19. April 2021, 5:41 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten
Nach über einem Jahr Pandemie hat sich der neue Alltag zwischen Job und Familienleben für viele Eltern zwar eingespielt, aber leicht ist er dennoch nicht geworden. Auch Tom (34) und seine Frau mussten sich ein besonderes Arbeitszeitmodell einfallen lassen, um ihre beiden Töchter zu betreuen. Wie es ihm dennoch gelungen ist, im Lockdown ein Fitness- und Ernährungsprogramm durchzuziehen, erzählt er FITBOOK.
Gleichzeitig eine 24/7-Betreuung der Kinder gewährleisten, arbeiten, die Ernährung umstellen und abends noch Sport – das klingt nach viel Stress. Das hat den 34-jährigen Tom aber nicht davon abgehalten, es zu versuchen. Denn es ist sein Wunsch, nicht nur für seine Töchter (4 und 11 Jahre alt), sondern auch für seine zukünftigen Enkel, fit und beweglich zu bleiben. Alleine hätte er es nicht geschafft. Gemeinsam mit seiner Frau und unterstützt durch ein spezielles Online-Fitness-Programm für Eltern erarbeitet der Abteilungsleiter und Projektmanager einen cleveren Plan für Kinderbetreuung, Sport und Ernährungsumstellung.
FITBOOK: Wann haben Sie entschieden, dass Sie etwas an sich ändern müssen?
Tom: „Durch Corona war ich bei der Arbeit noch mehr eingespannt. Außerdem fiel mein Fußballtraining aus und ich hatte immer weniger Zeit für Sport. Daneben gab es familienintern einige schwere Erkrankungen, wodurch mir erst richtig Bewusst wurde, wie wichtig eine gesunde Ernährung ist. Das alles hat mich zu der Überzeugung gebracht, dass ich etwas unternehmen muss. Wenn meine Kinder mal groß sind, wollen sie ja noch mit mir Action haben. Oder mal ganz weit gedacht: Dann kommen nachher Enkelkinder und ich kann mich kaum noch bewegen. Die wollen doch mal Fußball spielen gehen oder Fahrrad fahren – ohne, dass die ältere Generation sagt: ‚Das geht nicht mehr wegen meines Rückens!‘ Ich bin jetzt 34 und nicht bereit, dieses typische Vater-Bild zu sein: Dicker Bauch, lieber mal ein Bierchen statt Sport. Auch für die Kids ist es ein gutes Vorbild, wenn Vadder raus geht und Sport macht.“
Wie sind Sie Ihre Transformation angegangen?
„Im Januar 2021 ging es los. Ich habe überlegt, wie ich das alles während des ganzen Corona-Stresses umsetzen kann. Wie sollte ich irgendwo eine Stunde Sport unterbringen? Dann hat Steven (Greul, Freund und Sportwissenschaftler, Anm. d. Redaktion) zu mir gesagt: ‚Ich will ein Programm starten. Hast du Bock, mitzumachen? Ich schicke dir mal die Informationen zu ‚Starke Eltern‘ und dann kannst du es dir überlegen.‘ Da gab es unter anderem eine Liste mit erlaubten Lebensmitteln, und ich kannte davon etwa vier bis sechs. Wie sollte ich das umsetzen? Ich hatte keine Zeit, wie ein Weltmeister zu kochen. Bei mir ist alles rustikal: rohes Gemüse und ein Stück Fleisch oder Fisch dazu. Fertig. Außerdem sollten jeden Tag Sporteinheiten gemacht werden. Für mich hörte sich das so an, als müsste ich alles umstellen. Ich habe gedacht: Wie in Dreiteufelsnamen soll ich das machen?“
Bei „Starke Eltern“ handelt es sich um ein Online-Fitness-Programm. Erdacht wurde es von Sportwissenschaftler, Coach und Papa Steven Greul*, mit dem Ziel, Eltern bei einem gesünderen Lebensstil zu unterstützen, der sich trotz stressigem Alltag umsetzen lässt. Zum Programm gehören individuelle Coachings, kurze Sporteinheiten von maximal 20 Minuten und eine Community. Tom gehörte zur ersten Testgruppe, die „Starke Eltern“ ab Anfang Januar 2021 für 12 Wochen ausprobiert hat.
