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11. Februar 2025, 13:05 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Kopfschmerzen sind weit verbreitet und können den Alltag erschweren. Aber wohl nicht nur das: Eine Studie untersuchte, ob Personen mit Kopfschmerzerkrankungen ein erhöhtes Risiko für Suizid aufweisen.
Kopfschmerzen gehören zu den häufigsten neurologischen Beschwerden weltweit. Und vor allem Erkrankungen wie Migräne, Spannungskopfschmerz oder posttraumatische Kopfschmerzen können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Das kann sogar so weit gehen, dass derartige Krankheiten das Risiko für Suizid erhöhen – das zumindest behauptet eine neue Studie aus Dänemark.
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Übersicht
Hintergrund der Studie
Bereits frühere Forschungen lieferten erste Hinweise darauf, dass ein Zusammenhang zwischen Migräne und Suizidversuchen besteht.1,2 Allerdings beschränkten sich die Untersuchungen immer nur auf die eine Krankheit. Aus diesem Grund wollten Wissenschaftler der Universität Aarhus die Lücke schließen und eventuelle Zusammenhänge zwischen Suizidversuchen sowie vollendeten Suiziden und Kopfschmerzerkrankungen herausarbeiten.
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Fokus auf vier Kopfschmerzerkrankungen
Für die Studie verwendete man Daten aus dänischen Gesundheitsregistern, die zwischen 1995 und 2020 erhoben wurden.3 Dabei nahm man alle Personen ab einem Alter von 15 Jahren auf, bei denen Kopfschmerzerkrankungen diagnostiziert wurden. Diese verglich man in einem Verhältnis von fünf zu eins mit Personen ohne Kopfschmerzdiagnose. So ergaben sich eine Kopfschmerzgruppe mit 119.486 Personen sowie eine schmerzfreie Kohorte mit 597.430 Personen. Das Durchschnittsalter lag bei 40 Jahren (genau 40,1).
Untersucht wurden vier spezifische Kopfschmerzarten:
- Migräne
- Spannungskopfschmerz
- Posttraumatische Kopfschmerzen (z. B. nach einer Kopfverletzung)
- Trigemino-autonome Kopfschmerzerkrankung, kurz: TAK (seltene, aber äußerst schmerzhafte Kopfschmerzsyndrome)
Anhand bewährter statistischer Verfahren berechnete man dann das Verhältnis von Kopfschmerzerkrankungen und (versuchten) Suiziden.
Deutlich erhöhtes Suizid-Risiko bei Patienten mit Kopfschmerzen
Die Studie ergab, dass Personen mit einer diagnostizierten Kopfschmerzerkrankung ein signifikant erhöhtes Risiko für Suizidversuche und vollendete Suizide aufwiesen. Das 15-Jahres-Risiko für einen Suizidversuch lag in der Kopfschmerzgruppe bei 0,78 Prozent, verglichen mit 0,33 Prozent in der Kontrollgruppe. Das Risiko für vollendeten Suizid war ebenfalls erhöht: 0,21 Prozent der Kopfschmerzpatienten verstarben durch Suizid, während dieser Wert in der Kontrollgruppe bei 0,15 Prozent lag. Die statistischen Analysen zeigten, dass Personen mit Kopfschmerzen ein doppelt so hohes Risiko für einen Suizidversuch und ein um 40 Prozent erhöhtes Risiko für vollendeten Suizid aufzeigten.
Die Unterschiede zwischen den Kopfschmerzarten waren deutlich: Besonders Menschen mit posttraumatischen Kopfschmerzen oder Trigemino-autonomer Kopfschmerzerkrankung wiesen das höchste Suizid-Risiko auf. Auch bei Migräne und Spannungskopfschmerz war das Risiko erhöht, wenn auch weniger stark ausgeprägt.
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Kopfschmerzen erhöhen psychische Gefährdung
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Kopfschmerzerkrankungen nicht nur körperlich belastend sind, sondern auch mit einer erhöhten psychischen Gefährdung einhergehen. Besonders Menschen mit schweren Kopfschmerzsyndromen sollten hinsichtlich suizidaler Gedanken und psychischer Belastung gezielt untersucht und behandelt werden.
