18. Oktober 2023, 4:26 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Nebel vor dem Fenster, kurze Tage und wenig Licht schlagen schnell auf die eigene Stimmung. Das Gemüt passt sich dem trüben Wetter an. Eine Expertin erklärt, was Sie dem Herbstblues entgegensetzen können.
In Filmen und Büchern ist der Herbst geradezu magisch: Die Protagonisten spazieren durch raschelnde Blätter, die letzten Sonnenstrahlen brechen durch das Geäst und das Leben findet ausschließlich in den kuscheligsten Pullovern statt. In der Realität kann das auch anders aussehen: Bei einigen nisten sich Antriebslosigkeit, Müdigkeit und trübe Gedanken im Alltag ein – kurz: der Herbstblues. Psychiaterin Sabine Barry gibt Tipps, welche Routinen dagegen helfen und welche Anzeichen es gibt, dass man möglicherweise bereits eine Depression entwickelt hat.
Übersicht
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Was kann ich vorbeugend gegen einen Herbstblues tun?
Dr. Sabine Barry ist Chefärztin der Johannesbad Fachklinik Furth im Wald für Suchterkrankungen und ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie.
Sie erklärt, dass ein Herbstblues hauptsächlich den kürzeren Tagen und dem fehlenden Sonnenlicht zuzuschreiben ist. Denn das ist unter anderem wichtig für unseren Tagesrhythmus und für die Produktion von Vitamin D, welches Einfluss auf die Stimmung nimmt.
„Ich empfehle, viel in die Sonne gehen und das Tageslicht nutzen. Etwa in der Mittagspause einen Spaziergang zu machen oder einen Ausflug in die Natur – und vielleicht mal Waldbaden ausprobieren.“
In Japan gibt es Waldbaden (jap. Shirin Yoku) bereits auf Rezept. Und das nicht ohne Grund: Eine Studie zeigte, dass Menschen sich durch Waldgeräusche um 30 Prozent entspannter fühlen (FITBOOK berichtete).
Auch Bewegung und Sport sind wichtig, um dem Herbstblues und Depressionen vorzubeugen. Das helfen bereits kleine Gewohnheitsänderungen. Zum Beispiel, die Treppe dem Aufzug vorzuziehen.
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Schokolade gegen Herbstblues
Dr. Barry empfiehlt, Tryptophan in die Ernährung einzubauen. Das ist eine hormonelle Vorstufe des Serotonins, welches als Glückshormon bekannt ist. Es steckt in Käse, Fisch, Fleisch, Nüssen und Hülsenfrüchten – und auch in Schokolade mit einem hohen Kakaoanteil. Natürlich dürfen auch frisches Obst und Gemüse nicht fehlen.
Und auch Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D können eine Option sein. Die meisten Menschen in unseren Breitengraden haben im Herbst und Winter einen zu niedrigen Vitamin-D-Spiegel. Bei Ihrem Hausarzt können Sie Ihren Vitamin-D-Spiegel messen lassen. Sollte ein Mangel vorliegen, verordnet Ihr Arzt Ihnen ein Präparat mit einer angemessenen Dosierung.
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Tageslichtlampen können helfen – So werden sie richtig benutzt
Um sich etwas mehr Stunden Tageslicht zu verschaffen, können Sie laut Dr. Barry auch zur Tageslichtlampe greifen. Es gibt jedoch einiges zu beachten: „Beim Kauf sollte man darauf achten, dass die Lampe ein zertifiziertes Medizinprodukt ist und sie eine Beleuchtungsstärke von mindestens 10 000 Lux hat.“
Um den natürlichen Tagesrhythmus zu unterstützen, setzt man sich am besten morgens vor die Lampe, mindestens eine halbe Stunde. Man kann das aber auch zu einer anderen Tageszeit machen. Allerdings wäre es abends vor dem Schlafengehen ungeeignet.
Gelegentlich sollten Sie in das Licht hinein blinzeln. Allerdings nicht immerzu. Sonst schadet die Lampe den Augen.
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Besonderheit bei Frauen: Mit der richtigen Schlafroutine dem Herbstblues entgegenwirken
Eine US-Studie mit 32.000 Krankenschwestern zeigte, dass Frauen, die die früh schlafen gehen und früh wieder aufstehen, ein zwölf bis 27 Prozent geringeres Risiko haben an einer Depression zu erkranken, wenn man sie mit dem neutralen Schlaftyp und „Nachteulen“ vergleicht (FITBOOK berichtete).
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Herbstblues oder Depression? Das sind die Anzeichen
Dr. Barry erklärt: „Man kann sich einen Überblick über die Symptome verschaffen. Ist man lustlos, motivationslos, reizbar, hat Stimmungsschwankungen, ist eher müde und hat Heißhunger-Attacken, vor allem auf Kohlenhydrate und Süßigkeiten? Das alles können Hinweise auf eine saisonal abhängige Depression sein.“
Wann Psychotherapie sinnvoll ist
Ärztliche oder psychotherapeutische Hilfe sollte man sich suchen, wenn sich diese Symptome immer stärker ausprägen. Etwa, wenn man keine Lust mehr hat, das Haus zu verlassen. Es kann auch sein, dass man seiner Arbeit nicht mehr nachgehen kann, der Haushalt liegen bleibt oder man die Post nicht mehr öffnet.
Mehr Informationen und Hilfsangebote finden Sie bei der Deutschen Depressionshilfe.
Mit Material von dpa