
1. Dezember 2023, 4:42 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Unruhige oder kurze Nacht gehabt oder sogar durchgemacht? Dann sind Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten am nächsten Tag programmiert. Doch kann man diesen unerwünschten Folgen offenbar mit einer effektiven Maßnahme begegnen, die die Schlafträgheit innerhalb von 20 Minuten vertreibt. Und nein, die Rede ist nicht von einem Nickerchen. FITBOOK-Medizin-Redakteurin Melanie Hoffmann erklärt, was Forscher aus England in einer Studie herausgefunden haben.
Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, warum man unausgeschlafen aufwacht. Sie reichen von simplem zu spät ins Bett gehen, über häufiges Aufwachen oder Wachliegen, bis hin zu diagnostizierten Schlafstörungen. Sie alle führen in unmittelbarer Konsequenz dazu, dass man sich am nächsten Tag im Kopf wie benebelt fühlt, das Gehirn quasi nicht wachzuwerden scheint. Doch kann man den Schlafmangel bzw. seine Folgen ausgleichen? Viele Menschen versuchen das mithilfe von Powernaps oder längeren Nickerchen. Doch laut einer aktuellen Studie gibt es eine bessere Methode, die ebenfalls nicht viel Zeit beansprucht.
Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!
Übersicht
Sport ist gut fürs Gehirn
Wer möglichst lang ein gesundes Gehirn haben möchte, sollte sich ausgewogen ernähren und einen aktiven Lebensstil führen.1 Denn Sport – so zeigt es die Forschung – ist gut für unsere grauen Zellen. So fand eine Studie z. B. heraus, dass Laufen die Gedächtnisleistung fördert, während eine andere Untersuchung aufzeigte, dass Sport generell vor geistigem Verfall und damit womöglich vor Demenz schützen kann.2,3 Auch im Zusammenhang mit Schlaf konnten Forscher bereits aufzeigen, dass Sport positive Effekte hat. So kann insbesondere Krafttraining gegen Schlafstörungen helfen.4 Außerdem gibt es Hinweise, dass Sport Langzeitfolgen von schlechtem Schlaf wie das Risiko für Krebs senken kann (FITBOOK berichtete).5
Wissenschaftler der University Portsmouth in England untersuchten jetzt, ob Sport auch die kurzfristigen Folgen von Schlafmangel ausgleichen kann. Im Detail wollten sie die Wirkung von moderatem Training nach folgenden Schlafmangel-Szenarien ermitteln:
- 3 aufeinanderfolgende Nächte mit teilweisem Schlafentzug
- 1 Nacht mit komplettem Schlafentzug und Hypoxie (Sauerstoffunterversorgung)
Auch interessant: Der Einfluss von intensivem Training auf das Gehirn
Ablauf der Studie
Im Rahmen ihrer Studie führten die Wissenschaftler zwei Experimente durch, mit je zwölf Probanden. In beiden ermittelten sie in verschiedenen Phasen mithilfe von sieben Aufgaben zur exekutiven Funktion die Gehirnleistung der Studienteilnehmer.6
Im ersten Experiment machten die Probanden die Aufgaben vor und nach drei Nächten, in denen sie zu wenig (4 bis 5 Stunden) geschlafen hatten. Am Tag nach dem Schlafmangel gab es zwei Szenarien, in denen sie die Aufgaben machten: einmal ohne Sport und einmal mit 20 Minuten Training bei mittlerer Intensität auf einem Indoor-Bike.
Das zweite Experiment lief ähnlich ab. Der Unterschied: Die Probanden hatten eine Nacht gar nicht geschlafen und wiesen einen Sauerstoffmangel auf. Die Vergleichsgruppe bildeten Personen, die normal geschlafen hatten und sich deshalb im Zustand der Normoxie (so nennt man Normalzustand der Sauerstoffversorgung bei einem gesunden Menschen) befanden.
Trainieren Sie gerne im Gym und sind von so manchen Marotten der anderen Mitglieder genervt? Dann machen Sie mit bei unserer FITBOOK-Umfrage.
20 Minuten Training gegen Schlafmangel
Die Studie kam zu interessanten Erkenntnissen. Zum einen zeigte sich – wenig überraschend – dass eine Nacht ohne Schlaf die Gedächtnisleistung beeinträchtigt. Bei den Probanden, die drei Nächte lang kurz schliefen (4 bis 5 Stunden) war das Ergebnis bezüglich der exekutiven Funktion des Gehirns nicht so eindeutig. So zeigten sich bei einigen Personen stärkere Effekte als bei anderen. Die Forscher vermuten deshalb, dass Menschen verschieden anfällig für die negativen Folgen von kürzeren Schlafzeiten sind. Oder anders: Manche können besser mit wenig Schlaf auskommen als andere – vermutlich weil sie generell ein geringeres Schlafbedürfnis haben. Im Durchschnitt schien eine Nacht mit wenig Schlaf nur eine minimale negative Auswirkung zu haben.
Für jegliches Untersuchungsszenario mit Schlafmangel (4 bis 5 Stunden Schlaf, gar kein Schlaf) galt aber: Das 20-minütige Training verbesserte die beeinträchtigte Gedächtnisleistung (im Vergleich zu der Leistung der Probanden, die kein Training gemacht hatten.) Dies galt sogar für die Personen, die aufgrund ihres gestörten Schlafs einen Sauerstoffmangel aufwiesen.
Besser ein- und durchschlafen – Tipps vom Experten
„Nur über Entspannung führt der Weg zum Schlaf“, erklärte Diplom-Psychologen Dr. Hans-Günter Weeß, Buchautor und Leiter des Schlafzentrums am Pfalzklinikum in Klingenmünster, auf FITBOOK-Nachfrage. „Anspannung und Stress sind der Feind des Schlafes.“
Seine praktischen Tipps lauten daher:
– Handy weglegen
– sich entpflichten
– nicht an das Schlafen denken
– Zubettgeh-Rituale einführen
– Alkohol meiden
– Schlafzimmeratmosphäre schaffen
– wenn möglich dem Partner näher kommen
– kurze Powernaps halten
– regelmäßige Schlafzeiten einhalten
– ruhig werden
– mit Experten arbeiten
– Körperliche Beschwerden behandeln
Auch interessant: Schlafmangel macht Menschen egoistisch
Weitere Forschung soll das „Wie“ klären
Menschen, die sich müde fühlen, weil sie nicht gut geschlafen haben, sollten sich gemäß der aktuellen Studienergebnisse als eher nicht hinlegen zwischendurch, sondern – im Gegenteil –eine kurze Trainingseinheit absolvieren.
Zur Einordnung der Studie muss jedoch erwähnt werden, dass die Experimente mit nur wenigen Probanden gemacht wurden. Weitere Forschung ist daher nötig, um die Erkenntnisse zu bestätigen. Die Wissenschaftler selbst weisen darauf hin, dass sie weiter zum Zusammenhang von Schlafmangel, Sport und Gehirnleistung forschen wollen, um die genauen Mechanismen im Körper zu verstehen. Denn wie genau Training im Körper wirkt, sodass es die exekutiven Beeinträchtigungen, die durch Schlafmangel entstehen, ausgleicht, können sie nach aktuellem Wissensstand nicht erklären.

Erholung nach Schlafdefizit Kann man Schlaf nachholen? Studie gibt Antwort

Studie Der Einfluss von intensivem Training auf das Gehirn