Die Studie legt nahe, dass eine verstärkte Integration psychologischer Betreuung in die Behandlung von Kopfschmerzpatienten wichtig sein könnte. Ärzte sollten sich der erhöhten Suizidalität bewusst sein und gegebenenfalls rechtzeitig psychiatrische oder psychologische Unterstützung anbieten.
„Wir wissen nicht genau, warum es einen Zusammenhang zwischen Kopfschmerzen und Suizid gibt, aber unsere Forschung legt den Grundstein für zukünftige Arbeiten über die komplizierte Beziehung zwischen Kopfschmerzen und anderen psychiatrischen Störungen. Starke Kopfschmerzen können zu Gefühlen der Hoffnungslosigkeit oder Demoralisierung oder Schlimmerem führen, wie wir herausgefunden haben“, erklärt die Erstautorin
Holly Elser in einer Pressemitteilung.4 „Es besteht eindeutig Bedarf an zukünftiger Forschung, um diesen Zusammenhang weiter zu untersuchen, und derzeit besteht eindeutig ein Bedarf an der sofortigen Identifizierung und Behandlung psychiatrischer Symptome bei unseren Kopfschmerzpatienten.“
Einordnung der Studie und mögliche Einschränkungen
Die Stärke dieser Studie liegt in ihrer großen Stichprobengröße und dem langen Beobachtungszeitraum. Durch die Verwendung nationaler Gesundheitsregister konnte sich ein umfassendes Bild über das Suizid-Risiko bei Kopfschmerzpatienten abzeichnen.
Es gibt jedoch einige Einschränkungen. Da die Studie auf Diagnosen aus Krankenhäusern und Fachkliniken basiert, könnten Patienten mit leichteren Kopfschmerzen, die nur in der hausärztlichen Versorgung behandelt wurden, nicht erfasst worden sein. Auch, dass man nur dänische Bürger einbezog, macht die Ergebnisse möglicherweise nicht auf andere Bevölkerungsgruppen übertragbar.
Zudem analysierte man Begleiterkrankungen wie Depressionen nicht gesondert, obwohl sie eine wichtige Rolle für Suizidalität spielen könnten. Schließlich handelt es sich um eine Beobachtungsstudie, sodass man keine direkten Rückschlüsse auf eine Kausalität ziehen kann. „Kopfschmerzen allein können anders behandelt werden als Kopfschmerzen in Verbindung mit anderen psychiatrischen Störungen. So erfordert die angemessene Behandlung von Depressionen oft höhere Dosen von Antidepressiva als bei Kopfschmerzen allein oder es wird eine ganz andere Medikamentenklasse verwendet“, so Elser. „Unsere Analyse kann Klinikern helfen, ihre Patienten mit allen Arten von Kopfschmerzen besser zu behandeln, indem sie sowohl ihre psychische Behandlung als auch ihre Kopfschmerzsymptome berücksichtigen.“
Trotz dieser Einschränkungen liefern die Ergebnisse wertvolle Hinweise für die klinische Praxis. Sie zeigen, dass Kopfschmerzpatienten eine besonders gefährdete Gruppe darstellen, die einer intensiveren psychologischen Betreuung bedarf.
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Hilfe für Betroffene
Die „Deutsche Depressionshilfe“ rät, Betroffene offen darauf anzusprechen und ihnen bei Bedarf dabei zu helfen, einen Arzt oder Psychotherapeuten zu kontaktieren. Manchmal kann es auch notwendig sein, sie in eine psychiatrische Notfallambulanz zu bringen. Sollten Sie selbst Suizidgedanken haben: Die Telefonseelsorge unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 ist kostenfrei und steht rund um die Uhr zur Verfügung. Bei ernsten psychischen Notfällen erhalten Sie unter der Nummer 113 Hilfe. Holen Sie sich bitte Hilfe!