1. Oktober 2018, 18:05 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Fünf Tage ohne feste Nahrung: Unsere Autorin ist beim Saftfasten an ihre Grenzen gegangen. Wie es ihr dabei erging, erfahren Sie im Videotagebuch.
Ich habe mich von meinen FITBOOK-Kollegen zu einem Ernährungsexperiment breitschlagen lassen (obwohl man sagen muss, dass die Grundidee von mir kam). Die Rede ist von einer fünftägigen Saftfasten-Kur. Bitte wie?
Was genau ist Saftfasten?
Bei der Saftfasten-Kur handelt es sich um eine Form des Heilfastens. Im Regelfall dauert so eine Kur fünf bis zehn Tage – je nachdem, wie wohl man sich dabei fühlt und ob man das Ganze schon einmal (durch-)gemacht hat. In diesem Zeitraum sind – wie der Name schon vermuten lässt – nur Obst- und Gemüsesäfte sowie Tee und Wasser erlaubt. Verzichtet wird nicht nur auf feste Nahrung, sondern auch auf Zusatzstoffe und Genussmittel wie Kaffee und Alkohol. Durch die Aufnahme von vielen Vitaminen und Mineralstoffen soll sich das Wohlbefinden verbessern und eine allgemeine Regeneration stattfinden. Übrigens: Weil ich so etwas noch nie gemacht habe, haben mich mein Hausarzt und ein Ernährungsexperte dabei begleitet.
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Das sagen die Experten
Sowohl mein Arzt als auch Ernährungsexperte Jörn Utermann blicken dem Experiment skeptisch-schmunzelnd entgegen. „Gefährlich ist das nicht, weil es nur fünf Tage sind. Aber guttun wird dir das sicher auch nicht“, so mein Hausarzt vorweg. Ich bin verwundert: Nachdem das Internet mir über Jahre zu verstehen gab, dass es sich bei Saftkuren quasi um ein Wunderheilmittel handeln solle, hatte ich mir doch etwas motivierendere Worte erhofft!
Der Ernährungsexperte rät mir ausdrücklich davon ab, Obst und Gemüse durch den Entsafter zu jagen. Dabei würden wichtige Ballaststoffe verloren gehen. Er schlägt vor, Obst und Gemüse püriert zu trinken – also als Smoothies. Außerdem solle ich versuchen, meinen Körper im Alltag nicht zu sehr zu belasten.
Saftplan schreiben
Wer eine Saftkur selber planen will, kann sich auf einen Haufen Arbeit einstellen. Alles selbst zu schnippeln und zu pressen dauert! Meinen Saftplan habe ich bewusst in der Woche vor der Kur geschrieben, damit ich nur noch einkaufen und zerkleinern muss. Den Rest macht dann der Standmixer. Doch selbst das ist mit viel Arbeit verbunden. Wer eine 40-Stunden-Woche hat, kann sich auf frühes Aufstehen gefasst machen. Gerade wenn die ersten Beschwerden losgehen und die Erschöpfung durchbricht, nicht gerade ein Spaß. Stichwort Beschwerden.
Meine Beschwerden
Obwohl ich kaum körperliche Arbeit verrichte, setzt mir das Fasten zu. Ich fühle mich schwach und leide außerdem unter starken Magenkrämpfen. Im Büro bin ich müde und unkonzentriert. Dazu kommt noch, dass mir ständig kalt ist. Meine üblichen sechs bis sieben Stunden Schlaf sind auf einmal zu wenig. Mit der Zeit lässt die Motivation für das Experiment immer mehr nach und schlechte Laune macht sich breit.
Eigentlich soll nach ein bis zwei Tagen das Tief Geschichte sein. Jetzt soll ich beginnen, mich wach zu fühlen, während mein Körper von Endorphinen beflügelt wird. Eigentlich. Denn davon merke ich nichts. Ich träume nur von Samstag, wenn ich endlich wieder in was Festes beißen kann.
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Der Abbruch
Tag fünf: Auch wenn es nicht mein Ziel war, abzunehmen, zeigt die Waage zwei Kilo weniger als an Tag 1 – trotzdem hab die Schnauze voll! Nachdem ich in der Nacht von Tag vier auf Tag fünf mit gemeinen Magenkrämpfen zu kämpfen habe und nicht mal mehr Gemüsebrühe es schafft, mich warm zu halten, reicht es mir. Ich gebe dem Ganzen nach dem Aufstehen dann doch nochmal eine Chance und trinke wie gewohnt meinen Frühstücks-Smoothie. Ich ringe mit meinem Ego, das mich davor warnt, SO kurz vor der Ziellinie abzubrechen! Bis am Vormittag wieder die Kopfschmerzen anfangen und ich mich – Achtung, Sprachwitz – maximal saft- und kraftlos fühle.
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Beim Mittagessen stelle ich mich nicht wie gewohnt an der Saftbar an, sondern hole mir eine schöne Currywurst mit Pommes. Zum Nachtisch setze ich sogar noch einen drauf: eine große Tasse Kaffee. Amen! Nach dem kurzen Kontrollverlust versuche ich die nächsten Tage weitgehend gesund zu essen. Dabei stelle ich fest, wie es mir von Tag zu Tag besser geht.
Enttäuscht von der Saftfasten-Idee? Jein. Denn ich ziehe auch ein positives Fazit: Ich esse wieder bewusster und trinke Kaffee nur noch dann, wenn ich ihn wirklich brauche. Als bekennender Snack- und Koffeinjunkie hatte ich bisher gar nicht auf dem Schirm, wie selbstverständlich ich zwischendurch zu Kaffee oder Cookie greife.
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Woran lag’s?
Zu guter Letzt folgt das Gespräch mit Ernährungsexperte Utermann. Ich erzähle ihm von meinen Beschwerden und davon, wie es mir in den fünf Tagen ergangen ist. Das Meiste hatte er bereits erwartet. „Die Kopfschmerzen kommen hauptsächlich durch den Koffeinentzug. Wer sonst vier bis fünf Kaffee am Tag trinkt, muss bei einem radikalen Entzug mit dieser Konsequenz rechnen“, sagt er. Zum anderen leide der Körper unter Eisen-, Zink- und Vitamin B12-Mangel und bekomme zu wenig Nährstoffe durch die einseitige Diät ab. Utermann erklärt weiter: „Der Körper wird quasi zu einer Crash-Diät gezwungen und muss auf einmal mit viel weniger Energiezufuhr auskommen als sonst. Da außerdem keine Proteine aufgenommen werden, zieht der Körper diese aus vorhandenen Muskeln, die dadurch automatisch abgebaut werden. Das führt zu Müdigkeit und Schwächeanfällen.“
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Fazit: Unnötiger Hype
Ist Saftfasten gefährlich? Nein. Habe ich mich durch Saftfasten besser und vitaler gefühlt? Nein. Kann man durch Saftfasten abnehmen? Ja, zumindest kurzfristig. Kann man seinem Körper auch auf andere Weise etwas Gutes tun? Definitiv. Sich nur von Obst und Gemüse zu ernähren, ist am Ende auch nicht der richtige Weg! Stattdessen ist es wichtig, auf eine gesunde und ausgewogene Ernährung zu achten. Sie wissen schon: Die Masse macht das Gift.
Wie ich mich während der fünf Tage im Detail geschlagen und gefühlt habe, können Sie sich im Video ansehen! Kleiner Hinweis: Irgendwie ging meinem Handy vor lauter Saftdiät der Audiosaft aus. Entschuldigen Sie bitte die nicht immer so einwandfreie Tonqualität.