13. Juni 2023, 19:54 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Der Sommer ist meist eine schlechte Jahreszeit für Blutspendedienste. Schon warnen sie, dass lebenswichtige Blutkonserven wieder knapp werden könnten. Doch viel schlimmer ist ein langfristiger Trend: Die Spendebereitschaft sinkt seit Jahren.
Wenn Krankenhäuser Blutkonserven ordern, dann kämpfen Patienten oft mit dem Tod. Doch die Lager der Blutspendedienste waren zuletzt immer wieder mal gefährlich leer. Die Bereitschaft zur Blutspende sinkt seit Jahren – vor allem junge Menschen seien schwer zu erreichen, sagen Fachleute.
Übersicht
DRK spricht von „kritischem Punkt“
„Wir steuern da wirklich auf einen kritischen Punkt zu“, warnt Patric Nohe vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Beim Weltblutspendetag stehen deshalb diesmal die jungen Leute im Fokus. Sie sollen mit Kampagnen in sozialen Netzwerken erreicht werden. Denn Blut lässt sich in der Medizin bislang durch nichts ersetzen.
„Ohne Blut hätten jeden Tag mehrere Tausend Menschen in Deutschland keinerlei Überlebenschance“, betont Nohe. In der Generation der Babyboomer habe es noch viele treue Spender gegeben, die viermal, fünfmal oder sogar sechsmal im Jahr einen halben Liter Blut gespendet hätten. Doch diese Generation wird älter. Zwar gibt es seit März keine strikte Altersgrenze mehr, die Senioren von der Blutspende ausschließt. Aber viele Ältere hätten eben Krankheiten, bräuchten Medikamente und seien deshalb als Spender nicht geeignet. „Aus treuen Blutspendern werden plötzlich Blutempfänger“, sagt Nohe.
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Alternative zum Spenderblut nicht in Sicht
Damit das System auch in Zukunft funktionieren kann, müssten dringend mehr junge Menschen zu regelmäßigen Blutspendern werden, mahnen Experten. Dass der Generationenwechsel gelingt, ist letztlich eine Frage von Leben und Tod. Denn für Unfallopfer und Krebspatienten werde es noch lange Zeit keine Alternative zum Spenderblut geben, betont Professor Holger Hackstein, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie.
Zwar werde seit Jahrzehnten versucht, die lebenswichtigen Blutbestandteile im Labor herzustellen. Aber es sei „komplett unrealistisch“, sich davon in absehbarer Zeit eine Entlastung für die Patientenversorgung zu erwarten, so Hackstein. „Unser Blut hat die Natur schon auf eine einzigartige Weise hinbekommen.“
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Junge Menschen müssten regelmäßig zur Blutspende
Also müssen neue Blutspender gefunden werden. Vor allem junge Menschen. Doch das gelingt viel zu selten. Es sei gar nicht so, dass junge Leute nie zum Blutspenden kämen. „Wenn wir warnen, dass die Situation schwierig wird, dann erleben wir eine große Welle der Solidarität – das funktioniert zum Glück“, sagt Nohe. Aber viele junge Menschen kämen dann nur einmal und nicht regelmäßig. Deshalb sind nach den letzten Hilferufen zum Jahreswechsel die Blutspendelager im Moment auch gut gefüllt – aber der nächste Engpass zum Ende der Sommerferien schon in Sichtweite.
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So sollen mehr junge Menschen zur Blutspende bewegt werden
Die Branche setzt auf eine Mischung aus Information und zunehmend auch auf Emotion – und auf die sozialen Netzwerke. Das DRK als mit Abstand größter Blutspendedienst in Deutschland erzählt in den sozialen Netzwerken Geschichten von jungen Menschen, denen die Blutspende das Leben gerettet hat. Zum Weltblutspendetag hat das DRK Promis wie Motsi Mabuse, Laura Wontorra und Mats Hummels gewonnen, die bei ihren Texten in den sozialen Netzwerken auf die Buchstaben A, B und O verzichten wollen – für die Blutgruppen A, B, und 0. Der Slogan dazu: „Erst wenn’s fehlt, fällt’s auf.“
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) informiert über die Voraussetzungen und den Ablauf einer Blutspende, und darüber, wie aus dem Blut verschiedene Produkte für Unfallopfer und Krebspatienten werden. Die Blutspendedienste arbeiten auch daran, die Spender zu informieren, wenn ihr Blut einen Patienten erreicht hat. „Ich will ja gerne sehen, was mit meinem Blut passiert ist“, sagt Transfusionsmediziner Hackstein. So eine Information mache den Nutzen der Blutspende anschaulich.
