13. Juni 2018, 14:08 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Eine Mandel-OP ist keine schöne Sache – hinterlässt sie doch eine klaffende Wunde und Schmerzen bei den Patienten. Nun haben australische Forscher herausgefunden, dass der Eingriff zudem langfristige Folgen für die Gesundheit haben kann. Und: Das Gleiche soll auch Polypen-Operationen betreffen.
Auch wenn es früher noch üblicher war: Vielen Kindern werden Jahr für Jahr die Mandeln und/oder Polypen entfernt, um das Risiko von chronischen Erkrankungen, etwa Mandelentzündungen, zu reduzieren. Den tatsächlichen Effekt hat ein Forscherteam von der Universität in Melbourne nun untersucht – und konnte dabei sogar die gegenteilige Wirkung belegen. Denn: Durch Mandel- und Polypen-OPs WÄCHST das Risiko auf Immunschwächen. Dies berichtet aktuell „Aponet“.
Keine FITBOOK-Themen mehr verpassen – abonnieren Sie hier unseren Newsletter!
Die Wissenschaftler beziehen sich in ihrer Untersuchung auf Beobachtungen aus Dänemark. Dort zeigten sich Jungen und Mädchen, denen vor Erreichen des neunten Lebensjahres Mandeln oder Polypen herausgenommen worden waren, später anfälliger für bestimmte Erkrankungen, Infektionen und Allergien. Laut Forschungsleiter Sean G. Byars habe eine Mandeloperation zu einem fast dreifach erhöhten Risiko auf Atemwegserkrankungen geführt. Wurden den untersuchten Kindern Polypen – also Schleimhautwucherungen im Nasen- und Nasennebenhöhlenbereich – entfernt, wurde ein fast doppelt so hohes Risiko auf eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und Bindehautentzündungen festgestellt. Nachzulesen sind die Ergebnisse im Fachblatt „Jama Otolaryngology – Head & Neck Surgery“.
Auch interessant: Allergien: Wenn das Immunsystem verrückt spielt
Folgen Sie FITBOOK auf Youtube!
Die Zusammenhänge erklären sich die Uni-Forscher damit, dass die besagten Eingriffe im frühen Kindesalter durchgeführt wurden, wenn Mandeln und Polypen – zwei wichtige Säulen des Immunsystem – in einer empfindlichen Phase ihrer Entwicklung sind. Mandeln etwa hätten eigentlich den Zweck, Immunreaktionen anzustoßen und so vor Krankheitserregern zu schützen. Werden sie entnommen, sei der Schaden ungleich viel größer als der vermeintliche Nutzen.
Schmerzhafte Infektion Wann müssen entzündete Mandeln eigentlich raus?
schmerzhafte Erkrankung Die Symptome einer Mandelentzündung – und wie man sie richtig behandelt
Nase, Gebärmutter, Darm Wann Polypen entfernt werden müssen
In manchen Fällen ist der Eingriff empfohlen
Grundsätzlich von Mandeloperationen abzuraten, ist aber auch nicht die Lösung. Davon ist der Frankfurter Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. med. Roman Roitman überzeugt. Wichtig: „Die Indikation muss stimmen“, betont er im Gespräch mit FITBOOK. Er selbst führt den Eingriff häufig durch, etwa, wenn bereits sehr junge Patienten aufgrund vergrößerter Rachenmandeln Atemprobleme haben. Treten bei Kindern sehr häufig Mandelentzündungen auf (Richtwert: mehr als sieben in einem Jahr oder mehr als je fünf in zwei aufeinanderfolgenden Jahren), ist die Einschätzung eines erfahrenen Mediziners gefragt. Von den Studienergebnissen, die unter Umständen nur auf Korrelationen basieren, sollten sich Eltern nicht grundsätzlich verunsichern lassen.