Auch interessant: Studie analysiert Einfluss von Fitness der Eltern auf die ihrer Kinder
Morgens ist Mama für die Kinder da, abends Papa
Wie sieht Ihr stressiger Corona-Alltag aus?
„Meine Ehefrau und ich arbeiten im selben Betrieb. Wir haben vereinbart, dass sie in die Spätschicht rücken kann. Bis 16 oder 17 Uhr arbeite ich, währenddessen betreut sie die Kinder. Die Vierjährige will bespielt werden, ihr fehlen Kindergarten und soziale Kontakte. Die Elfjährige muss an ihre Hausaufgaben erinnert werden. Homeschooling ist bei uns nämlich kein Unterricht über Zoom, sondern Hausaufgaben. Wenn ich zurückkomme, gibt es ein kurzes High Five, dann geht meine Frau arbeiten. Eigentlich braucht man eine halbe Stunde, um nach der Arbeit runterzukommen, aber die haben Eltern nicht. Die Kids wollen dann Fahrrad fahren oder auf den Spielplatz. Denen kannst du nicht erzählen: „Papa hatte heute einen anstrengenden Tag. Jetzt nicht!“ Wenn sie um 20 Uhr im Bett sind, habe ich etwas Me-Time, um runterzufahren, den Tag sacken zu lassen, aber auch um Papierkram zu erledigen.“
Wie passt in diesen Alltag noch Sport mit rein?
„Das war meine große Frage. Deshalb habe ich Steven am nächsten Tag angerufen und gesagt, dass ich nicht wisse, wie ich das zeitlich umsetzen soll. Er meinte: ‚Probiere es doch erst einmal aus. Es gibt ganz oft kleine Möglichkeiten, wie man diese Dinge umsetzen kann.‘ In dieser oder einer ähnlichen Situation wären die anderen Eltern ja auch. Wenn ich etwas beschlossen habe, dann ziehe ich es durch. Daher habe ich zu meiner Frau gesagt: ‚Ich würde das gerne machen. Kriegen wir das hin? Es geht viel um Ernährung, das ist natürlich positiv für uns alle, aber wir müssen ein Stückchen weit gemeinsam an diesem Strang ziehen.’“
Wie haben Sie es dann gemacht?
„Das „Starke Eltern“-Programm war hier mein Guide. Meine bessere Hälfte und ich haben uns an diesem Tag hingesetzt und überlegt, wie wir eine ganze Woche kulinarisch gestalten können, ohne dass es viel Aufwand ist. Nach einer Woche hatte sich das mit der Ernährung echt super eingespielt. Ich habe mich abends nur für eine halbe Stunde ums Essen kümmern müssen und hatte den nächsten Tag schon vorgeplant. Manchmal hat meine Frau zu Mittag schon einen großen Schwung gekocht, von dem ich dann drei Tage lang essen konnte. “
Auch interessant: Frauen und Männern sollen unterschiedliche Faktoren bei der Ernährung guttun
Kein Zucker, dafür viel Gemüse
Wie sah Ihre Ernährung da in etwa aus?
„Wenn meine Frau gekocht hat, dann gab es zum Beispiel eingekochtes Rindfleisch mit Kichererbsen und Sauerkraut. Wenn ich selber abends gekocht und den nächsten Tag vorbereitet habe, habe ich mich auf rohes Gemüse, gekochte Eier, Fisch und Fleisch beschränkt. Außerdem vermeide ich jetzt bewusst zusätzlichen Zucker. Es gibt so ein oder zwei Sachen, da sündige ich noch. In den Kaffee kommt immer noch der kleine Schwung Zucker mit rein. Ich habe sonst auch immer gerne einen schönen Schokoriegel dabeigehabt. Darauf verzichte ich jetzt und hätte es mir echt schwerer vorgestellt. Neulich habe ich Tee gekocht und für die Kids anstelle des normalen Zuckers den Zuckerersatzstoff Xylit genommen und es ist ihnen nicht aufgefallen.“
Auch interessant: „Seit mein Vater an einem Hirntumor erkrankte, lebe ich zuckerfrei“
Hat sich Ihre Familie noch anderweitig an Ihrer Ernährungsumstellung beteiligt?
