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Mäuse-Studie

Kann ein Inhaltsstoff aus Tomaten Depressionen lindern?

Tomaten
Lycopin sorgt für die rote Färbung von Tomaten – und kann womöglich auch bei Depressionen helfen Foto: Getty Images

7. Februar 2025, 13:29 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Um die Symptome einer Depression abzumildern, bekommen Betroffene oft Medikamente beschrieben: die Antidepressiva. Doch häufig stehen Patienten dem kritisch gegenüber und es wird sich die Frage gestellt, ob es keine Alternative gibt. Forscher gingen dieser Frage auf die Spur – mit Erfolg. FITBOOK-Redakteurin Janine Riedle geht auf die Studie ein.

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Depression gehört zu den häufigsten psychischen Erkrankungen weltweit. In Deutschland erkrankten 2016 8,2 Prozent der Menschen. Oder anders gesagt: 5,3 Millionen der Erwachsenen (18 – 79 Jahre) sind in Deutschland davon betroffen.1 Während Antidepressiva häufig eingesetzt werden, bleiben ihre Wirkung begrenzt und Nebenwirkungen problematisch. Daher suchen Wissenschaftler zunehmend nach natürlichen Alternativen, die weniger unerwünschte Effekte haben. Der Schlüssel zu einer anderen Behandlung bei Depressionen könnte vielleicht in Tomaten liegen.

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Das untersuchten die Forscher

Das bedeutet aber nun nicht, kiloweise Tomaten zu essen. Denn von Bedeutung ist eher das darin enthaltene Lycopin – das Pigment, das Tomaten ihre rote Farbe verleiht. Es besitzt starke antioxidative sowie entzündungshemmende Eigenschaften und kann neuroprotektive Effekte haben.

In der vorliegenden Studie untersuchten Forscher deshalb, ob Lycopin depressive Symptome bei Mäusen, die chronischem sozialem Stress ausgesetzt waren, lindern kann. Im Fokus stand dabei der Mechanismus über den sogenannten BDNF–TrkB-Signalweg, der für die synaptische Plastizität – also die Anpassungsfähigkeit neuronaler Verbindungen – entscheidend ist.

Tests an Mäusen

Die Studie führten die Wissenschaftler mit 84 männlichen Mäusen durch.2 24 Mäuse dienten als Kontrollgruppe. Die anderen 60 Mäuse wurden über zehn Tage hinweg wiederholt sozialem Stress ausgesetzt, indem sie mit größeren und aggressiven Artgenossen zusammengebracht wurden. Dadurch entstand ein Modell für sozialen Niederlagenstress. Nach dieser Belastungsphase teilte man die gestressten Mäuse in zwei Gruppen auf: Eine erhielt täglich Lycopin (20 Milligramm pro Kilogramm), die andere ein Placebo.

Zur Beurteilung der depressionsähnlichen Symptome führten die Forscher vier Verhaltenstests durch:

  • Sozialinteraktionstest: Bewertet das Vermeidungsverhalten gegenüber anderen Mäusen.
  • Saccharose-Präferenztest: Misst die Fähigkeit, Freude an süßem Wasser zu empfinden (ein Indikator für Anhedonie).
  • Schwanzaufhängungstest: Erfasst Hoffnungslosigkeit durch die Dauer der Bewegungsunfähigkeit.
  • Offenes-Feld-Test: Untersucht die allgemeine Aktivität der Mäuse.

Zusätzlich analysierten die Forscher Gehirnproben zur Beurteilung neuronaler Strukturen und zur Messung der Protein- und Genexpression.

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Lycopin verbesserte die Stimmung der Mäuse

Die Ergebnisse zeigten, dass Mäuse mit chronischem Stress signifikant reduzierte soziale Interaktionen, eine geringere Vorliebe für süßes Wasser und eine verlängerte Bewegungsunfähigkeit im Schwimm- und Schwanzaufhängungstest aufwiesen – typische Anzeichen von Depressionen.

Nach der Lycopin-Behandlung verbesserten sich diese Werte: Die Mäuse zeigten ein deutlich verbessertes Sozialverhalten und verbrachten mehr Zeit mit ihren Artgenossen, im Gegensatz zu den gestressten Tieren. Außerdem zeigten sie eine größere Vorliebe für gesüßtes Wasser, was darauf hindeutet, dass sie besser Freude empfinden. Auch die Bewegungsunfähigkeit im Schwimmtest war in der Lycopin-Gruppe reduziert, was weniger Verzweiflung symbolisiert.

Auf zellulärer Ebene zeigte sich, dass Lycopin die Dichte der Nervenzellen im Hippocampus erhöhte. Zudem wurde eine verstärkte Expression von BDNF und TrkB festgestellt, was auf eine verbesserte synaptische Plastizität hindeutet.

Welche Bedeutung haben die Ergebnisse?

Die Studie liefert Hinweise darauf, dass Lycopin eine antidepressive Wirkung haben könnte, indem es die synaptische Plastizität im Gehirn verbessert. Die gesteigerte BDNF-Expression deutet darauf hin, dass Lycopin den BDNF–TrkB-Signalweg aktiviert – einen Mechanismus, der bereits bei etablierten Antidepressiva eine Rolle spielt.

Ein Vorteil von Lycopin könnte seine hohe Sicherheit sein. In der Studie entsprach die verwendete Dosis umgerechnet etwa 1,62 Milligramm pro Kilogramm für Menschen – eine Menge, die theoretisch durch Nahrungsergänzung erreicht werden könnte. Allerdings enthält eine frische Tomate nur drei bis fünf Milligramm Lycopin, sodass eine therapeutische Dosis bei Depressionen vermutlich eine konzentrierte Form erfordern würde.

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Einordnung der Studie und mögliche Einschränkungen

Obwohl die Studie neue Erkenntnisse zur antidepressiven Wirkung von Lycopin liefert, gibt es einige Einschränkungen. Denn die Untersuchungen wurden nur mit Mäusen durchgeführt, was nicht gewährleistet, dass die Ergebnisse auch auf Menschen übertragbar sind. Außerdem verwendete man nur männliche Mäuse – da Frauen aber oft anders auf Stress reagieren, bleibt unklar, ob Lycopin bei beiden Geschlechtern gleichermaßen wirkt. Auch der kurze Untersuchungszeitraum ist bedenklich, da die langfristigen Effekte von Lycopin ungeklärt bleiben.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass kein Vergleich mit Antidepressiva durchgeführt wurde. Demnach ist nicht klar, ob das in Tomaten enthaltene Lycopin genauso gut bei Depressionen helfen kann.

Zukünftige Forschungen sollten klinische Studien am Menschen einbeziehen und untersuchen, ob Lycopin als Nahrungsergänzung oder in Kombination mit klassischen Antidepressiva wirksam ist.

Themen Depression

Quellen

  1. Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention. Häufigkeit. (aufgerufen am 07.02.2025) ↩︎
  2. Xu H., Wang Y, Geng D., et al. (2025). Lycopene Alleviates Depression-Like Behavior in Chronic Social Defeat Stress-Induced Mice by Promoting Synaptic Plasticity via the BDNF–TrkB Pathway. Food Science and Nutrition. ↩︎
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