4. Dezember 2023, 17:15 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Gegenüber der klassischen Sitzmeditation hat die Gehmeditation besonders für Anfänger viele Vorteile: Der Körper ist in Bewegung und die Augen offen. Statt „mit sich alleine“ zu sein, spaziert man durch Wälder, Wiesen oder andere schöne Landschaften. Gleichzeitig kommt es zu weniger Schmerzen und Muskelverspannungen. FITBOOK erklärt, was Gehmeditation sonst noch so gesund macht.
Gehmeditation ist eine uralte buddhistische Praxis, die keineswegs „Meditation light“ darstellt. Dennoch fällt es gerade Meditations-Neulingen leichter, sich zunächst der Gehmeditation anzunähern. Aber auch Menschen, die beruflich viel sitzen müssen, profitieren von der Praxis. Sie lässt sich ganz einfach in den Alltag integrieren. Mit etwas Übung wird jeder noch so kleine Gang zu einer heilsamen Achtsamkeitsübung: Körper und Geist kommen in Balance, Stress wird abgebaut, das Bewusstsein schärft sich und eine tiefe innere Gelassenheit macht sich breit. Neuere Studien haben jetzt ergeben, wie gesund Gehmeditation wirklich ist.
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Übersicht
Der Weg ist das Ziel: So funktioniert Gehmeditation
Gehmeditation lässt sich an jedem beliebigen Ort durchführen, ganz gleich ob drinnen oder draußen. Einige ziehen es vor, wie die Zen-Mönche barfuß im Kreis zu gehen. Andere bevorzugen einen Park oder Waldweg.
Von jetzt an gilt: langsam gehen, atmen, achtsam bleiben. Mit einem inneren Lächeln. Achten Sie auf jeden einzelnen Schritt, jeden Atemzug. Erleben Sie jede Ihrer Bewegungen ganz im Hier und Jetzt. In welchen Rhythmus takten sich Atmung und Schritte ein? Welche Gerüche nehmen Sie wahr und welche Geräusche? Welche Gefühle kommen hoch? Wichtig ist es, jeden Moment ganz bewusst wahrzunehmen. Sie können auch innehalten und beispielsweise eine Blume betrachten. Oder für eine Minute stehen bleiben, um einfach nur wahrzunehmen, wie es ist, mit beiden Füßen auf dem Boden zu stehen. Es gibt keine festen Regeln, außer achtsam zu bleiben. Beginnen Sie erst mit fünf bis zehn Minuten und steigern Sie die „Dosis“ nach und nach. Ideal sind täglich 20 Minuten meditatives Gehen.
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Wie sich Gehmeditation auf körperliche und psychische Gesundheit auswirkt
Gehen in Kombination mit Meditation reduziert Angstsymptome. Und zwar offenbar nachhaltiger als nur in Meditation zu sitzen, wie eine Studie aus dem Jahr 2017 mit jungen Erwachsenen ergab.1 Hier zeigte sich, dass sich die Angstzustände bei denjenigen Teilnehmern signifikant verbesserten, die im 10-Minuten-Takt erst meditierten und anschließend spazierten. Beides miteinander direkt zu verbinden – in Form von Gehmeditation – dürfte demnach einen ähnlich gesunden Effekt haben.
Die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit bleiben aber nicht nur auf der psychischen Ebene. Eine weitere kleine Studie aus dem Jahr 2016 kam zu dem Schluss, dass die buddhistische Gehmeditations-Praxis den Blutzuckerspiegel bei Diabetikern reguliert und zudem die Durchblutung verbessert.2 Auch zeigte sich, dass der Cortisol-Spiegel (Stresshormone im Blut) nach nur 12 Wochen dauerhaft gesunken ist.
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Gehmeditation verbessert das Gleichgewicht und fördert die Kreativität
Mit dem Alter beginnt das Gleichgewichtsgefühl langsam nachzulassen. Mit Gehmeditation kann dann wirksam dagegen gesteuert werden. Eine Untersuchung mit 58 Frauen über 60 Jahren aus dem Jahr 2018 ergab, dass sie sich nach bereits acht Wochen Praxis wesentlich sicherer auf den Beinen fühlten.3 Die Forscher vermuten, dass Achtsamkeitstraining in Verbindung mit Gehen Gehirnprozesse stimuliere, die für Wahrnehmung und Gleichgewichtsanpassung zuständig sind. Angenehmer Nebeneffekt: Meditative Zustände fördern die Kreativität. Ein klarer und wacher Geist verlässt „ausgetretene Denkpfade“ und kommt so auf überraschende neue Ideen und Lösungen. Das liegt zwar auf der Hand, doch natürlich gibt es auch dafür die passende Studie.4
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Waldbaden – eine besonders gesunde Form der Gehmeditation
Seit mehreren Jahren ist Waldbaden in aller Munde. Die aus Japan stammende Praxis verbindet die klassische Gehmeditation mit der heilenden Kraft des Waldes. Das macht so einen „Waldtauchgang“ doppelt gesund. Studien haben zudem ergeben, dass es dem Gehirn zwischen grünen Bäumen und Blättern viel leichter fällt, in den gewünschten meditativen Zustand zu gelangen. Demnach wäre der beste Ort für die erste Gehmeditation der nächstgelegene Wald.
FITBOOK-Autorin Friederike Ostermeyer hat Waldbaden ausprobiert
„Behutsam taste ich mich Schritt für Schritt weiter, blicke hoch in die ächzenden Baumkronen, zerbrösele morsches Holz, finde Spinnennetze auf einmal schön und genial, genau wie den klumpigen, rotbraunen Baumpilz. Ganz schön viel los hier! Immer mehr Details fallen mit auf. Ich bin so tief in die Waldwelt eingetaucht, dass ich mich selbst dabei völlig vergesse. Das Gedankenkarussell stoppt, ich bin ganz im Hier und Jetzt. Als ich nach einer halben Stunde wieder auftauche, fühle ich mich richtig energiegeladen. Und ja, glücklich!“ Den ganzen Erfahrungsbericht lesen Sie hier.
Die Wirkung tritt übrigens umgehend ein: Eine japanische Studie konnte aufzeigen, dass sich nach gerade mal 15 Minuten Waldbaden die Stimmung messbar verbessert, und sich Herzfrequenz und Blutdruck regulieren.5 Gleichzeitig weist das Immunsystem einen höheren Anteil krebshemmender Killerzellen auf. Dieser Effekt ist auf bestimmte chemische Botenstoffe zurückzuführen, welche über die Bäume in die Lungen gelangen. Sie dienen eigentlich zur Kommunikation zwischen den Pflanzen, wirken aber auf Menschen wie kleine Medizin-Einheiten. Waldbaden ist übrigens keine Mode-Erscheinung. In Japan wird Shinrin Yoku, wie die Praxis dort heißt, jährlich fünf Millionen gestressten Großstädtern als medizinische Therapie verordnet.