Was bekommt man für eine Blutspende?
Finanzielle Anreize für Blutspender sind umstritten. 25 Euro Aufwandsentschädigung dürfen Spender laut Gesetz in Deutschland maximal erhalten. Doch viele Blutspendezentren schöpfen selbst diesen Betrag nicht aus. Die DRK-Blutspendedienste zahlen überhaupt kein Geld. „Eine Blutspende sollte nicht unter finanziellen Zwängen passieren. Und es stimmt auch nicht, dass junge Leute nur gegen Geld etwas machen“, sagt DRK-Sprecher Nohe.
Doch es gibt noch weitere Anreize: Als Dankeschön für das Engagement bietet etwa das Bayerische Rote Kreuz Frauen bei drei Blutspenden innerhalb von zwölf Monaten und Männern bei vier Blutspenden pro Jahr einen Gutschein für einen Gesundheitscheck, der unter anderem Blutfettwerte, Leberwerte und Nierenwerte überprüft. Den gibt es ebenfalls, wenn zur Blutabnahme vor Ort ein Erstspender mitgebracht wird. Mehr Infos zu diesem Angebot finden Sie hier.
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Warum im Sommer ein Engpass droht
Insgesamt spenden weniger als drei Prozent der Menschen in Deutschland regelmäßig Blut. In den Städten ist der Anteil noch einmal deutlich niedriger als auf dem Land. Das könnte schon in den kommenden Wochen wieder für einen akuten Engpass sorgen, wenn viele Spender im Urlaub sind oder lieber ins Freibad gehen. „Es ist beinahe so, als könnte man in der Ferne schon wieder dieses Gewitter sehen, das sich zusammenbraut“, so Nohe.
Wer gesundheitlich in der Lage sei, solle unbedingt zum Blutspenden gehen, appelliert BZgA-Direktor Martin Dietrich. Alle fürchten eine Notlage wie im vergangenen Jahr, als Krankenhäuser etwa in Nordrhein-Westfalen nicht mehr in vollem Umfang mit den benötigten Blutkonserven beliefert werden konnten. Dietrich betont: „Wir alle können in eine Situation kommen, in der wir auf Blutprodukte angewiesen sind.“
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Mein erstes Mal Blutspenden
„Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Vollblutspende – und vor allem auch daran, wie ich zuvor jahrelang gezögert hatte, mich als Spender zu registrieren. Einerseits, weil ich es immer wieder vor mich hergeschoben hatte, andererseits aber auch, weil ich Respekt davor hatte, mir 500 Milliliter Blut abnehmen zu lassen. Irgendwann schließlich überwand ich mich und meldete mich zur ersten Blutspende an. Etwas nervös beantwortete ich die wichtigsten Fragen – „Ist es Ihr erstes Mal?“ –, füllte den Fragebogen aus und ließ Hämoglobinwert, Temperatur, Puls und Blutdruck messen, bevor es nach einem Arztgespräch an die Abnahme ging. Zu jedem Zeitpunkt hatte ich den Eindruck, dass hier wirklich jede Person alles tut, um den Spendern ein gutes Gefühl zu vermitteln: zuvorkommend, gut organisiert und immer lächelnd. Nach nicht einmal zehn Minuten war der Blutspendebeutel gefüllt und ich fühlte mich eigentlich wie immer. „Bitte noch etwas liegen bleiben und später viel trinken“, sagte mir die Krankenschwester. Kurze Zeit später durfte ich schon wieder los. Insgesamt dauerte die Spende nicht länger als 30 Minuten. Die einzigen „Nebenwirkungen“: eine leichte Abgeschlagenheit, etwas Durst und das gute Gefühl, mit meiner Spende möglicherweise Leben retten zu können. Tags darauf konnte ich bereits wie gewohnt Sport machen, wenn auch nicht in voller Intensität. Etwa vier Wochen später bekam ich schließlich auch meinen offiziellen Blutspenderausweis und erfuhr endlich auch meine Blutgruppe: A+. Und wer weiß, vielleicht werde ich irgendwann mal selbst auf eine Spende angewiesen sein.“
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Wo kann man Blut spenden?
- Deutsches Rotes Kreuz: Nähere Information zu möglichen Orten (deutschlandweit, Stadt und Land!) und Terminen zum Blutspenden finden Sie auf der Website des DRK
- Eine Übersicht über weitere Blut- und Plasmaspendedienste finden Sie auf der Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Dort erhalten Sie auch weitere Informationen über Voraussetzungen für eine Spende, den Ablauf und können weitere interessante Fakten nachlesen.
Mit Material von dpa
