11. Januar 2022, 14:43 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Sie können nicht aufhören Chips oder andere ungesunde Snacks zu essen, bis die Tüte bzw. die Packung leer ist? Keine Sorge! Es gibt einen Trick, mit dem Sie nach nur einer Handvoll Knabberzeugs oder Süßem die Packung zufrieden wieder zurücklegen.
Das Schlimmste, was Sie im Falle einer Snack-Sucht tun können, ist, das „Objekt der Begierde“ vollständig aus dem Leben verbannen zu wollen. Seien es Cracker, Gummibärchen, Doughnuts oder Schokolade – je mehr Sie sich zwingen, sich davon zu lösen, desto stärker brennt sich das Verlangen danach ins Hirn ein. Doch was tun, wenn die Gelüste einen dazu treiben, immer gleich die komplette Packung zu vernichten, anstatt es bei einer kleinen, überschaubaren Menge zu belassen? Rechtzeitig mit Chips und Co. aufhören zu können, bevor die Tüte leer ist, ist möglich. Und die Wissenschaft hat laut der „New York Times“ einen simplen wie wirkungsvollen Trick entdeckt, wie es klappt.
Überblick
- Wie völliger Verzicht das Verlangen steigert
- Die Studie mit der verlockenden Pralinenschachtel
- Wie Achtsamkeitsstrategien helfen, mit Chips und Co. eher aufhören zu können
- Anleitung für achtsames Snacken
- Statt aufhören zu wollen, Chips zu essen, genau „hinschmecken“
- Letzte Frage: Schmeckt’s mir wirklich?
- Quellen
Wie völliger Verzicht das Verlangen steigert
Wer eine Schwäche für bestimmte, als ungesund geltendes Nahrungsmittel hat, versucht es meist auf diesem Weg: Sich irgendwie ablenken, aus dem Raum gehen, wenn Freunde und Kollegen es auftischen oder das Verlangen danach versuchen zu ignorieren und irgendwie zu verdrängen. Das erzielt jedoch den gegenteiligen Effekt, wie man bereits in den 1940er Jahren herausgefunden hat.1 Damals setzte der Ernährungsforscher Dr. Ancel Keys 36 Männer auf eine radikale Diät. Sie durften nur 1600 Kcal am Tag essen und ausschließlich im Bett herumzulümmeln. Nach nur wenigen Tagen veränderte sich ihr Verhalten auf merkwürdige Weise. Sie begannen sich über Rezepte zu unterhalten, schnitten sie aus Zeitschriften aus, planten die Eröffnung eines Restaurants und redeten über nichts anderes als Essen. Alles Männer, die wahrscheinlich niemals zuvor gekocht hatten.
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Die Studie mit der verlockenden Pralinenschachtel
In einer weiteren, wesentlichen aktuelleren Studie verteilten Forscher Pralinenschachteln an 142 Schokoholics. Die eine Hälfte musste sich einer Diät unterziehen, die andere aß wie es ihnen passte – bis auf die Pralinen natürlich. Die Schachtel durfte erst am Ende des zehntägigen Versuchs geöffnet werden. Hinterher zeigte sich: Geschummelt haben alle, dennoch klaute die Diätgruppe mehr Pralinen aus der Packung als die der Normalesser.2 Auch andere Studien kommen zu einem ähnlichen Ergebnis. Was lehrt uns das? Mit bloßem Verzicht ist Food-Craving nicht in den Griff zu kriegen.
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Verlangen akzeptieren statt Verdrängen
Nicht aufhören zu können, Chips und Schokolade zu snacken, ist Teil des Menschseins, sagt die Forschung. „Wir sind so konstruiert“, erklärt der US-Psychologe Prof. Evan Forman der „New York Times“. Seine Erkenntnis: „Es geht nicht darum, das Verlangen verschwinden zu lassen, sondern es zu akzeptieren.“ Wer streng Diät hält, verliert irgendwann die Kontrolle. Und es gibt seiner Ansicht nur einen Weg, die Kontrolle zu behalten: achtsam snacken.
