10. Juni 2020, 17:00 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Forscher aus London haben herausgefunden, dass auch die Art zu denken in puncto Demenz und Alzheimer eine wesentliche Rolle spielt. Das gelte sowohl für den Krankheitsverlauf als auch für die Wahrscheinlichkeit, überhaupt erst zu erkranken.
Bis heute wissen Mediziner nicht sicher, was Alzheimer auslöst. Allerdings kommen mehr und mehr mögliche Faktoren ans Licht, die für die Entstehung der neurodegenerativen Erkrankung zumindest mitverantwortlich sein dürften bzw. den Krankheitsverlauf beeinflussen könnten. Erst kürzlich gab die Weltgesundheitsorganisation WHO eine offizielle Leitlinie heraus, die dem Abbau der kognitiven Fähigkeiten entgegenwirken soll – FITBOOK berichtete. Darin ging es um die Bedeutung von Sport und Denksportaufgaben, um die geistige Gesundheit zu fördern, sowie um negative Einflüsse durch Tabak und Alkohol.
Ähnlich wichtig ist offenbar unsere Gedankenwelt – sowohl bei der Vorbeugung von Alzheimer als auch bei seinem Verlauf. Das vermelden aktuell britischen Forscher.
Sorgen verschlechtern Alzheimer-Verlauf
Ihre Erkenntnisse haben die Wissenschaftler vom Londoner University College im Fachblatt „Alzheimer’s & Dementia“ veröffentlicht. Sie hatten insgesamt 292 Probanden wiederholt ausführlich befragt und körperlich untersucht. Es zeigte sich: Diejenigen von ihnen, die mit RNT („repetitive negative thinking“, also wiederholtem negativen Denken) aufgefallen waren, erkrankten mit einer größeren Wahrscheinlichkeit an Alzheimer. Bei denen, die bereits mit der Krankheit diagnostiziert waren, verschlechterte sich der Zustand schneller.
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Was genau bewirken negative Gedanken?
Wie die Studienautoren in der Untersuchungszusammenfassung erklären, konnten bei den Probanden mit einem Hang zu negativem Denken erhöhte Amyloid- und Tau-Spiegel festgestellt werden – also ein größeres Vorkommen von alzheimertypischen Eiweißablagerungen im Gehirn. Sie werden mit dem fortschreitendes Nachlassen der kognitiven Fähigkeiten in Verbindung gebracht.
Es sei bereits bekannt gewesen, dass psychische Vorerkrankungen wie Angstzustände und Depressionen die Wahrscheinlichkeit auf Alzheimer und Demenz erhöhen können. Dass aber bereits bestimmte Denkmuster einen solchen Einfluss haben können, ist den Forschern zufolge eine neue Erkenntnis.
Positiv denken kann man lernen
Natürlich gibt es Phasen, in denen positives Denken schwerfällt, und die dann aber auch keinen dauerhaften Einfluss auf die mentale Gesundheit haben sollen. Dass wir dazu neigen, auf der Hut bis sorgenvoll zu sein, sei unserem evolutionär bedingten „katastrophischen“ Gehirn zu verdanken. Das erklärt im Gespräch mit FITBOOK der Bremer Altersforscher Sven Voelpel. „Wir sind von Natur aus negativ eingestellt und auf Alarmbereitschaft. Es drohte schließlich jederzeit ein Angriff durch einen Säbelzahntiger“, sagt Voelpel.
Es sei zwar nicht ganz leicht, aber man könne sich dieses negative Denken abtrainieren – und damit sogar seine Lebenserwartung erhöhen. Das erklärt uns der Experte anhand von Beobachtungen und Studien. Zur Umprogrammierung der Denkmuster empfiehlt er etwa, sich jeden Abend die schönsten Erlebnisse des Tages ins Gedächtnis zu rufen oder an Dinge zu denken, für die man dankbar ist.
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Ins Positive steuern – ggf. mit Hilfe
Was negative, aber auch positive Gedanken betrifft, erinnert Voelpel an die Theorie der selbsterfüllenden Prophezeiung. Wer davon überzeugt ist, sein Gedächtnis funktioniere gut, der könne sich Dinge auch besser einprägen. Das gilt bedingt wohl auch bei Alzheimer.
Wenn negative Gedankenmuster sich zu stark manifestiert haben, raten die Londoner Studienautoren zu Gesprächstherapie und/oder gezielten Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen.