem Laptop zu einem Online-Workout herumzuspringen. Gerade dann, wenn man es gewohnt ist, mit vielen Menschen auf einem großen Feld zu trainieren.
Wir haben vergangenes Jahr bestimmt sechseinhalb Monate gar kein Hockey gespielt und hatten in der Zeit einen Laufplan und Zoom-Training. Im Herbst haben wir dann wieder trainiert und ein paar Spiele gemacht, aber auch das wurde dann mit dem zweiten Lockdown wieder unterbrochen. Im Dezember war ich oft joggen und habe auch sonst viel Sport gemacht. Das hat sich mittlerweile geändert. Ich gehe nur noch laufen, wenn mir danach ist und ich das Gefühl habe, es könnte mir guttun. Ich habe einfach keine Lust mehr auf etwas hinzuarbeiten, dass immer ferner und unrealistischer wird – das ist für mich als Hockey-Spielerin die Saison 2021.
Nur Techniktraining? So macht Hockey im Lockdown keinen Spaß
Seit Mitte Januar dürfen wir uns zwar wieder in ganz minimiertem Kreis einmal die Woche zum Präsenztraining treffen: wenig Leute, viel Abstand, strenge Corona-Regeln. Allerdings sind keine Spielformen erlaubt. Wir machen hauptsächlich Techniktraining. Somit fällt alles, was Spaß macht, weg. Leistungsmäßig befindet sich mein Team trotzdem noch auf einem hohen Level. Die Mädels waren alle echt fleißig. Was sich allerdings durch die Sportpause verändert hat, ist der Zusammenhalt im Team.
Dadurch, dass man sich eben nicht mehr jeden Tag sehen kann, spricht man natürlich vermehrt mit seinen ‚Lieblingen‘. Nicht, weil einen die anderen nicht interessieren, sondern weil es so viel zeitaufwendiger und schwieriger ist, im Kontakt zu bleiben. Normalerweise war immer klar: Man sieht sich eh später beim Training – da brauch ich jetzt nicht zu schreiben oder anzurufen.
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Sport? Nicht ohne das Team
Ich bin mental zwiegespalten: Denn einerseits bin ich gerade auch ein wenig dankbar um die gewonnene freie Zeit. Irgendwie ist es mal ganz schön, abends nichts zu machen. Aber diese ständige Symbiose zwischen dem Frust, nichts machen zu dürfen, und der Freude am Faulsein, hat schon für den ein oder anderen Ausraster gesorgt. Ich fühle mich mittlerweile wie ein kleines Kind und nutze jede Gelegenheit, um das Haus zu verlassen.
Ich arbeite freiwillig vom Büro aus und gehe auch gerne mal eine Stunde alleine Fahrrad fahren. So bekomme ich immerhin einige Gesichter zu sehen. Den ganzen Tag zu Hause zu sein macht mich träge und ich bekomme verdammt schlechte Laune. Ich habe mir angewöhnt, täglich 12.000 Schritte spazieren zu gehen. Ist zwar auch relativ mühsam, sich mit vier Leuten nacheinander zum Spazieren zu verabreden, aber die Challenge, 12.000 Schritte zu schaffen, ist dann doch motivierender als erwartet. Durch Corona ist mir bewusst geworden, dass ich meinen Sport und Sport generell ohne meine Mitspielerinnen nicht ausüben wollen würde. Hockey lebt vom Team – und wenn das nicht harmoniert, macht es keinen Spaß.
Aber ich bin fest davon überzeugt, dass meine Mannschaft schnell wieder zusammenfindet, sobald alles wieder ’normal‘ ist. Vor allem Punktspiele schweißen zusammen. Alle haben das gleiche Ziel und verbringen gezwungenermaßen viel Zeit gemeinsam: Nach den Spielen verbringen wir die Abende meist zusammen im Klubhaus. Wir essen gemeinsam, sitzen ewig zusammen und schauen den anderen Mannschaften beim Spielen zu. Das ist für uns der klassische Klub-Sonntag. Ich freue mich schon sehr darauf, den Hockey-Klub wieder belebt zu sehen – und hoffe, möglichst viele wiederzusehen. Bei mir im Team hat bisher zum Glück noch keine Mitspielerin aufgehört, aber die ein oder anderen aus dem Klub mussten dann doch schon ihre Mitgliedschaft kündigen, weil sie es finanziell gerade nicht stemmen können. Andere haben einfach das Home Gym und Online-Workouts für sich entdeckt und werden erst wieder einsteigen, wenn wirklich alles beim Alten ist.“
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Wie Sie sehen, ist es keine einfache Situation für Hockey-Mannschaften im Lockdown – nicht nur für das Fitnesslevel, sondern speziell in Bezug auf den Zusammenhalt im Team. Vielleicht gibt Ihnen dieser persönliche Einblick ein bisschen Mut und Inspiration für Ihren eigenen Kampf mit den Lockdown-Restriktionen. Stay strong!
Protokolliert von Katharina Kunath
FITBOOK sucht die besten Lockdown-Transformationen
Viele Fitness-Fans kämpfen seit dem ersten Lockdown mit Motivationsproblemen und fühlen sich aufgrund abgesagter Mannschaftstrainings oder geschlossener Gyms, Schwimmbäder und Co. völlig aus dem Tritt gebracht. Aber es gibt auch andere Beispiele von Menschen, die sich eine neue Routine geschaffen haben und sogar für sich positive optische und mentale Veränderungen erreicht haben. Gehören Sie dazu? Dann schicken Sie uns Ihre Geschichte oder Ihr Video an info@fitbook.de. Die besten Transformationen werden wir im Rahmen eines Beitrags veröffentlichen, um andere Menschen zu motivieren.