8. Juli 2024, 20:03 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wenn Soldaten an Schlafmangel leiden, geht das auf Kosten ihrer körperlichen und geistigen Fitness. Und das kann in brenzligen Situationen fatale Folgen haben. Deswegen haben Wissenschaftler des US-Militärs eine Methode entwickelt, um in Extremsituationen innerhalb von zwei Minuten einschlafen zu können. Ob sie funktioniert – und das gar bei jedem? Das wollte FITBOOK-Autorin Laura Pomer von einem Schlafforscher wissen.
Beim Militär sieht und erlebt man Dinge, die einen um den Schlaf bringen. Und nicht nur die bloße Erinnerung: Auch das, was in der Nacht passiert, kann Soldaten daran hindern, sich zu erholen. Schlafmangel und Übermüdung haben schon in vielen Kriegen zu fatalen Fehlentscheidungen geführt. Um das zu vermeiden, wurde eine wissenschaftliche Methode entwickelt, wie u. a. Fitness-Experte Justin Agustin in einem TikTok-Clip beschrieben hat: eine zweiminütige Routine, mit der man Tag und Nacht, in jeder Situation und unabhängig von der Geräuschkulisse Schlaf finden können soll.
Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!
Übersicht
Erfolgsquote soll bei 96 Prozent liegen
Sechs Wochen habe es gedauert, bis die Maßnahme so ausgefeilt gewesen sei, dass sie bei 96 Prozent der Kampfflieger funktionierte. Das bedeutet, gemäß einem Bericht des Medien-Portals „Medium“: „Wenn Sie diese Schritte befolgen, wird das Einschlafen auch für Sie ein Klacks.“ Auch Justin Agustin erklärt, dass die Methode funktionieren solle, nachdem man sie sechs Wochen lang geübt und verinnerlicht habe. Aber stimmt das wirklich?
Auch interessant: Die perfekte Schlafdauer für Babys, Teenager, Erwachsene, Senioren
Einschlafen in 2 Minuten: Der Trick des US-Militärs erklärt in fünf Schritten
1. Suchen Sie sich einen möglichst bequemen Platz
Die Piloten, an denen die Übungen erprobt wurden, sollen aufrecht im Stuhl gesessen haben und konnten wohl nicht mal ihre Beine ausstrecken (Economy-Class-Urlauber werden hier bestimmt hellhörig). Anders gesagt: Dieser Trick soll überall funktionieren. Also: Bringen Sie sich auf einer Sitz-, Lehn- oder Liegegelegenheit einfach in eine möglichst komfortable Position.
2. Beginnen Sie im Gesicht
Wer es geschafft hat, sein Gesicht vollständig zu entspannen, soll seinem Körper so signalisieren, dass er es ihm nachtun soll. In diesem Sinne: die Augen schließen, bewusst Stirn, Wangen und Kiefer entspannen und dabei auf den Atem fokussieren, also tief ein- und ausatmen.
3. Oberkörper entspannen
Lassen Sie die Schultern herabsenken („sichergehen, dass sie entspannt sind“, erklärt Justin Augustin). Konzentrieren Sie sich nun auf Ihre Nackenpartie, die sich komplett reglos anfühlen soll. Nun geht’s an die Armarbeit. Je nachdem, ob Sie Rechts- oder Linkshänder sind, mit dem entsprechenden dominanten Arm beginnen und ihn bewusst hängen lassen. „Wenn keine Entspannung einsetzt, spannen Sie die Armmuskulatur fest an und lassen dann locker“, empfiehlt die Autorin von „Medium“. Der eine zuerst, dann der andere: Von oben angefangen bis in die Fingerspitzen sollen sich Ihre Arme komplett taub anfühlen.