„Zum Frühstück und Mittagessen haben sie ihre normale Ernährung durchgezogen. Zum Abendbrot habe ich Fleisch, Fisch oder Fischstäbchen gemacht und dazu immer Gemüse. Für die Kids gab es dann nebenher auch mal Kartoffeln, Nudeln oder Pommes – aber deutlich weniger. Ich bin kein Koch, daher gab es immer sehr einfaches Essen. Aber es war nie so, dass sie gesagt haben: ‚Bäh, das esse ich jetzt nicht. Können wir was anderes haben?‘ Ich habe immer vorher mit den beiden geredet und gesagt: ‚Das würde ich gerne machen. Habt ihr Bock darauf oder soll ich noch etwas Zweites machen?‘ Manchmal habe ich für sie auch Buletten gemacht und für mich Sauce und Kartoffeln weggelassen, dafür einen Salat dazu geschnitten. Oder Zucchini mit Hackfleisch für mich und für die beiden mit Käse überbacken. Fanden sie total lecker. Inspiration dazu habe ich immer von den anderen Eltern in der Community gefunden.“
Kochen Sie auch gemeinsam mit Ihren Kindern?
„Meine große Tochter hat ein Kochbuch und dazu gibt es kleine Töpfe, die als Maßeinheiten gelten. Dann soll man laut Buch beispielsweise nicht 300 Gramm abwiegen, sondern dreimal Mehl mit dem gelben Topf nehmen. So macht sie wunderbare Aufläufe, die ich auch mitessen kann. Sie fragt auch schon nach: ‚Warum kein Zucker? Wie funktioniert das?‘ Da ist Interesse da. Wir haben auch oft Smoothies gemacht. Die beiden fanden es total toll, alles in den Mixer zu werfen und auf Knopfdruck zu verkleinern.“
Haben Süßigkeiten noch Platz auf dem Ernährungsplan Ihrer Kinder?
„Zu Süßigkeiten haben wir unseren Kindern immer gesagt: ‚Ihr müsst nicht fragen. Wenn ihr darauf Lust habt, dann nehmt es euch einfach.‘ Sie sollen merken, dass sie sich hier frei bewegen und eigene Entscheidungen treffen können. Aber jetzt haben wir deutlich weniger Schokolade im Haus, also kommen sie seltener in die Situation, zuzugreifen. Stattdessen gibt es jetzt viel öfter einen Apfel oder eine Banane.“
Auch interessant: Dunkle Schokolade soll Entzündungen hemmen und gut fürs Gedächtnis sein
Priorität setzen: Schlaf oder Sport?
Das war jetzt die Ernährung. Wie sah es mit Sport aus?
„Steven hat mir Übungen in meinen Kalender gepackt. Ich habe gesagt: ‚Stevie, ich kann dienstags nicht rausgehen und sprinten. Wann soll ich das machen? Abends um 21 Uhr? Es ist ja auch niemand da, der auf die Kids aufpasst.‘ Er sagte, dass ich mir die Einheiten auf Zeiten umlegen soll, wo es passt. Klar, es gehört etwas Disziplin dazu, sich abends nochmal aufzuraffen und 20 bis 30 Minuten Sport zu Hause zu machen. Manchmal habe ich auch sagen müssen, dass ich es mir vorgenommen und nicht geschafft habe. Ich musste die Priorität setzen: Schlafen oder Sport? Und bin schlafen gegangen.“
Wie sieht Ihr Trainingsplan aus?
