Direkt zum Inhalt wechseln
logo Das Magazin für Fitness, Gesundheit und Ernährung
Ist das die Zukunft?

Start-up stellt mit Solarenergie Proteinpulver aus CO2 und Mikroben her

Bild konnte nicht geladen werden
FITBOOK Logo
FITBOOK Redaktion

3. Februar 2023, 18:23 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

In der Lebensmittelindustrie ist viel in Bewegung. Denn immer mehr Menschen wünschen sich eiweißreiche Fleischersatzprodukte. Start-ups suchen nach Wegen, Alternativen zu entwickeln.

Artikel teilen

Das Pulver ist senfgelb und erinnert an gemahlene Kurkuma. Aber Solein, wie die staubfeine Erfindung heißt, ist keine Pflanze und auch kein Gewürz. Vielmehr handelt es sich um ein Proteinpulver zur Ergänzung von Nahrungsmitteln, das aus Luft, Mikroben und Solarenergie hergestellt wird – und künftig als Grundlage für den Ersatz von Fleisch und anderen Lebensmitteln dienen soll. Ziel des finnischen Start-ups Solar Foods ist es, mit seinem quasi aus dem Nichts erschaffenen Produkt die globale Ernährungsversorgung zu revolutionieren und gleichzeitig das Klima zu schützen. Das klingt zu schön, um wahr zu sein? In Singapur soll das Pulver bereits 2024 auf den Markt kommen – es wäre das erste Land der Welt.

Eiweißlieferant ohne Landwirtschaft

Solein braucht keine Landwirtschaft und wird gleichzeitig als Ersatz für Eiweißlieferanten wie Fleisch, Milch, Sojabohnen oder Linsen gepriesen. Eine neuartige Alternative zu tierischem oder pflanzlichem Eiweiß also. Nach Unternehmensangaben enthält es 65 bis 70 Prozent Eiweiß, 10 bis 15 Prozent Ballaststoffe, 5 bis 8 Prozent Fett und 3 bis 5 Prozent Mineralstoffe sowie Eisen und B-Vitamine. Den Geschmack von Lebensmitteln ändert es offenbar kaum. Das Pulver soll einen zarten Umami-, also würzigen Geschmack haben.

FITBOOK Trainingspläne – Fett weg in 12 Wochen

Welches Verfahren steckt hinter dem Proteinpulver aus CO2?

Aber wie funktioniert das? „Im Grunde so wie eine Brauerei“, sagt Pasi Vainikka, Mitgründer und Geschäftsführer von Solar Foods, der „Deutschen Presse-Agentur“. Das Verfahren ähnele dem Fermentationsprozess, der auch zur Herstellung von Wein oder Bier zum Einsatz komme. Aber anstelle von Zucker ernährten sich die Bakterien unter Einsatz von erneuerbarem Strom vor allem von Kohlendioxid, gelöstem Wasserstoff und Stickstoff. Damit würden sie „gefüttert“, um Aminosäuren, Vitamine, Fette und Kohlenhydrate zu bilden.

„Wenn es an der Zeit ist, das Solein zu ernten, wird das überschüssige Wasser entfernt und es wird zu einem proteinreichen Pulver getrocknet, ohne dass dabei Pflanzen oder Tiere geschädigt werden“, heißt es auf der Webseite.

Was aber sind die Vorteile gegenüber der Landwirtschaft? „Die konventionelle Lebensmittelproduktion verschwendet Ressourcen wie Wasser, Chemikalien und Tierfutter in einem nicht nachhaltigen und unvernünftigen Ausmaß“, schreiben die finnischen Tüftler. Für ihr Produkt benötige man nur ein Bruchteil dieser Ressourcen, um die gleiche Menge Eiweiß zu gewinnen. Das Verfahren sei auch 20-mal effizienter als die Photosynthese, mit der Pflanzen Energie in Nahrung umwandeln.

Auch interessant: Forscher identifizieren angeblich die optimale Menge an Protein für mehr Muskelkraft

In Finnland entsteht eine Solein-Fabrik

Die erste Solein-Fabrik entsteht gerade im finnischen Vantaa. Die kommerzielle Produktion soll voraussichtlich im kommenden Jahr beginnen. „In Singapur wird es dann in ausgewählten Restaurants angeboten werden“, sagt Vainikka. Zuerst noch in limitierter Form, bis die Produktion richtig in Gang komme. Die südostasiatische Wirtschaftsmetropole sei der „perfekte Hub“, um das neue Produkt zu testen, ist Vainikaa überzeugt.

Dass die behördliche Genehmigungszeit kürzer gewesen sei als in anderen Ländern, habe schlicht mit der großen Effizienz des Stadtstaates zu tun. Solar Foods erwarte aber, dass andere Märkte bald folgen werden, darunter die Europäische Union, Großbritannien und die USA.

Das nordische Jungunternehmen ist nicht das einzige, das die Lebensmittelindustrie dank nachhaltiger Cleantech-Produkte revolutionieren will. Ähnlich arbeitet die Firma Air Protein aus den USA, die statt eines Pulvers fertige Fleischersatzprodukte herstellt, ebenfalls mittels „Luft-Fermentation“. Das britisch-niederländische Start-up Deep Branch hat „Proton“ entwickelt – ein Proteinpulver aus CO2 für die Tierfutter-Industrie.

Inspiration aus dem Raumfahrtprogramm

Die Macher ließen sich vom Raumfahrtprogramm der Nasa in den 1970er Jahren inspirieren: Bereits damals suchten Forscher nach einem Weg, Elemente in der Luft, die die Astronauten einatmeten, in Protein umzuwandeln. Der Prozess wurde ad acta gelegt und vergessen – bis jetzt.

Bei all diesen innovativen Ansätzen geht es ums Eiweiß und um Alternativen gerade zu tierischen Produkten, die ganz oben auf der Liste proteinreicher Lebensmittel stehen – vor allem Milchprodukte, Eier und Fleisch. „Protein ist ein wichtiger Makronährstoff und ein wesentlicher struktureller Bestandteil unserer Zellen“, erklärt Kim Jung Eun vom Department für Lebensmittelwissenschaften und -technologie der Universität Singapur.

Eiweiß aus Luft und Ökostrom – Lebensmittelindustrie im Wandel?

Eiweiß ist für den Körper sehr wichtig. Da dieser keinen Eiweißspeicher besitzt, müssen wir die Zellen regelmäßig mit dem Makromolekül versorgen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt Erwachsenen unter 65 Jahren eine Zufuhr von täglich 0,8 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht.

Benötigt wird Eiweiß unter anderem zum Aufbau von Muskeln, Knochen, Haut und Haaren, aber auch von Enzymen und Hormonen sowie für ein gesundes Immunsystem. Vegetarier und Veganer greifen vor allem auf Hülsenfrüchte, Gemüse wie Brokkoli, Chia-Samen oder Quinoa als Eiweißlieferanten zurück. Eiweiß, das aus Luft und Ökostrom entsteht, ist etwas ganz Neues. In der Lebensmittelindustrie ist einiges in Bewegung – ob dies die Ernährung der Welt wirklich revolutionieren wird, bleibt abzuwarten.

Mehr zum Thema

Quellen

afgis-Qualitätslogo mit Ablauf Jahr/Monat: Mit einem Klick auf das Logo öffnet sich ein neues Bildschirmfenster mit Informationen über FITBOOK und sein/ihr Internet-Angebot: www.fitbook.de

FITBOOK erfüllt die afgis-Transparenzkriterien.
Das afgis-Logo steht für hochwertige Gesundheitsinformationen im Internet.

Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale- Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für diesen .
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.