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31. Januar 2025, 4:26 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Seit Jahrhunderten greifen Männer zu Hilfsmitteln, um ihre Potenz zu steigern oder ein wenig mehr Schwung ins Liebesleben zu bringen. Ein besonderes Mittel, das in Afrika wächst und wissenschaftlich als wirksam gilt, ist Yohimbe. Der Mediziner Dr. Axel-Jürg Potempa erklärt bei FITBOOK, was Männer und Frauen davon erwarten können – und was nicht.
Casanova soll bis zu 50 Austern am Tag geschlürft haben, andere schwören auf eine luststeigernde Wirkung durch Vanille, Sellerie oder rohen Kakao. Aber hilft das auch wirklich? Der Münchner Urologe und Sexualmediziner Dr. Axel-Jürg Potempa weiß, dass die Wirkung von sogenanntem „Lust Food“ höchstens unterschwellig daherkommt oder auf den berühmten Placebo-Effekt zurückzuführen ist. „Wer nicht auf chemische Präparate, sondern auf natürliche Mittel zurückgreifen möchte, ist mit Yohimbe tatsächlich am besten beraten“, sagt er im Gespräch mit FITBOOK. Wie bitte, Yohimbe? Noch nie gehört? Dann wird es vielleicht höchste Zeit.
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Übersicht
- So wurde die Potenzkraft des Yohimbe-Baumes entdeckt
- Mediziner untersuchten die Wirkung
- Studie mit Patienten mit erektiler Dysfunktion
- So wird die Wirkung von Yohimbe auf Körper und Gehirn beschrieben
- Medizinische Erklärung für die Wirkung
- Nicht bei allen zeigt Yohimbe eine Wirkung
- Yohimbe ist relativ risikofrei, wenn man es nicht übertreibt
- Einnahmeempfehlung vom Sexualmediziner
- Fazit zur Wirkung von Yohimbe
- Quellen
So wurde die Potenzkraft des Yohimbe-Baumes entdeckt
Der Yohimbe-Baum stammt ursprünglich aus den Regenwaldgebieten Kameruns, also direkt vom Äquator. Im 19. Jahrhundert beobachteten Missionare, wie die dort lebenden Volksgruppen aus den Blättern und der Rinde des Yohimbe-Baumes eine Substanz gewannen. Diese Substanz, Yohimbin, schien es Männern wie Frauen zu ermöglichen, selbst nach langen, extrem heißen Tagen voller Jagen und Arbeiten lustvoll in den Hütten zu verschwinden. Das Interesse war geweckt.
Mediziner untersuchten die Wirkung
Die geheimnisvolle Pflanze wurde daraufhin nach Europa gebracht, wo sich zahlreiche Chemiker, Ärzte und Pharmazeuten an ihre Untersuchungen und Versuche zu Yohimbe machten – zunächst an Tieren. So heißt es in einem Bericht von 1886: „Bei Hunden hingegen übte Yohimbin eine unzweifelhafte Wirkung auf die Genitalien aus. Es traten sehr lebhafte Erektionen auf.“ Ein anderer Tierarzt stellte „denkbar günstige Wandlungen bei deckfaulen Hengsten und Bullen“ fest.1
Studie mit Patienten mit erektiler Dysfunktion
Die Wirkung von Yohimbe wurde auch schon (begrenzt) wissenschaftlich untersucht. Eine 1989 veröffentlichte Studie mit 82 Patienten mit erektiler Dysfunktion deutet darauf hin, dass Yohimbin bei der Behandlung des Problems wirksamer ist als ein Placebo. Nach einem Monat mit einer maximalen Tagesdosis von 42 Milligramm Yohimbin zeigte sich bei 14 Prozent der Probanden eine vollständige und anhaltende Verbesserung. Bei 20 Prozent zeigte sich eine teilweise Verbesserung. Die maximale Wirkung trat nach zwei bis drei Wochen ein. 65 Prozent zeigten keine Veränderung.2
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So wird die Wirkung von Yohimbe auf Körper und Gehirn beschrieben
Nach der Einnahme einer Initialdosis beschreiben viele kurze Zeit später ein angenehmes Kribbeln in der Lendengegend, erklärt uns Potempa. Glücksgefühle breiten sich aus, Stress und Ängste lassen nach, die Haut wird empfänglicher für Berührungen. Männer, die zu leichten Erektionsproblemen neigen, stellen mitunter fest, dass plötzlich alles wie von selbst steht. Das sorgt für zusätzliche Entspannung und plötzlich kommt eines zum anderen…
Medizinische Erklärung für die Wirkung
„Schuld“ daran ist hauptsächlich das nach dem Yohimbe-Baum benannte Yohimbin, dessen Wirkung sich gleich auf zwei Ebenen entfaltet. Zum einen hemmt es Bereiche im Gehirn, die für Stress verantwortlich sind, sodass weniger Versagensängste und sorgenvolle Gedanken entstehen können. Auch kommt es zu einer leicht vermehrten Ausschüttung der Glücksbotenstoffe Serotonin und Dopamin. Zum anderen lässt es das Blut vom ganzen Körper aus in den Beckenbereich und damit in die Schwellkörper strömen, was beim Mann für die Erektion und bei der Frau für eine gut durchblutete Klitoris sorgt. Ergo: Alles fühlt sich intensiver an. Und das ganz ohne Chemiekeule à la Viagra und Co.
