7. November 2024, 17:17 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Mit erhöhten Körpertemperaturen bringt man Fieber und Erkrankungen in Zusammenhang, mit niedrigen dagegen eine Hyperthermie, die oft durch Stress, Alkohol oder Drogen verursacht wird. Eine neue Studie rückt nun aber ein Krankheitsbild in den Fokus, das man bisher nicht in Verbindung mit der Körpertemperatur gebracht hat. FITBOOK-Redakteurin Janine Riedle geht auf die Ergebnisse ein.
Die normale Körpertemperatur eines erwachsenen Menschen liegt zwischen 36,5 und 37,4 Grad Celsius. In diesem Rahmen kann die Temperatur stetig schwanken, da sie bedingt durch die Tagesform, den Zyklus, der körperlichen Aktivität und der Tageszeit variieren kann. Forscher der UC San Francisco fanden nun heraus, dass in diesem Rahmen höhere Körpertemperaturen ein Zeichen für Depressionen sein können.
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Übersicht
Ermittlung der Körpertemperatur mittels tragbarem Messgerät
Die Wissenschaftler verwendeten Daten von über 20.000 Personen aus 106 Ländern der TemPredict-Studie.1 Diese Untersuchungen dienten eigentlich dem Zweck, einen Algorithmus zur Erkennung des Ausbruchs von Covid-19 zu entwickeln. Die dafür erforderlichen Gesundheitsdaten der Teilnehmer erfasste man mittels eines handelsüblichen Geräts namens Oura Ring, der mit einer App verbunden werden kann. Der Ring maß unter anderem jede Minute die distale Körpertemperatur von der Handflächenseite der Fingerbasis. Auch andere physiologische Messwerte wie Schlafparameter, Herzfrequenz, Atemfrequenz und Aktivitätsmesswerte ermittelte das Gerät.
Zusätzlich füllten die Teilnehmer einmal im Monat eine Umfrage aus. Diese basierte auf dem sogenannten PROMIS-Instrument, welches unter anderem das Gesundheitsprofil von Erwachsenen mit Depressionen abfragt. Anhand der Angaben unterteilte man dann in verschiedene Depressionsschweregrade:
- Normale Werte, also keine bestehende Depression
- Leichte Depression
- Mittelschwere Depression
- Schwere Depression
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Des Weiteren gaben die Probanden über einen Zeitraum von sieben Monaten in einem Selbstbericht täglich ihre Körpertemperatur an. Wenn diese über 38 Grad lag, wurde die Messung ausgeschlossen, da dieser Wert die Kriterien für klinisches Fieber erfüllen und der Schwerpunkt der Studien-Analyse auf der Körpertemperatur unter normalen, sprich gesunden, Alltagsbedingungen lag.
Höhere Körpertemperaturen gingen mit Depressionen einher
Die Analysen ergaben, dass höhere Werte bei den depressiven Symptomen mit höheren Körpertemperaturen im Wachzustand verknüpft waren. Je schwerer der Depressionsschweregrad ausfiel, desto höher auch die Körpertemperatur. Das beobachtete man sowohl bei der Selbstmessung als auch anhand des Sensorgeräts. Hingegen konnte man beim Schlafen derartige Zusammenhänge nicht feststellen.
Daraus schlussfolgern die Wissenschaftler, dass man womöglich Depression mit der Senkung der Körpertemperatur behandeln könnte. „Was wäre, wenn wir die Körpertemperatur von Menschen mit Depressionen überwachen könnten, um den richtigen Zeitpunkt für die Wärmebehandlung festzulegen?“, liefert Dr. Ashley Mason, die Hauptautorin der Studie, eine Behandlungsmöglichkeit in der offiziellen Pressemitteilung.2
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Einordnung der Studie
„Unseres Wissens nach ist dies die bislang größte Studie, die den Zusammenhang zwischen Körpertemperatur – gemessen sowohl mit Selbstauskunftsmethoden als auch mit tragbaren Sensoren – und depressiven Symptomen in einer geografisch breiten Stichprobe untersucht“, geht Dr. Mason auf die Bedeutung der Studie ein. „Angesichts der steigenden Depressionsraten in den Vereinigten Staaten sind wir von den Möglichkeiten eines neuen Behandlungsansatzes begeistert.“
Allerdings gibt die Studie keinen Aufschluss darüber, ob die Depressionen dafür verantwortlich sind, dass die Körpertemperatur steigt. Oder doch eher eine erhöhte Körpertemperatur Depressionen verursacht. Demnach ist es wichtig, basierend auf diesen Erkenntnissen, weitere Studien durchzuführen, die genauer auf den Zusammenhang eingehen und den Mechanismus aufklären.
Da die Daten allesamt mit ein und demselben Gerät erhoben wurden, ist nicht klar, wie genau die Gesundheitsinformationen tatsächlich sind. Sinnvoll wäre es daher, entweder unterschiedliche Messgeräte zu nutzen oder diese im Rahmen einer klinischen Studie von geschultem Personal bestimmen zu lassen. Außerdem beruht die Bestimmung der Depressionsschweregrad auf subjektiven Angaben, die daher nicht immer der Wahrheit entsprechen könnten.