4. Die Beine ablegen
Richten Sie alle Empfindungen auf Ihren rechten Oberschenkel. Wenn er sich anfühlt wie ein lebloser Körperteil, weiter zum Unterschenkel gehen, dann den Knöchel und den rechten Fuß lockerlassen. Die gleichen Befehle nun an das linke Bein senden. „Fühlen Sie, wie die Muskeln taub werden, als würden Ihre Beine in den Boden einsinken.“
Den Kopf ausschalten
Wenn Sie körperlich zur Ruhe gekommen sind, gilt es, auch die Gedanken auszuschalten. Und das ist bekanntlich nicht so einfach. Zum Glück sollen hier zehn Sekunden Geistesabwesenheit reichen: „Das ist alles. Nicht daran denken, was den Tag über schiefgegangen ist, wann Sie aufstehen müssen oder Zeit finden, Ihren Partner anzurufen.“ Jede dieser Überlegungen würde laut „Medium“ (ungewollte) körperliche Reaktionen erzeugen. Helfen kann außerdem, sich ein beruhigendes Szenario vorzustellen: Man treibt in einem Kanu auf einem stillen See oder liegt in einer Hängematte in einem vollkommen dunklen Raum.
Auch interessant: 12 Tipps vom Schlafexperten für eine erholsame Nacht
FITBOOK sucht das meist genutzte Equipment im Fitnessstudio. Machen Sie mit bei der Umfrage!
Einschlafen mit dem Trick des Militärs: Das sagt der Schlafmediziner
Die Methode des US-Militärs soll sich also im Ernstfall bei Soldatinnen und Soldaten bewährt haben. Aber sollte sich generell jeder etwas davon versprechen? Der Kölner Somnologe und Schlafmediziner Dr. Michael Feld erkennt die Methode als eine abgewandelte Form der progressiven Muskelentspannung nach Jacobson. „Ihr Effekt basiert darauf, dass man den Kopf verlässt und sich aktiv auf den Körper konzentriert“, erklärt Feld auf FITBOOK-Nachfrage.
Der Experte weiß, dass viele Menschen darüber klagen, aufgrund kreisender Gedanken nicht einschlafen zu können. Somit gehe es bei Muskelentspannungsübungen in erster Linie um das Verlassen des Kopfes in Richtung Körper. „Der Trick ist, die Muskeln zuerst stark anzuspannen“, erklärt uns der Fachmann. Durch die Diskrepanz sei die anschließende Entspannung umso stärker. „Das kann manchen Menschen in bestimmten Situationen etwas bringen. Und anderen wiederum nicht.“ Ob und wie stark jemand auf das Prinzip Muskelrelaxation reagiert, sei absolut typabhängig.
Die Erfolgsquote beträgt in Wahrheit sehr wahrscheinlich keine 96 Prozent, wie im Beitrag auf „Medium“ behauptet wird. Und dass man sich damit easy in den Schlaf wiegen kann, selbst wenn es um einen herum laut und stressig zugeht, trifft auf viele Menschen bestimmt auch nicht zu bzw. benötigt viel Übung. Dennoch: Falls Sie öfter an Einschlafproblemen leiden, ist der Militärtrick auf jeden Fall einen Versuch wert – und in jedem Fall kostengünstiger und mit weniger Nebenwirkungen verbunden als ein Schlafmittel.
Innerhalb von Sekunden Diese 3 Methoden helfen effektiv beim Einschlafen
Gedankenkarussell durchbrechen Experten geben Tipps gegen Schlafprobleme in der Pandemie
Schlafstörungen Experte gibt Tipps zum besseren Einschlafen
Von schlechtem Schlaf nicht stressen lassen
Kardiologe Dr. Olaf Göing betonte im Gespräch mit FITBOOK zwar die Wichtigkeit von Schlaf – ebenso aber, dass man sich nicht verrückt zu machen brauche, selbst wenn man eine Nacht mal gar nicht geschlafen habe. Er rät, sich das auch immer wieder selbst vorzusagen, um den Druck aus der Situation zu nehmen. Seine Tipps gegen schlaflose Nächte finden Sie hier.