14. Dezember 2021, 14:30 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Hinter unkontrollierten Wutausbrüchen, irrationalen Aggressionen und sogar Hassbotschaften könnte laut Hirnforschung ein durch Junkfood mangelernährtes Gehirn stecken.
Dass eine schlechte Ernährung, Herzkrankheiten, Fettleibigkeit und Diabetes begünstigt, ist den meisten Menschen bekannt. Dass aber Junkfood der Grund für unkontrollierte Wutausbrüche sein könnte, dürfte vielen neu sein. Doch genau darin sehen die US-Hirnforscherin Prof. Bonnie Kaplan und die neuseeländische Psychologin Prof. Julia Rucklidge eine Erklärung für die Zunahme verbaler Drohungen, Beschimpfungen und emotional-aggressiven Eskapaden seitens Politikern und in den sozialen Medien. Ihre These: Viele Menschen werden immer unausstehlicher, weil ihr Gehirn auf diese Weise nach Nahrung schreit. Denn der modernen, ultraverarbeitete Junkfood-Kost fehlt es an wichtigen Mikronährstoffen, ohne die das Hirn nicht richtig funktionieren kann.
Übersicht
„Unsere wütende Gesellschaft leidet Hunger“
Was Fett, Eiweiß und Kohlenhydrate betrifft, herrscht in der westlichen Welt eher eine Überversorgung, schreiben die beiden Forscherinnen und Autorinnen von „The Better Brain“ im Wissenschaftsmagazin „The Conversation“. Vielmehr werde die übersatte Gesellschaft um wichtige Mineralien und Vitamine betrogen, die nur in geringen Mengen in Burger, Pommes, Chips, Chicken-Nuggets, Soft Drinks und Co. enthalten sind. Erschreckend: Für mehr als zwei Drittel der Erwachsenen (vor allem in den USA) gehören extrem verarbeitete Lebensmittel und damit Junkfood zur täglichen Hauptnahrungsquelle. Und darunter leidet nicht nur der Körper, sondern auch das Gehirn.
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Wie Junkfood den Charakter schwächt und zu unkontrollierten Wutausbrüchen führt
Damit unser Gehirn funktioniert, sich ausgeglichen fühlt und auch in stressigen Situationen gelassen bleibt, braucht es das komplexe Zusammenspiel von über 30 Mikronährstoffen, schreiben die beiden Expertinnen. „Fehlt es an ihnen, zeigen sich negative psychische Symptome, insbesondere Reizbarkeit, explosive Wut und instabile Stimmung.“ Im Gegenzug hätten Dutzende Studien aus Europa, Asien, Kanada und Australien gezeigt, dass Menschen, die sich ausgewogen ernähren, seltener an Depressionen und Angstzuständen erkranken als Junkfood-Anhänger.
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Ernährungsumstellung kann laut Studien Wunder wirken
Reizbarkeit und eine instabile Stimmung sind bekanntlich typische Merkmale einer Depression, die sich mit einer simplen Ernährungsumstellung lindern lassen. So erging es auch 76 Betroffenen, die 2012 an einer Studie zu Ernährung und Depressionen teilnahmen. Nachdem sie begleitend zur üblichen Therapie auf vollwertige Mittelmeerkost (Obst, Gemüse, Vollkornprodukte, Fisch. Olivenöl und Hülsenfrüchte) umgestellt hatten, verbesserten sich nach nur 12 Wochen ihre Symptome stärker als die der Kontrollgruppe. Und dies sei nur eine von vielen Studien, die zu einem ähnlichen Ergebnis kommen, so Rucklidge und Kaplan.
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Ein ständig wütendes Gehirn ist ein mangelernährtes Gehirn
Wer seine Emotionen nicht im Griff hat, ständig explodiert und seinen Hass auf alles und jeden ungefiltert rauslässt, hat laut den Expertinnen einen gestörten Hirnstoffwechsel. Denn damit das Gehirn den Wohlfühlbotenstoff Serotonin und den Glücksbotenstoff Dopamin produzieren kann, braucht es besagte Nährstoffe aus der Nahrung. Da sich eine schlechte, aus Junkfood bestehende Ernährung meist bereits in der Kindheit manifestiert, ist der Mangel im Erwachsenenalter bereits so groß, dass die daraus resultierenden Wutausbrüche nur ein Teil des Problems sind.
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Gesund ernährte Gesellschaft kann Stress besser aushalten
Rucklidge und Kaplan sehen angesichts der steigenden öffentlichen explosiven Wutausbrüche und der Junkfood-Epidemie einen klaren Zusammenhang. „Eine gut ernährte Bevölkerung kann Stress besser aushalten. Aggressionen und der damit einhergehende Verlust der Höflichkeit ist in Wahrheit ein nach Nährstoffen hungerndes Gehirn.“