17. Mai 2023, 16:50 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Nach einem langen Arbeitstag bei zarten Klängen entspannen – ein Trend, der sich Sound Bath nennt und hinter dem sich eine Klangtherapie verbirgt. FITBOOK-Redakteurin Melanie hat ihn ausprobiert und war überrascht. So beruhigend war das Erlebnis mit den Klangschalen nämlich gar nicht.
„Wenn es euch zu viel wird, dann öffnet zwischendurch die Augen und orientiert euch wieder im Raum“, so der Ratschlag der Kursleiterin vor Beginn der Klangtherapie. Und meine erste Ahnung, dass ich mir die Erfahrung eines Sound Bath womöglich falsch vorgestellt haben könnte. Ein Gefühl, das folgende Worte noch verstärkten: „Versucht, euch durch den Moment hindurch zu atmen.“ Worauf hatte ich mich hier eingelassen?
Übersicht
Auf Stille folgt der Klang
Dann hieß es für alle Teilnehmer im stilvoll eingerichteten Yoga-Raum: hinlegen und eine relaxte Position für sich finden. Denn man sollte sich während des Sound Bath so wenig wie möglich bewegen. Bei dieser Bitte der Kursleiterin merkte ich fast schon, wie mein Kopf anfing, zu jucken – oder war es mein Bein? Aber ans Meditieren hatte ich mich in den letzten Jahren schon gut herantasten können. Da würde ich ja wohl 30 Minuten zu schönen Klängen still liegen bleiben können.
Als alle ruhig lagen, trat zunächst Stille ein. Vielleicht in der Erwartung an die bald kommenden Geräusche nahm ich diese sehr bewusst wahr. Dann ging es los – mit den ersten zarten Klängen, dann mit lauteren, mal höher, mal tiefer, mal kürzer, mal langanhaltend und ineinander fließend.
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Mir „schnürt sich der Hals zu“
Bald schon spürte ich die Klänge im gesamten Körper. Zwischendurch war die Stimme der Kursleiterin mit sanften Anweisungen zu hören: „Konzentriert euch auf die Stellen eures Körpers, die den Boden berühren. Fahrt diese mit eurem Atem im Geist jetzt von den Füßen nach oben entlang – und wieder zurück.“ Für mich keine einfache Aufgabe, da die auf- und abebbenden Klänge mich immer wieder ablenkten und sogar ein Gefühl von leichtem Chaos in meinem Kopf auslösten. Und nicht nur das. Beim Höhepunkt der Therapie – dem Crescendo der Klänge quasi – schnürte sich mir regelmäßig der Hals zu. An tiefes Ein- und Ausatmen war da nicht zu denken.
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Warum ich das Sound Bath dennoch ein weiteres Mal machen würde
Als entspannend würde ich meine erste Erfahrung mit dem Sound Bath daher nicht beschreiben – sie war eher anstrengend. Klingt jetzt nicht danach, als hätte ich es genossen und würde in Erwägung ziehen, noch einmal an einer Klangtherapie teilzunehmen? Falsch. Denn nicht nur zum Ende hin, als die Klänge allmählich verklangen und wieder Stille einkehrte, sondern auch noch eine ganze Weile nach der Klangschalen-Session fühlte ich mich angenehm erschöpft und bereit, den Kopf auszuschalten und ins Bett zu gehen.
Da ich zudem von anderen Formen der Meditation weiß, dass ich persönlich als „Kopfmensch“ stets etwas Zeit brauche, um mich wirklich auf das Erlebnis einlassen und davon profitieren zu können, denke ich, dass mich weitere Sound-Bath-Erfahrungen womöglich erneut überraschen könnten. Eine weitere Session ist noch nicht fest in meinem Terminkalender eingeplant, aber sicher habe ich meine Gedanken nicht zum letzten Mal zu Klangschalen-Rhythem schweifen lassen.
Was Klangtherapie bewirken soll
Die Klangtherapie ist aus der Jahrtausende alten indischen Heilkunst entstanden. Dort glaubt man, dass wir Menschen selbst aus Schwingungen des Klangs entstanden sind. Entsprechend können Klänge die inneren Schwingungen in Harmonie bringen, was entspannen, die Kreativität fördern oder auch seelischen Frieden hervorrufen soll.1
Ausgebildete Klangtherapeuten oder -pädagogen können ihre Fähigkeit in unterschiedlichen Bereichen anwenden:
- im Rahmen von Stressprävention und -reduktion
- als Meditation oder autogenes Training
- zur Entspannung in der Beauty- und Wellness-Branche
- zur Linderung von körperlichen Schmerzen
- zur Reduktion von Ängsten
- in der pädagogischen Betreuung von Kindern/Jugendlichen mit Verhaltensauffälligkeiten oder zur Frühförderung
Sind die zugeschriebenen Wirkungen wissenschaftlich bewiesen?
Nein, in der Forschung kam man bisher zu keinem klaren Ergebnis bei der Frage, ob die von den Schalen erzeugten Klängen wirklich heilend auf den Menschen wirken. Studien konnten die Wirkungen bisher weder eindeutig belegen noch widerlegen.2 Am wahrscheinlichsten ist laut einer Untersuchung aus dem Jahr 2008 zum Effekt von Sound Bathing auf Schmerzen, dass dieser mit dem berühmten Placebo-Effekt vergleichbar ist. Glaubt man also fest daran, dann kann eine reale Wirkung eintreten.3
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Quellen
- 1. Terramedus – Akademie für Gesundheit. Klangtherapeut/in und -pädagoge/in. (aufgerufen am 17.5.2023)
- 2. Kah, R. Klangschalen Wirkung – gibt es einen messbaren Effekt? (aufgerufen am 17.5.2023)
- 3. Wepner, F., Hahne, J., Teichmann, A. et al. (2008). Quarzklangschalentherapie bei Wirbelsäulenbeschwerden und chronobiologische Vorgänge – eine randomisierte kontrollierte Studie. Forschende Komplementärmedizin / Research in Complementary Medicine.