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Nicht bei allen zeigt Yohimbe eine Wirkung
Einen kleinen Wermutstropfen gibt es aber doch, wie Potempa anmerkt. „Yohimbe, beziehungsweise Yohimbin, wirkt nur bei jedem Zweiten. Warum das so ist, ist nicht geklärt. Allerdings sollte es einen nicht davon abhalten, es einmal auszuprobieren“, sagt er zu FITBOOK. „Obwohl viele Frauen positive Erfahrungen mit der Substanz gesammelt haben, gibt es bis jetzt nur aussagekräftige Studien, die sich ausschließlich mit Männern befasst haben. Was Forschung und weibliche Lust betrifft, da hängen wir ganz klar 15 Jahre zurück.“ Immerhin: Zum Glück ändere sich das langsam.
Yohimbe ist relativ risikofrei, wenn man es nicht übertreibt
Lust ist eine ziemlich komplexe Sache. Mal will der Kopf nicht, aber der Körper sagt was anderes, mal will der Kopf, aber der Körper spielt nicht mit. Yohimbe kann einen Beitrag dazu leisten, beides wieder mehr in Einklang zu bringen. Es kann aber auch bei Paaren, bei denen es im Bett gut läuft, für einen netten Extra-Kick sorgen. „Ob therapeutisch über den Tag verteilt oder einmalig als etwas höhere Dosis nur zum Spaß, beides ist absolut in Ordnung. Yohimbe ist relativ risikofrei, solange man nicht übertreibt. Deshalb sollte man sich auch langsam herantasten. Bleiben Nebenwirkungen wie Herzrasen, Überreiztheit, Kopfschmerzen oder Schwindel aus, steht einem genussvollen und verantwortungsbewussten Gebrauch nichts im Weg“, erklärt der Experte.
Einnahmeempfehlung vom Sexualmediziner
Dr. Axel-Jürg Potempa empfiehlt als Initialdosis insgesamt 15 bis 30 Milligramm auf drei Einnahmezeitpunkte am Tag verteilt. Wichtig: Bei einer Überdosierung drohen laut dem Mediziner starke Nebenwirkungen.
Potempa empfiehlt außerdem, die Yohimbe-Einnahme zu einem sinnlichen Ritual zu machen. Man blickt sich dabei tief in die Augen und ist offen für all das, was auch immer kommen mag. So entstehe ein Gefühl der Verschworenheit und damit auch Verbindung. Allein das sei schon luststeigernd, ganz unabhängig von Substanzen. „Libido ist Kopfsache, und Begehren nehmen wir besonders intensiv über die Augen des anderen wahr“, sagt der Mediziner zu FITBOOK. Deshalb sei es auch so wichtig, sich anzuschauen. „So entsteht Harmonie und ganz plötzlich schaukeln sich die Partner in ihrer Lust gegenseitig hoch“, beschreibt der Mediziner den Mechanismus.
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Fazit zur Wirkung von Yohimbe
Yohimbe ist ein natürliches Produkt, das zwar eine Wirkung hat, aber lediglich einen „sexy Anstoß“ in die richtige Richtung geben soll und kann. Wo nichts ist, kann Yohimbe auch nicht viel bewirken. Es es ist kein magisches Mittel, das sich selbst oder den anderen von allein in die wildesten Lustwelten katapultiert. Es kann sich aber als tolles Helferlein erweisen, wenn es darum geht, sich einfach mal wieder dem Liebesvergnügen hinzugeben, ohne dass Kopf und Körper – sei es durch negative Gedanken, Ängste, Selbstzweifel oder müde Lenden – sich als Spielverderber erweisen.
Etwa 20 Prozent aller Männer erleben laut Zentrum für Erektionsstörungen im Laufe ihres Lebens anhaltende, behandlungsbedürftige Erektionsstörungen. Am häufigsten tritt die erektile Dysfunktion (ED) im höheren Alter (etwa ab 65 Jahren) auf, aber auch jüngere Männer können betroffen sein. Häufig wird medikamentös therapiert, etwa mit dem bekannten Wirkstoff Sildenafil, der auch in Viagra enthalten ist. Eine ED kann aber viele Gründe haben. Bei tiefsitzenden Problemen, die Selbstwertgefühl und Partnerschaft bereits stark belasten, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Spontane Selbstmedikationen, die am Kern der eigentlichen Ursache vorbeigehen, hilft dabei nicht.
Dr. Axel-Jürg Potempa ist Urologe, Androloge, Sexual- unf Partnerschaftsmediziner sowie Buchautor und lebt und arbeitet in München. Mehr Informationen über ihn finden Sie auf seiner Website.