11. Mai 2021, 20:37 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Bei einigen Menschen zeigt der Corona-PCR-Test ein positives Ergebnis an, obwohl die Infektion schon länger zurückliegt und es auch keine erneute gibt. Forscher haben eine mögliche Erklärung dafür.
Ein Forscherteam hat offenbar ganz vereinzelt kleine Erbgutstücke des Coronavirus Sars-CoV-2 im Erbgut menschlicher Zellen gefunden. Von ihnen gehe keine Gefahr aus, erläutert die Gruppe in den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“). Solche eingebauten winzigen Fragmente können nicht zu ganzen Viruspartikeln führen und auch keine erneute Infektion auslösen, wie die Forscher um Rudolf Jaenisch vom Whitehead Institute for Biomedical Research in Cambridge (Massachusetts, USA) schreiben. Die Entdeckung könnte demnach eine mögliche Erklärung dafür sein, dass manche Menschen beim PCR-Test noch lange nach ihrer Infektion Corona-positiv sind.
Anhaltend Corona-positiv durch Viren-Rna im Erbgut
Eine im Fachjournal „PLOS ONE“ veröffentlichte Untersuchung stützt die Ergebnisse der „PNAS“-Studie: Eine Gruppe um Ithan Peltan von der University of Utah in Salt Lake City untersuchte Patienten, die 60 oder mehr Tage nach einem positiven Covid-19-Test mittels PCR-Methode erneut Corona-positiv getestet worden waren. In rund 90 Prozent der Fälle lag demnach trotz positivem PCR-Test keine Sars-CoV-2-Infektion vor, es gab also keine erneute Ansteckung.
Das menschliche Erbgut besteht aus sogenannter DNA (Desoxyribonukleinsäure). Bei RNA-Viren wie Sars-CoV-2 besteht die Erbinformation hingegen aus RNA (Ribonukleinsäure). RNA ist etwas anders aufgebaut als DNA. Damit Viren-RNA in menschliches Erbgut gelangen kann, muss sie von biologischen Werkzeugen in DNA umgeschrieben und dann ins Erbgut eingebaut werden.
In der „PNAS“-Studie wiesen die Forscher nach eigenen Angaben in sehr seltenen Fällen Erbgutfragmente des Coronavirus im Genom von Menschen nach, die sich einige Zeit davor mit dem Erreger infiziert hatten. Zudem versuchten sie, die Integration in Laborversuchen nachzubilden. Ihnen gelang es demnach, kurze Fragmente des Viruserbguts in das Erbgut gezüchteter menschlicher Zelllinien einzubringen.
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Keine Gefahr für die Gesundheit
Ein nicht an der Studie beteiligter Forscher erklärte, dass die Autoren bei der Integration gezielt nachgeholfen hätten. Sie hätten Laborzellen genutzt, die besonders viel sogenannte Line1-Reverse Transkriptase produzieren, sagte Oliver Weichenrieder vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen. Generell integriere dieses Enzym immer mal wieder auch virale RNA. „Der Nachweis, dass so auch Sars-CoV-2-RNA-Fragmente künstlich integriert werden können, ist somit nicht wirklich überraschend.“
Bei der Verwendung von RNA-Impfstoffen spielt das Phänomen nach Einschätzung der Experten keine Rolle. In normalen menschlichen Zellen sei die ausschlaggebende Enzym-Aktivität äußerst gering, erklärte Virusexperte Joachim Denner vom Robert Koch-Institut (RKI). Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Sars-CoV-2-RNA-Impfstoff bruchstückhaft in DNA umgeschrieben und in das Zellgenom eingebaut wird, sei daher nahezu Null.
Weichenrieder betonte: „Die gelegentliche Integration von Sars-CoV-2-RNA in die DNA einiger menschlicher infizierter Zellen ist sicher akademisch interessant und sollte unbedingt weiter wissenschaftlich untersucht werden – eine Gefahr für die menschliche Gesundheit kann ich aber daraus nicht erkennen.“
Mit Material von dpa