8. Oktober 2018, 11:23 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Unser Redakteur Markus Hofmann hat sich aus unerklärlichen Gründen auf ein Duell mit Alica Schmidt eingelassen. Die ist nicht nur die „heißeste Athletin der Welt“, sondern U-20-Vize-Europameisterin über 400 Meter. Wie das Ganze ausgegangen ist, können Sie im Video sehen und in seinem Erfahrungsbericht nachlesen.
Manchmal sollte man einfach die Klappe halten. Eine Erkenntnis, die ich regelmäßig mache, nur eben immer zu spät. Vor ein paar Wochen war es dann wieder so weit. Als eine FITBOOK-Kollegin mit der freudigen Nachricht in die Redaktion kam, dass wir Leichtathletik-Nachwuchshoffnung Alica Schmidt – U20-Vize-Europameisterin über 400 Meter mit der Staffel – für einen Dreh bekommen haben, entfleuchte es mir entsetzlicherweise: „Cool, dann kann ich ja gegen sie antreten.“ Diese Aussage kann man raushauen, wenn man regelmäßig laufen geht, am besten noch Sprints übt. Ich war zu dem Zeitpunkt in einer traurigen Trainingstalsohle. Und so nahm die Tragödie ihren Lauf …
Schon wenige Tage später traf ich Alica auf einem kleinen Sportplatz in Berlin-Mitte. Dort, auf dieser anheimelnden 200-Meter-Tartanbahn, sollte es also zum ungleichen Duell kommen. Sie, jung und durchtrainiert; ich, alt und durchgerostet. Ich schüttelte ihre Hand, ehrfurchtsvoll, denn ich sah einen Körper, dessen Muskeln mir schon sehr bald sehr große Probleme bereiten sollten. Je näher der Start rückte, desto klarer wurde mir, dass ein Waterloo drohte – Safety first auf Video für die Ewigkeit festgehalten.
Auf der angrenzenden Weitsprung-Anlage wollte ich noch schnell kurze Sprints üben, aber eigentlich lugte ich mehr zu Alica und ihrer kleinen Entourage rüber. Ich schätzte meine Chancen realistisch ein, neue Zielsetzung: Schadensbegrenzung.
In der 5B war alles besser – und ich der Beste
Dabei begann doch alles so vielversprechend, damals an der Grundschule am Teltowkanal in den 90ern. In der 5B lief ich nämlich all meinen Klassenkameraden problemlos davon. Meistens im Sportunterricht, manchmal aber auch zum Selbstschutz in der Pause. Neuköllner Schulsystem und so. Auch auf dem Gymnasium konnte ich auf 100 Meter mit den meisten in meinem Jahrgang mithalten. Selbst mit den Typen aus den Leichtathletikvereinen, die ausschließlich im Jogginganzug in die Schule kamen, als ob jede Sekunde der nächste Wettkampf überfallartig stattfinden könnte.
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Nach dem Abi begann das Studium und damit auch das Lotterleben. Wenig Sport, nie wieder gesprintet (Bushaltestellen als Ziel zählen nicht). Stellt sich die Frage, warum ich Alica trotzdem herausgefordert habe. Schließlich ist sie amtierende Vize-Europameisterin – und kein Mensch verliert doch wirklich gerne … Wenn ich ehrlich mit mir selbst bin, haben wohl auch Macho-Untertöne bei meiner großen Klappe mitgeschwungen. Klar, richtig ernst gemeint habe ich das nie, sie schlagen zu können. Aber das Testoteufelchen auf meiner Schulter hat mir trotzdem zugeflüstert: „Digga, das ist immer noch ’ne Frau!“. Vielleicht wollte ich auch einfach nur mal die „heißeste Athletin der Welt“ treffen, wie Alica Schmidt von der britischen Tageszeitung Sun geadelt (?) wurde. Was sich jetzt nicht völlig mit Macho-Untertönen beißen würde. Resthoffnung war also mal da. Jetzt nicht mehr. An die Startblöcke, bitte!
OK, die gab es gar nicht, also musste ein unbeholfener Start aus halber Hocke her. Päng. Los ging’s. Wie schon zu Schulzeiten legte ich einen blitzsauberen Start hin und lag sofort vorne. Beschleunigen konnte ich noch immer, stellte ich freudig fest. Nun galt es, das Tempo hochzuhalten.
Auf die schiefe Bahn geraten
Alica hingegen kommt ursprünglich von der Mittelstrecke, aber auch auf 400 Meter – ihrer aktuellen Sahnedistanz – verschießt man nicht auf den ersten Metern schon sein Pulver. Was uns wiederum zu mir zurückbringt.
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Auf die Gerade folgt bekanntlich die Kurve. Und genau hier sollte ich merken, dass ich mich am selben Abend nicht als Vize-Europameisterin-Besieger betiteln können würde. Nicht nur, dass ich langsam langsamer wurde, ich kam auch überhaupt nicht mit der Kurve klar. Um nicht völlig aus der Bahn zu fliegen, bremste ich ab, viel zu doll, und verlor dabei meinen Rhythmus. Alica zog an mir vorbei. Blöd nur, dass sie eh schon auf der Innenbahn lief. Da war klar, dass von meiner Seite kein Fabel-Comeback mehr kommen würde. Auf den letzten Metern wurde es fast schon peinlich für mich, im Zielbereich bot ich dann trotzdem gönnerhaft ein High-Five an.
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Dank der Challenge wieder mehr Lust auf Sport
Und mal im Ernst: Trotz der Niederlage hat es Spaß gemacht, auch weil Alica echt cool drauf war. Und auch ohne Sieg – hier alle Männer bitte aufmerksam mitlesen – bin ich im Privatduell gegen die heißeste Athletin der Welt gelaufen. Außerdem habe ich danach wieder Bock auf Sport bekommen und fleißig für einen Halbmarathon in unter zwei Stunden trainiert. Ende gut, alles gut.
Ach so, eigentlich wird’s noch besser: Das Video zeigt nämlich unseren zweiten Lauf. Der erste war verwackelt und just da sah ich nicht ganz so alt aus und konnte den Vorsprung länger halten. Selbst der Zieleinlauf war eine knappe Kiste. Müssen Sie mir halt nur glauben …