„Ich habe viele Intervalltrainings gemacht. 60 Sekunden lang eine Übung, zum Beispiel Kniebeugen, dann zehn Sekunden Pause, 60 Sekunden lang eine Bauchübung und so weiter. Pro Trainingseinheit vier Übungen, davon drei bis vier Durchgänge. Das ist in der Trainings-App ziemlich cool aufgebaut und ich kannte viele Übungen noch nicht. Es gab immer eine Beschreibung zur jeweiligen Trainingseinheit, wie sie durchzuführen ist, mit entsprechenden Videos dazu. Am Wochenende bin ich dann laufen, Radfahren und Sprinten gegangen. Hier konnte ich die Kids auch ganz gut integrieren. Meine 11-jährige Tochter ist teilweise mitgelaufen und die jüngere ist mit dem Fahrrad voraus. Oder sie haben sich auf dem Sportplatz ausgetobt, während ich die Sprintübungen gemacht habe.“
Wie hat sich der Lockdown auf Sie ausgewirkt?
„Man merkt vielen Leuten an: Sie sind schlecht gelaunt und haben keine Lust mehr, sich zu bewegen, weil sie ihren gewohnten Tagesablauf nicht umsetzen können. Aber man muss sich einfach etwas einfallen lassen. Ich habe versucht, mit den Kids die Zeit zu nutzen. Wir wohnen hier schon seit zehn Jahren, aber kennen uns im Umkreis nicht so wirklich aus. Also sind wir aufs Fahrrad gestiegen und losgefahren. Wir haben wirklich Dinge entdeckt, die wir nicht kannten, weil wir dort nie hin mussten. Ich habe versucht, die Situation positiv zu nutzen. Klar, es ist scheiße, eingeschränkt zu sein und nicht ins Kino zu können. Meine jüngste Tochter ist vier. Sie muss jetzt normalerweise Schwimmen lernen. Geht nicht, denn man kommt in keine Schwimmhalle. Wir sind im Winter immer in die Schwimmhalle gefahren. Das fehlt wirklich.“
Auch interessant: Auch Erwachsene können noch Schwimmen lernen – so klappt’s!
Acht Kilogramm und sieben Zentimeter Bauchumfang weniger
Was haben Sie mittlerweile erreicht?
„Am 5. Januar 2021 ging es los, seitdem habe ich sieben Zentimeter Bauchumfang weniger und knapp acht Kilo verloren – von 86 Kilo runter auf 78,5. Mein Gewicht war gar nicht so das Manko. Aber ich hatte ordentlich Hüftgold, was mich gestört hat, genauso wie meine Unbeweglichkeit. Jetzt fühle mich deutlich fitter und motivierter.“
Welche Ziele möchten Sie noch erreichen?
„Ich möchte das, was sich jetzt so gut eingespielt hat, beibehalten. Keinen Haken hinter die vergangenen drei Monate setzen, nur weil ich mein Ziel von 80 Kilo Gewicht erreicht habe. Ich möchte die Ernährungsumstellung weiter durchziehen, den Zucker weglassen und abends die Entscheidung treffen, eine halbe Stunde Sport zu machen. Das hat im Programm auch geklappt, warum sollte ich das jetzt nicht weiterführen? Das ist mein Ziel.“
Welchen Tipp würden Sie den FITBOOK-Lesern geben?
„Nur wer los läuft, kann auch ans Ziel kommen. Also: Hoch von der Couch!“
Auch interessant: Motivationsloch? Mit diesen Tipps schaffen Sie es wieder zum Sport
„Belastbarer“ durch Fitnessprogramm Claudia (39) hält sich fit, um auf der Intensivstation Covid-Patienten zu pflegen
„Zuckerfrei“-Kolumne »Wie ich es schaffte, dass meine Kinder viel weniger Zucker konsumieren
England-Kapitän und Bayern-Stürmer So trainiert und ernährt sich Fußball-Star Harry Kane
Die bisherigen Lockdown-Transformationen bei FITBOOK können Sie hier nachlesen
- Alexander (25) hat im Home Gym 20 Kilo abgenommen
- Dreifach-Mama Elly (34) – das Laufen ist seit zehn Monaten ihr Stressventil
- Thomas (49) hat nach einer 20-jährigen Sportpause 50 Kilo abgenommen
- Als die Waage 162 Kilo anzeigte, änderte Ari (37) sein Leben
- TV-Moderatorin Aleksandra Bechtel (48): „Ich fühlte mich nicht mehr wohl in meinem Körper“
Viel Spaß beim Lesen und viel Erfolg bei Ihren eigenen sportlichen Zielen!