27. März 2023, 15:27 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Das Darmmikrobiom ist von enormer Bedeutung für unsere Gesundheit. Die darin beheimateten Bakterien sind nicht nur für die Verdauung und das Immunsystem wichtig, sondern selbst für unsere Psyche. Zum Glück können wir Einfluss auf unser Darmmikrobiom nehmen. Zum Beispiel durch Sport, wie eine aktuelle Studie zeigt.
Lange Zeit galt das Thema „Darm“ als unangenehm und war vielen Menschen peinlich. Doch die Forschung hat in den letzten Jahren gezeigt, wie wichtig es ist, darüber zu sprechen. Der Grund: Der Darm beheimatet Bakterien, die über unsere Gesundheit bestimmen. Die Gesamtheit der rund 100 Billionen Mikroorganismen bezeichnet man als Darmmikrobiom beziehungsweise Darmflora.1 Sie alle haben unterschiedliche Funktionen und die Wissenschaft ist erst am Anfang, diese zu entschlüsseln. Eins ist klar: Mit einer ballaststoffreichen Ernährung füttert man die gesunden Bakterien und fördert so die Darmflora. Diese sorgt nicht nur für die Verwertung der Nahrung, sondern schützt uns auch vor Krankheitserregern. Außerdem gibt es Hinweise dafür, dass eine gestörte Darmflora zu Depressionen führen kann.2 Nun fanden britische Forscher heraus, dass wir durch Sport unseren Darm positiv beeinflussen können.
Übersicht
Zusammenhänge zwischen Sport und Darm
Das Darmmikrobiom mit Milliarden von Bakterien ist ein komplexes System, welches Forscher seit Jahren versuchen, zu entschlüsseln. So fand man beispielsweise heraus, dass ein bestimmtes Bakterium im Darm womöglich dabei hilft, die Ausdauer zu erhöhen (FITBOOK berichtete). Es gibt aber auch Belege dafür, dass die Bakterien im Darm mit dem Gehirn kommunizieren können. Ein Beispiel dafür lieferten Forscher der Perelman School of Medicine an der University of Pennsylvania.3 Sie zeigten in ihrer Studie, dass bestimmte Darmbakterien die Trainingsmotivation steigern könnten (FITBOOK berichtete).
Nun erschien eine neue Studie, die einen positiven Umkehreffekt zeigt. Und zwar, dass regelmäßiger Sport die Aktivität der Bakterien im Darm positiv beeinflusst.4 Dabei reichen offenbar 30 Minuten an fünf Tagen die Woche aus, um für einen gesunden Darm zu sorgen.
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Sportler haben oft einen gesünderen Darm
Das Darmmikrobiom von Sportlern unterscheidet sich von Bewegungsmuffeln allein schon durch ihre gesündere Lebensweise: „Athleten sind oft schlank und folgen strengen Diät- und Trainingsplänen – allein diese Faktoren können die unterschiedlichen Mikrobiome von Sportlern erklären“, erklärt die Studienautorin Shrushti Shah in einer Mitteilung der britischen University of Calgary.5 Aber die Wissenschaftlerin und ihre Kollegen wollten herausfinden, ob Sport nicht auch einen direkten Einfluss auf die Darmflora hat.
Dazu nutzten die Forscher Daten einer großen britischen Kohortenstudie, die bereits seit 1999 läuft. Daraus rekrutierten sie 443 Probanden (28,2 Prozent männlich, 71,8 Prozent weiblich) mit einer Altersspanne von 38 bis 65 Jahren. Sie wurden anhand ihres Alters, des Body Mass Index, ihrer Patientenvorgeschichte und des aktuellen Gesundheitsstandes ausgewählt und noch mal kontaktiert. Man befragte sie zu ihren sportlichen Aktivitäten wie der Art, Dauer und Intensität ihres Trainings. Auch Körpergewicht, Ernährung und Handgriffstärke spielten eine Rolle bei der Untersuchung. Zusätzlich mussten die ausgewählten Probanden eine Stuhlprobe abgeben, damit sie auf Darmbakterien hin untersucht werden kann.
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150 Minuten Sport pro Woche sind gut für den Darm
Die Auswertung der Daten ergab, dass Menschen, die regelmäßig Sport treiben, eine gesündere Darmflora haben. „Erfreulicherweise stellte die Studie fest, dass körperliche Aktivität von moderater Dauer – mindestens 150 Minuten pro Woche – sowohl die Anzahl als auch die Vielfalt der Darmbakterien im Vergleich zu Studienteilnehmern, die sich weniger bewegten, erhöhte“, kommentiert Studien-Co-Autorin Jane Shearer das Ergebnis. Dabei kam es nicht in erster Linie auf die Trainingsintensität, sondern auf die Trainingsdauer an. Es ist also besser für die Darmgesundheit, etwas länger bei geringer Intensität zu trainieren als kurz, aber intensiv. Warum das so ist, können die Forscher derzeit noch nicht erklären.
Positive Wirkung nicht bei allen Probanden gleich stark
Die positiven Effekte von Sport auf den Darm waren aber nicht bei allen Probanden gleich stark. So erzielten Menschen mit Normalgewicht bessere Ergebnisse als Studienteilnehmer mit Übergewicht. „Übergewicht übt einen eigenen Einfluss auf das Darmmikrobiom aus, unabhängig von Bewegung. In diesem Fall überwiegen die schlechten Ernährungsgewohnheiten einige der positiven Einflüsse von Bewegung auf die Darmmikroben“, erklärt der mitbeteiligte Wissenschaftler Dr. Chunlong Mu die Zusammenhänge. Deswegen reicht es nicht aus, sich lediglich viel zu bewegen, wenn man gleichzeitig mit ungesunder Ernährung für Übergewicht sorgt. Nur wer mit einer gesunden und ballaststoffreiche Ernährung für Normalgewicht sorgt und sich dabei viel bewegt, unterstützt das Darmmikrobiom am besten.
Es sei wichtig, die internationalen Empfehlungen von mindestens 150 Minuten moderater sportlicher Aktivität (z. B. schnelles Gehen, Walking, langsames Laufen, Radfahren, ruhiges Schwimmen, langsame Ballspiele) pro Woche zu befolgen. Dabei müsse man nicht zum Leistungssportler werden. Schon eine halbe Stunde Sport pro Tag, an fünf Tagen die Woche, unterstützt den Darm bei seiner wichtigen Arbeit in unserem Körper.
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Quellen
- 1. Bundeszentrum für Ernährung: Mikrobiom – Der Darm und seine Bewohner (aufgerufen am 27.3.2023)
- 2. ORF: Darmentzündungen können depressiv machen (aufgerufen am 27.3.2023)
- 3. Dohnalová, L., Lundgren, P., Carty, J.R.E. et al. (2022). A microbiome-dependent gut–brain pathway regulates motivation for exercise, Nature.
- 4. Shah, S., Mu, C., Moossavi, S., et al. (2023). Physical activity-induced alterations of the gut microbiota are BMI dependent. FASEB Journal.
- 5. University of Calgary: How fit is your gut microbiome? (aufgerufen am 27.3.2023)