23. April 2020, 4:46 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Die Krankenhäuser nehmen nach und nach wieder den Regelbetrieb auf. Mediziner fürchten nun, dass die Patienten fernbleiben – und darunter auch schwer kranke Menschen mit akutem Behandlungsbedarf. Grund für diese mögliche „Ruhe vor dem Sturm“ dürfte die Angst vor Corona sein.
Aus Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus meiden einige Patienten mit akutem Behandlungsbedarf einen Klinikbesuch. Diese Beobachtung hat u.a. Siegfried Hasenbein gemacht, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft in München. „Wir stellen fest, dass Diagnosen wie Schlaganfallverdacht, Herzinfarkt oder Blinddarmentzündung deutlich nachgelassen haben“, so Hasenbein.
Ähnliches hört man aus der Asklepios Fachklinik in Gauting bei München. „Wir haben auf einmal sehr viel weniger Patienten mit dringenden Symptomen“, sagt der dort tätige Niels Reinmuth, Chefarzt für Thorakale Onkologie (Lungenkrebs). Eine genaue Statistik gibt es noch nicht, der beunruhigende Trend zeichne sich jedoch deutschlandweit ab.
Patienten bleiben trotz Krankheit zu Hause
2018 gab es 210.000 Herzinfarkte und etwa 300.000 Schlaganfälle in Deutschland. Dass sich diese Zahlen wegen der Corona-Epidemie plötzlich verringert haben, glaubt in Fachkreisen niemand. So habe man Sorge, dass im Sommer viele Patienten auf einmal kommen werden, die schon früher mit einer Behandlung hätten beginnen sollen. „Man muss wirklich dringend dazu aufrufen: Bleiben Sie nicht mit ernsten Problemen zu Hause“, fordert Reinmuth.
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Verunsicherung durch eingeschränkten Praxisbetrieb?
Zu dem Phänomen der Umstand beitragen, dass viele niedergelassene Fachärzte ihren Praxisbetrieb eingeschränkt haben, so dass weniger Patienten überwiesen werden. „Es muss aber vermieden werden, dass Angst vor dem Virus andere Krankheiten und Todesfälle verursacht“, sagt ein Sprecher der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.
Die größte medizinische Krise der vergangenen Jahrzehnte hat für die Krankenhäuser bisher die eigenartige Folge einer außergewöhnlich schwachen Auslastung. Alle planbaren Behandlungen – die sogenannten „elektiven“ Fälle – wurden verschoben, um für die befürchtete Welle von Corona-Patienten Kapazitäten zu haben. Diese ist zur Erleichterung aller Beteiligten ausgeblieben. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft schätzt, dass derzeit bundesweit 150.000 Betten frei sind.
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Wiederaufnahme von Regelbetrieb
Vor diesem Hintergrund berichtete der NDR auch über Fälle von Kurzarbeit an Kliniken. Nach Angaben der Krankenhausgesellschaft ist das allerdings „kein flächendeckendes Phänomen.“ Für Kliniken bestehe keine Veranlassung für Kurzarbeit, weil es einen finanziellen Schutzschirm gebe. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verwies auf das wegen der Corona-Pandemie beschlossene Krankenhausentlastungsgesetz. Kliniken bekommen demnach für frei gehaltene Betten eine Pauschale von 560 Euro pro Tag.
Spahn hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass die Krankenhäuser ab Anfang Mai schrittweise „in einen Regelbetrieb“ zurückkehren könnten. Die medizinischen Fachgesellschaften erarbeiteten gerade Konzepte dafür, sagte er. „Wir wollen ja nicht auf Dauer 40 Prozent der Intensivbeatmungsbetten in Deutschland frei halten. Das ist auch nicht notwendig.“