27. September 2022, 19:57 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wissenschaftler haben den ersten direkten Beweis erbringen können, dass Babys bereits im Bauch während der Schwangerschaft unterschiedlich auf verschiedene Geschmacksrichtungen reagieren.
Vielen Kindern ist bei Spinat, Brokkoli und Grünkohl zum Weinen zumute. Die Wissenschaft hat schon mehrfach Hinweise darauf gefunden, dass sich der Geschmack wohl schon im Mutterleib entwickelt. Nun ist Forschern ein Meilenstein gelungen. Ein Team von Wissenschaftlern aus England konnte über 4D-Ultraschall nachweisen, dass bereits ungeborene Babys im Bauch der schwangeren Mütter den Geschmack verschiedener Gemüsesorten unterschiedlich wahrnehmen können. Aß die Mutter Grünkohl, reagierten die Babys mit Ekel, bei Karotten lachten sie.
Üersicht
Babys nehmen schon im Bauch Geschmack wahr
Erwachsene Menschen können Geschmacksrichtungen durch eine Kombination aus Geruchs- und Geschmackssinn wahrnehmen. Bei Föten geschieht das vermutlich durch Schlucken oder Einatmen von Fruchtwasser. Bisherige Studien haben bereits gezeigt, dass die Lebensmittelauswahl der schwangeren Mutter das Fruchtwasser aromatisieren kann – durch die Geschmacksstoffe der Nahrung.2 Und die scheinen die Föten offenbar wahrnehmen zu können.
Forscher der Durham University, der Aston University und der University of Burgundy haben nachweisen können, dass bereits Babys im Bauch der schwangeren Mütter positiv oder negativ auf bestimmte verzehrte Lebensmittel reagieren. Dazu untersuchten die Forscher die Reaktionen der Föten auf den Geschmack von Karotten und Grünkohl, nur kurze Zeit nachdem die Mütter die Aromen zu sich genommen hatten.
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Babys reagieren auf Pillen mit Geschmack
In ihre Studie nahmen die Wissenschaftler 100 schwangere Frauen auf. Sie nutzten die 4D-Ultraschalltechnik, um die Mimik der Föten zu analysieren, kurz nachdem die Mütter Lebensmittel mit verschiedenen Geschmacksrichtungen gegessenen hatten.
Die schwangeren Frauen im Alter von 18 bis 40 Jahren, die sich in der 32. und 36. Schwangerschaftswoche befanden, erhielten einzelne Kapseln mit 400 mg Grünkohl- oder Karottenpulver. Sie wurden angewiesen, an diesem Tag keine Lebensmittel oder Getränke mit diesen Geschmacksstoffen zu sich zu nehmen und die Kapseln etwa 20 Minuten vor der 4D-Ultraschalluntersuchung einzunehmen.
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Was ist ein 4D-Ultraschall?
Während beim 3D-Ultraschall Bilder der inneren Strukturen und der Anatomie als statische 3D-Bilder wiedergegeben werden, werden beim 4D-Ultraschall diese 3D-Bilder verwendet, um ein Live-Streaming-Video zu erzeugen. Auf diese Weise können Mediziner die detaillierten Bewegungen von Geweben und Organen wie der Herzwand, den Blutgefäßen oder Herzklappen untersuchen.
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Grünkohl-Geschmack ekelt Babys an
Die Ergebnisse zeigen, dass selbst geringe Mengen von Grünkohl- bzw. Karottenaroma bei den Babys eine Reaktion auslösen konnten. Als Vergleichsgruppe dienten 30 Föten, die zum Zeitpunkt der Beobachtung keinem Aroma ausgesetzt waren. Föten, die dem Karotten-Geschmack ausgesetzt waren, zeigten häufiger ein Lachgesicht, während Föten, die dem Grünkohl-Geschmack ausgesetzt waren, häufiger ein Weingesicht zeigten, heißt es. Dabei verzogen die älteren Ungeborenen um die 36. Schwangerschaftswoche ausgeprägter das Gesicht als die Föten um die 32. Woche.
Babys schon im Bauch beeinflussbar?
Die Forscher gehen davon aus, dass die von schwangeren Frauen konsumierten Lebensmittel nicht nur bereits im Bauch einen Einfluss auf die Babys besitzen, sondern sogar Auswirkungen auf deren Geschmack nach der Geburt haben könnten. Laut den Forschern bestehe nun der nächste Schritt darin, zu untersuchen, ob Föten sich mit der Zeit an Geschmacksrichtungen wie Grünkohl gewöhnen können, und Babys möglicherweise weniger negativ reagieren, wenn sie sie zum ersten Mal außerhalb des Mutterleibs probieren. Sollte dem so sein, könnte das möglicherweise für die Entwicklung von gesunden Ernährungsgewohnheiten entscheidend sein.
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Quellen
- Ustun, B., Reissland, N., Covey, J. et al. (2022). Flavor sensing in utero and emerging discriminative behaviors in the human fetus. Psychol Sci.
- Mennella, J.A., Johnson, A., Beauchamp, G.K. (2006). Garlic ingestion by pregnant women alters the odor of amniotic fluid. Chemical Senses.