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Wie Achtsamkeitsstrategien helfen, mit Chips und Co. eher aufhören zu können
Forman hat selbst Studien durchgeführt, bei denen es ums achtsames Snacken ging. So ergab eine von ihm mit 190 Personen durchgeführte Untersuchung: Jene Teilnehmer, die seine Akzeptanz- und Achtsamkeitsstrategien befolgten, hielt nach drei Jahren doppelt so wahrscheinlich ihren Gewichtsverlust von 10 Prozent aufrecht als diejenigen, die sich hauptsächlich darauf konzentrierten, Versuchungen zu widerstehen und Gedanken ans Essen zu unterdrücken.3 „Überraschenderweise verbesserte sich die Lebensqualität dieser Menschen insgesamt“, so der Ernährungspsychologe.
Anleitung für achtsames Snacken
„Unser Verlangen steigt und sinkt unweigerlich, genau wie Wellen in einem Ozean“, sagt Forman. „Der Versuch, diese Welle zu bekämpfen, wird nie funktionieren. Es funktioniert nicht, wenn Sie möchten, dass das Verlangen verschwindet. Sie akzeptieren, dass es da ist und sogar, dass es da sein soll, und Sie koexistieren – also surfen – damit.“
1. Das Verlangen identifizieren
Sagen Sie den die den Satz „Ich habe den Drang …. zu essen“ laut auf und füllen Sie die Lücke dementsprechend aus.
2. Das Verlangen beobachten
Nehmen Sie ihre Sehnsucht nach Chips oder Schokolade bewusst wahr. Wie fühlt sich der Bauch an? Sind Sie ängstlich? Haben Sie das Bedürfnis immer wieder in die Küche zu gehen?
3. Kämpfen Sie nicht dagegen an
Versuchen Sie nicht, Ihr Verlangen zu unterdrücken oder loszuwerden. Akzeptieren Sie die Erfahrung.
4. Achten Sie darauf, was als nächstes passiert
Nehmen Sie den Drang wahr, wie er steigt und steigt, fällt und nachlässt. Bewerten Sie die Intensität des Verlangens. „Ich habe den Drang, Chips zu essen und Angst, nicht mehr aufhören zu können. Es begann als 5, aber jetzt ist es eine 7.“
Statt aufhören zu wollen, Chips zu essen, genau „hinschmecken“
Die Erkenntnis. Es ist nichts Falsches daran, etwas zu essen, nachdem man sich sehnt. Es geht viel mehr um das Wie. Anstatt ganz mit Chips und Co. aufhören zu wollen, sollte man beim Snacken auf jeden einzelnen Chip achten, ihn ganz bewusst genießen. So kann es sein, dass man bereits nach einer Handvoll merkt: Ich habe genug.
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Letzte Frage: Schmeckt’s mir wirklich?
Der Psychologe, Achtsamkeitstrainer und Autor Dr. Judson Brewer hat noch einen hilfreichen Tipp auf Lager. Er verriet der „New York Times“, dass er früher süchtig nach Gummibärchen war. Um das Verlangen zu brechen, konzentrierte er sich darauf, wie die Dinger wirklich schmecken, und bemerkte, dass sie in Wahrheit grässlich süß sind. Er suchte nach einer besseren Alternative, um sein Verlangen zu stillen, und entschied sich für Blaubeeren, die ihm noch mehr Freude bereiteten als Süßigkeiten.
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Quellen
- 1. Baker, D. B., Keramidas, N. (2013). The psychology of hunger. Monitor on Psychology. (aufgerufen am 11.01.2022)
- 2. Stanen, E.C., Mann, T. (2020). Calorie deprivation impairs the self-control of eating, but not of other behaviors. Psychologie & Health.
- 3. Forman, E.M., Manasse, S.M., Butryn, M.L. et al. (2019). Long-Term Follow-up of the Mind Your Health Project: Acceptance-Based versus Standard Behavioral Treatment for Obesity. The Obesety Society.