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Laut Studien

Beliebtes Medikament schützt erstaunlich gut vor Darmkrebs

Aspirin Darmkrebs
Wie kann man der Entstehung von Krebs entgegenwirken? Studien haben es untersucht. Foto: Getty Images/Science Photo Libra

2. August 2024, 14:38 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Krebserkrankungen sind in Deutschland die zweithäufigste Todesursache. Im Jahr 2020 gab es rund 493.200 Neuerkrankungen. Die Heilungschancen hängen oft davon ab, wie weit sich der Tumor bereits ausgebreitet hat. Eine Studie untersuchte deshalb, inwieweit die regelmäßige Einnahme von Aspirin vor einer Krebserkrankung schützen könnte – und konnte bei einer bestimmten Tumorart Erstaunliches herausfinden.

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Amerikanische Wissenschaftler führten eine Studie mit einem weitverbreiteten Medikament durch, welches hauptsächlich aufgrund seiner schmerzstillenden Wirkung zum Einsatz kommt: Aspirin. Die Pille solle helfen, Darmkrebs vorzubeugen, welcher die dritthäufigste Krebserkrankung weltweit darstellt. Hier spielt die Prävention eine besonders wichtige Rolle, da typische Symptome wie Blut im Stuhl erst im fortgeschrittenen Stadium auftreten und den Gang zum Arzt einleiten. Bereits 2023 konnten Forschende der Ludwig-Maximilians-Universität München den Mechanismus entschlüsseln, durch welchen Aspirin das Wachstum von Krebszellen hemmt. Die aktuelle Studie, welche mit über 100.000 Probanden durchgeführt wurde, zeigt nun, wie stark der Einfluss des Medikaments auf die Entstehung von Darmkrebs ist.

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Studie mit über 100.000 Probanden zeigt schützenden Effekt von Aspirin

Die kürzlich publizierte Studie beschäftigte sich mit der Frage, ob die Einnahme von Aspirin zur Vorbeugung von Darmkrebs bei Menschen vorteilhaft sein kann, welche risikobehaftete Lebensstilfaktoren aufweisen. Dazu gehören Faktoren wie ein erhöhter Body-Mass-Index, Rauchen, ein hoher Alkoholkonsum, geringe körperliche Aktivität und eine unausgewogene Ernährung.1

Für die Studie zogen die Wissenschaftler Gesundheitsdaten von 107.655 Teilnehmern heran. Weibliche Probandendaten wurden der „Nurses‘ Health Study“ entnommen, für männliche die „Health Professionals Follow-Up Study“. Im Durchschnitt waren die Teilnehmer zu Studienbeginn 49,4 Jahre alt.

Die Probanden wurden zum einen danach geordnet, wie (un-)gesund ihr Lebensstil war und zum anderen, ob sie regelmäßig Aspirin einnahmen. Letzteres war der Fall, wenn sie zwei oder mehr Tabletten in Standarddosis (325 Milligramm) pro Woche oder täglich niedrig dosiertes (81 Milligramm) Aspirin konsumierten.

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Besonders Personen mit ungesundem Lebensstil profitieren von Aspirin

Die Studienverantwortlichen protokollierten im Verlauf der Untersuchung 2544 Fälle von Dickdarmkrebs. Es zeigte sich, dass diejenigen, die regelmäßig Aspirin einnahmen, eine 10-Jahres-Inzidenz für Dickdarmkrebs von 1,98 Prozent aufwiesen, wohingegen Personen, die keine Tabletten schluckten einen Wert von 2,95 Prozent aufzeigten.

Am meisten profitierten die Personen mit dem ungesündesten Lebensstil von der regelmäßigen Aspirin-Einnahme. Ihr Risiko an Dickdarmkrebs zu erkranken, war ohne Aspirin bei 3,4 Prozent, mit dem Schmerzmittel jedoch bei 2,12 Prozent.

Bei den Probanden mit dem gesündesten Lebensstil hingegen fiel dieser Effekt weitaus geringer aus: Das Risiko lag bei 1,5 Prozent, wenn Aspirin eingenommen wurde, und bei 1,6 Prozent, wenn das Medikament nicht eingenommen wurde.

In einer Pressemitteilung erklärte Studienautor Dr. Daniel Sikavi: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Aspirin das deutlich erhöhte Risiko bei Patienten mit mehreren Risikofaktoren für Dickdarmkrebs proportional senken kann. Im Gegensatz dazu haben Menschen mit einem gesünderen Lebensstil ein geringeres Grundrisiko für Dickdarmkrebs, und daher war ihr Nutzen durch Aspirin immer noch offensichtlich, wenn auch weniger ausgeprägt.“2

Studie mit Lynch-Syndrom-Patienten

Die Wirkung von Aspirin auf den Menschen war bereits 2011 Gegenstand einer Studie mit Lynch-Syndrom-Patienten. Dabei handelt es sich um eine Erbkrankheit, die das Risiko für die Entwicklung bestimmter Krebsarten wie Darmkrebs erhöht. Es nahmen 861 Patienten teil, die zwei Jahre lang entweder täglich 600 Milligramm Aspirin oder ein Placebo zu sich nahmen. Das Ergebnis: Das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, sank durch das Schmerzmittel um 63 Prozent.3

