28. August 2020, 12:00 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Eigentlich möchte man mit Vitamin- oder Mineralstoffpräparaten seiner Gesundheit etwas Gutes tun. Dass dies offenbar nicht immer der Fall ist, brachte jetzt eine Untersuchung zutage: Jedes zweite getestete Nahrungsergänzungsmittel aus Supermarkt, Drogerie oder Reformhaus überschritt die empfohlene Höchstmenge an Mikronährstoffen. Dabei kann deren Überdosierung mit Gesundheitsrisiken verbunden sein, warnt das Forscherteam.
Jede dritte Frau und jeder vierte Mann schluckt regelmäßig Vitaminpillen, Mineralstoffe und Co., Tendenz steigend. Aufgrund dieser Entwicklung veröffentlichte das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bereits im Januar 2018 Höchstmengenvorschläge für Nahrungsergänzungsmittel, damit diese nicht überdosiert eingenommen werden. Ein Großteil der Hersteller scheint sich nicht sonderlich für diese Empfehlungen zu interessieren, wie Forschende der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd und HAW Hamburg herausfanden. Die Ergebnisse der Studie sind in der neusten Ausgabe des Fachmagazins „Aktuelle Ernährungsmedizin“ erschienen.
106 Nahrungsergänzungsmittel analysiert – jedes zweite davon überdosiert
Untersucht wurden 106 unterschiedliche Präparate (Einzelnährstoffe sowie Multinährstoffe), die im stationären Einzelhandel wie Supermarkt, Drogerie oder Reformhaus erhältlich sind. Bei der Analyse der Nährstoffangaben zeigte sich, dass sich gerade mal 48 Prozent an die Höchstmengenvorschläge des BfR halten. 52 Prozent überschritten die Werte bei mindestens einem Nährstoff. Teilweise signifikant. So enthielt beispielsweise eines der überprüften Nahrungsergänzungsmittel 700 Mal mehr Vitamin B12 als empfohlen. „Die Untersuchung zeigt, dass mehr als die Hälfte der untersuchten Nahrungsergänzungsmittel aus dem stationären Einzelhandel die Höchstmengenvorschläge für Vitamine und Mineralstoffe überschreiten. Das ist bedenklich, da mit dem Gebrauch von hoch dosierten Vitamin- und Mineralstoffpräparaten gesundheitliche Risiken einhergehen können, insbesondere wenn diese häufig eingenommen werden“, resümiert Prof. Dr. Petra Lührmann, Mitautorin der Studie.
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Verbraucher wissen über Risiken nicht Bescheid
Was Vitamine und Co. betrifft, herrscht bei vielen Menschen der Gedanke „viel hilft viel“. Allerdings kann ein Zuviel an Vitaminen unangenehme Begleiterscheinungen von Durchfall (Megadosis Vitamin C) bis hin zu Vergiftungssymptomen (Megadosen Vitamin A und D) hervorrufen. Bei Beta Carotin ist bekannt, dass es künstlich zugeführt die Entstehung von Lungenkrebs bei (Ex)-Rauchern begünstigen kann, warnt die Verbraucherzentrale. Eisen sollte ohnehin niemals auf bloßen Verdacht geschluckt werden, sondern nur bei diagnostiziertem Eisenmangel. Bezüglich der Überdosierung von Vitaminen gibt es noch reichlich Forschungsbedarf. Aber die Hinweise, dass eine unkontrollierte Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln über lange Zeiträume problematische Folgen haben könnte, verdichten sich.
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Einheitliche Richtlinien für sinnvoll erachtet
Prof. Dr. Lührmann geht aufgrund des Studienergebnisses davon aus, dass die Empfehlungen des BfR offenbar nicht ausreichen: „Verbindliche Höchstmengen sowie EU-weit einheitliche Richtlinien für Mikronährstoff-Höchstmengen in Nahrungsergänzungsmitteln könnten daher sinnvoll sein.“