10. Oktober 2019, 7:44 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Ob schwere Erkrankung oder das kleine Zipperlein – Krankheitsgeschichten sind häufig Teil alltäglicher Plauderei. Manchmal aber bringt die Frage „Wie geht‘s“ Unangenehmes ans Licht. FITBOOK erklärt, wie man sich in so einem Fall am besten verhalten sollte.
„Wenn wir im Alltag jemanden fragen, wie es ihm geht, handelt es sich eigentlich nur um eine Höflichkeitsfloskel“, sagt Sozialpädagoge Christoph Sczygiel. Er ist Referent am Weiterbildungsunternehmen Haufe Akademie. Niemand erwarte hier einen langen Krankheitsbericht.
Vor allem in den USA sei diese Art der Kommunikation weit verbreitet, ergänzt Karsten Noack, Kommunikationstrainer aus Berlin. Oberflächlich sei das nicht unbedingt. „Sich derart positiv zu begegnen, macht das Miteinanderleben einfacher. Es entsteht eine freundliche Grundstimmung.“
In Deutschland sei ein „Gut“ als Antwort zwar gebräuchlich, aber nicht ganz üblich wie in den USA, sagt Noack. „Viele Menschen nutzen diese Frage tatsächlich, um sich ausführlich mitzuteilen.“ Für Höflichkeits-Frager seien diese Situationen dann oft überfordernd.
Zwischen Ehrlichkeit und Höflichkeitsfloskel
Dazu hat Noack einen klaren Standpunkt: „Wer fragt, sollte damit rechnen, eine ehrliche Antwort zu bekommen. Wer damit nicht umgehen kann, sollte gar nicht erst fragen.“ Doch vielen rutscht ein „Wie geht’s?“ ganz automatisch heraus. Was tun, wenn wir dann keine Zeit haben für die Alltags-Wehwehchen unseres Gegenübers?
Gehört die Person nicht zum engeren Bekanntenkreis, könne man versuchen, bei den Floskeln zu bleiben, um wieder etwas Distanz herzustellen, rät Christoph Sczygiel. Ein Satz wie „Manchmal ist das Leben anstrengend“ sei wertschätzend und gleichzeitig ein Signal, nicht noch tiefer zu gehen.
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Bei vermuteter Not auf Intuition hören
Und die Nachbarin im Flur, die immer wieder vom Zipperlein erzählt? Oder von ihrer depressiven Stimmung? Es könne leicht passieren, dass sie dadurch von anderen Menschen in Schubladen gesteckt und nicht mehr ernst genommen wird, so Noack. Denn mit depressiver Stimmung sei oft nur eine Melancholie gemeint, aber keine ernste Erkrankung.
Wenn aber jemand hinter den vermeintlichen Floskeln eine echte Not vermutet, sollte handeln. „Wer helfen möchte, kann die Person fragen, wie sie mit ihrem Problem umgeht“, sagt Peter Walschburger, Professor für Psychologie an der Freien Universität Berlin. „Es geht darum, ein fürsorglich motiviertes, mitfühlendes und lösungsorientiertes Gespräch zu führen, das es dem Gegenüber ermöglicht, eigene Perspektiven zu entwickeln, ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben.“
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Verzichten Sie auf Bevormundung
Was aber, wenn nahe Angehörige und Freunde uns über eine Krankheit informieren? Auch dann fällt es vielen schwer, den richtigen Ton zu treffen. Gesundheitspsychologin Sabine Günther hat während ihrer Krebserkrankung am eigenen Leib gespürt. „Floskeln sind fehl am Platz“, sagt die Bambergerin, und auch ein „Kopf hoch“ sei selten hilfreich. Ebenso unangenehm empfand sie Sätze, die mit „Du musst jetzt“ begannen. „Auf Bevormundung sollte man verzichten“, sagt sie.
Wichtig sei außerdem, zwar Mitgefühl zu zeigen, aber nicht zu stark mitzuleiden. „Während meiner Erkrankung war ich viel damit beschäftigt, andere zu trösten“, sagt Günther. Auch mit Ratschlägen sollte man vorsichtig sein. „Manchmal hilft es, einfach zuzuhören.“