Wie Münchener Forscher die Wirkung von Aspirin auf Darmkrebs entschlüsselten

Vorläufer der aktuellen Studie waren auch die Ergebnisse einer 2022 im Fachmagazin „eLife“ veröffentlichten Untersuchung. Damals fanden Forscher der University of California in Irvine (USA) heraus, dass Aspirin die Entwicklung von Darmkrebszellen so beeinflussen könne, dass diese weniger überlebens- und vermehrungsfähig sind. Durch ein mathematisches Modell konnte außerdem berechnet werden, dass diese Ergebnisse aus Laborversuchen ebenfalls auf Bevölkerungsebene einen messbaren Einfluss haben würden. Doch der exakte Mechanismus dahinter blieb unklar.4

Die Münchener Forscher nutzten für ihre Studie, deren Ergebnisse 2023 in der Fachzeitschrift „Cell Death & Disease“ veröffentlicht wurden, menschliche Dickdarmzellen, welche sie in unterschiedlichen Dosierungen mit einem Metabolit von Aspirin, dem Salicylat, behandelten.5

Weiterhin wurde die Wirkung von Salicylat auf die Metastasenbildung in Darmkrebszellen von Mäusen für fünf Wochen untersucht. Eine Metastase ist eine Absiedlung des ursprünglichen Tumors, er „streut“.

Aspirin regt die Bildung krebshemmender Moleküle an

Die Forscher fanden heraus, dass Aspirin die Produktion von zwei tumorhemmenden Molekülen namens miR-34a und miR-34b/c anregte.

Das zeigt, dass die miR-34-Gene entscheidend zum krebshemmenden Effekt von Aspirin beitragen. Denn Aspirin war nicht in der Lage, Migration, Invasion und Metastasierung in miR-34-Zellen zu verhindern, die einen Mangel dieses Gens aufwiesen.

Ebenso hemmte Salicylat die Lebensfähigkeit von Zellen und löste Apoptose (ein programmierter Zelltod) in Darmkrebszellen aus.

Die Studienergebnisse sind ein entscheidender Hinweis darauf, dass Aspirin bereits in niedrigen Dosen (75–300 Milligramm) eine positive Wirkung auf die Prävention von Darmkrebs aufweist.

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Kann ich Aspirin gegen Darmkrebs einnehmen?

Sie sollten keinesfalls eigenständig Aspirin als eine Art „Darmkrebs-Prophylaxe“ einnehmen. Es könnte jedoch in Zukunft sein, dass Aspirin zur Prävention empfohlen wird. Co-Autor der 2024 veröffentlichten Studie Long H. Nguyen schlussfolgert in der Pressemitteilung, dass: „Gesundheitsdienstleister eher in Erwägung ziehen sollten, Patienten mit einem ungesünderen Lebensstil Aspirin zu empfehlen.“

So weitverbreitet und gängig viele Menschen Aspirin einnehmen – man sollte nicht vergessen, dass es sich um ein Medikament handelt, welches mögliche negative Nebenwirkungen auf die Gesundheit haben kann. Auch in der von Nguyen durchgeführten Studie blieben Nebenwirkungen unberücksichtigt. Mehr zu diesem Thema haben wir hier zusammengetragen. Der bessere Weg, Darmkrebs vorzubeugen, wäre sicherlich, wenn möglich, die riskanten Lebensstilfaktoren durch gesündere zu ersetzen.

Themen Darmgesundheit Darmkrebs Krankheiten Krebs Medikamente

Quellen

  1. Sikavi, D. R., Wang, K., Ma, W. et al. (2024). Aspirin Use and Incidence of Colorectal Cancer According to Lifestyle Risk. JAMA Oncololgy. ↩︎
  2. Mass General Brigham. Study Finds Regular Aspirin Use Associated with Greatest Reduction in Colorectal Cancer Among Those Most at Risk. (aufgerufen am 02.08.2024) ↩︎
  3. Burn, J., Gerdes, A. M., Macrae, F. et al. (2011). Long-term effect of aspirin on cancer risk in carriers of hereditary colorectal cancer: an analysis from the CAPP2 randomised controlled trial. The Lancet. ↩︎
  4. Wang, Y., Boland, C. R., Goel, A. et al. (2022). Aspirin’s effect on kinetic parameters of cells contributes to its role in reducing incidence of advanced colorectal adenomas, shown by a multiscale computational study. eLife. ↩︎
  5. Liu, C., Rokavec, M., Huang, Z. et al. (2023). Salicylate induces AMPK and inhibits c-MYC to activate a NRF2/ARE/miR-34a/b/c cascade resulting in suppression of colorectal cancer metastasis. Cell Death Dis ↩︎
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