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Experten klären auf

Was hinter intrusiven Gedanken steckt – und wann sie zur psychischen Störung werden

Frau leidet an intrusiven Gedanken
Intrusive Gedanken können einen hohen Leidensdruck verursachen Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

14. Oktober 2023, 7:52 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Viele der Menschen, die unter sogenannten intrusiven Gedanken leiden, fürchten, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Denn ihnen kommen oft völlig unvermittelt bedrohliche Vorstellungen in den Sinn. FITBOOK erklärt das Phänomen genauer und erklärt, wie sich Betroffene helfen können. 

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„Intrusive“ bedeutet auf Englisch „aufdringlich“. Bei sogenannten intrusiven Gedanken handelt es sich um aufdringliche Einfälle, die zudem meist bedrohlich sind und um Tabus kreisen. Bei den Betroffenen bleibt es gemeinhin bei den Gedanken, welche für sie jedoch sehr unangenehm sein können. Manche von ihnen entwickeln eine psychische Störung. Lesen Sie bei FITBOOK, was Experten dazu sagen.

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Beispiele für intrusive Gedanken

Betroffene intrusiver Gedanken stellen sich z. B. vor, plötzlich im Büro die Kontrolle zu verlieren oder den Chef anzupöbeln. Oder sie überlegen, wenn sie etwa auf einem Aussichtsturm stehen, wie es wohl wäre, über die Absperrung zu klettern und zu springen. Ein anderes Beispiel: Es ploppt bei ihnen plötzlich der Gedanke auf, das Auto gegen einen Baum zu lenken – oder gar dem Kind oder dem Partner Gewalt anzutun.

Es sind Momente, in denen es einem kalt den Rücken herunterläuft. Denn es ist das eigene Gehirn, das so schreckliche und schockierende Szenarien produziert. Auch wenn man diese wohl keinesfalls in die Realität umsetzen würde.

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Die wohl schwerste Form: Flashbacks

„Es gibt verschiedene Arten intrusiver Gedanken“, sagt der Psychologische Psychotherapeut René Noack. Er leitet die Tagesklinik für Angst- und Zwangserkrankungen der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik in Dresden.

Noack führt zunächst eine besonders heftige Form an: sogenannte Intrusionen, die nach traumatischen Erlebnissen auftauchen und als Flashback bezeichnet werden. Es sind Erinnerungen an Ereignisse, die Betroffene immer wieder mit voller Wucht durchleben. Flashbacks sind ein Symptom einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Sie können, müssen aber nicht, durch bestimme Reize ausgelöst werden.

„Man hat zum Beispiel einen Überfall erlebt und läuft dieselbe Straße wieder entlang. Daraufhin kann ein Gedanke an den Überfall ganz plötzlich auftauchen.“ Dies sagt Julia Asbrand, Professorin für Klinische Psychologie des Kindes- und Jugendalters an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena.

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Die Gedanken kommen – und vergehen wieder

„Solche Gedanken können einfach kommen und sind auch nicht schlimm“, so Julia Asbrand. „Unser Gehirn produziert sie, sie tauchen auf und verschwinden wieder.“ Dass man sich beispielsweise vorstellt, sein Auto gegen einen Baum zu lenken, ist zwar durch den Baum angestoßen, den man in dem Moment sieht. Es heißt aber nicht, dass man sich wirklich das Leben nehmen möchte. Asbrand stellt klar: „Nur weil man etwas denken kann, heißt das nicht, das man es auch wirklich tun wird oder tun möchte.“

Wann intrusive Gedanken Ausdruck einer Zwangserkrankung sein können

Das Auftauchen intrusiver Gedanken ist in einem bestimmten Rahmen also völlig normal. Doch schmerzlich können die Vorstellungen trotzdem sein. Denn obwohl die Gedanken als sinnlos erlebt werden, kann man ihnen meist nichts entgegensetzen. Das kann bei Eltern zum Beispiel der Gedanke sein, seinen Kindern etwas anzutun. „Gerade, weil man seine Kinder liebt und nicht möchte, dass ihnen etwas zustößt, ist dieser Gedanke für Eltern natürlich sehr belastend“, sagt die Psychologin Julia Asbrand.

Intrusive Gedanken sprechen nicht automatisch für eine psychische Störung. Eine solche entstehe „dann, wenn man durch die Gedanken langfristig belastet und beeinträchtigt wird“, sagt Julia Asbrand. Also etwa, wenn Eltern überlegen, die Kinder in Pflege zu geben. Einfach weil sie nicht wissen, ob sie mit ihnen weiterhin allein sein können. Professionelle Hilfe ist also dann wichtig, wenn sich intrusive Gedanken gravierend auf den Alltag und Beziehungen auswirken. Dann können sie Ausdruck einer Zwangserkrankung sein.

Welche Personen besonders zu intrusiven Gedanken neigen

„Personen mit einem besonderen Sicherheits- und Kontrollbedürfnis haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass sich solche Gedanken verselbstständigen“, sagt René Noack. Denn solche Menschen haben es schwerer, sich von den Gedanken zu distanzieren. Lieber gehen sie auf Nummer sicher. In dieser Absicht entfernen sie etwa sämtliche Küchenmesser aus der Wohnung.

Eine gute Nachricht: Den meisten Menschen fällt es leicht, sich von intrusiven Gedanken zu distanzieren. Intrusive Gedanken haben sogar eine Funktion, wie Psychologin Asbrand erklärt. „Der Mensch ist ein kreatives Wesen und kann sich sehr vieles vorstellen.“ Mit Blick auf die Evolution eine wichtige Fähigkeit. Denn, wenn wir uns angsteinflößende Situationen vorstellen können, können wir sie vorab durchspielen und Lösungen entwickeln. Denn Angst hat die Funktion, uns zu beschützen.

Allerdings bedeutet das nicht, dass sich alles, was wir uns vorstellen können, auch wirklich ereignen kann oder wird. „Deswegen würde ich solche Gedanken erst mal nicht zwingend als bedrohliches Signal einordnen. In der Regel erinnert man sich auch nicht an sie, weil man ihnen zu Recht keinen besonderen Wert beimisst“, so Asbrand.

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Gedanken als reine Gedanken akzeptieren

„Alle Gedanken, die man hat, sind erst einmal nur Gedanken. Sie dürfen sein“, sagt dazu Julia Asbrand. Es kann ebenso helfen, sich klarzumachen, dass die Gedanken wieder verschwinden und Platz machen für andere.

Nicht viel anders laufe es, wenn man in einer Psychotherapie an solchen Gedanken arbeitet. Dort lernen Betroffene vor allem, die Gedanken als unsinnig zu identifizieren und sich emotional von ihnen zu distanzieren. Eine andere Strategie: den Gedanken Raum geben, hinterfragen, wieso man über ein bestimmtes Szenario nachdenkt. Und es einfach mal zu Ende zu denken.

„Eltern kommen dann ziemlich sicher darauf, dass sie den Gedanken, ihren Kindern etwas anzutun, denken, weil sie sich um ihre Kinder sorgen und auf keinen Fall möchten, dass ihnen etwas zustößt“, sagt Asbrand. Man könne so verstehen, dass man eigentlich gerade genau das Gegenteil tut und seinen Schutzauftrag besonders ernst nimmt.

Mit Material von dpa

Themen Psychologie
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