23. November 2019, 9:03 Uhr | Lesezeit: 2 Minuten
Jungs können besser rechnen und Mädchen glänzen dafür in Kunst oder Deutsch – so zumindest ein gängiges Vorurteil. Ob an diesen geschlechtsspezifischen Unterschieden wirklich etwas dran ist, haben US-Forscher nun untersucht: indem sie die Hirnaktivitäten bei Schülerinnen und Schülern verglichen haben.
Selbst unter Wissenschaftlern hält sich hartnäckig die These, dass Frauen nicht so gut mit Zahlen umgehen können wie Männer, weil ein weibliches Gehirn anders strukturiert sei als ein männliches. Deshalb würden eher Männer Berufe mit einem technischen oder naturwissenschaftlichen Hintergrund wählen.
Untersuchung von Hirnscans
Ein Forscherteam um Jessica Cantlon von der Carnegie Mellon University in Pittsburg (USA) wollte es genauer wissen und befasste sich für ihre Untersuchung mit neuronalen Prozessen bei 55 Mädchen und 49 Jungen im Alter von drei bis zehn Jahren. Sie setzten den Kindern Videos mit mathematischen Themen vor (zum Beispiel zum Thema Zählen oder Addieren) und maßen währenddessen die Hirnfunktionen mithilfe eines Hirnscans (MRT). Anschließend verglichen die Wissenschaftler die Scans der Kinder mit denen von 63 Erwachsenen (25 Frauen, 38 Männer), die dieselben Videos gesehen hatten.
Zu welchem Ergebnis kommen die Forscher?
Selbst nach zahlreichen statistischen Vergleichen konnten Cantlon und ihr Team keinen Unterschied in der Gehirnentwicklung von Mädchen und Jungen feststellen. Ebenso wenig konnten sie einen Unterschied hinsichtlich der Verarbeitung mathematischer Fähigkeiten erkennen. Die Kinder seien beim Ansehen der Lehrvideos auch gleichermaßen engagiert gewesen, so die Forscher. Bedeutet: Was Zahlen angeht, ticken Mädchen und Jungen gleich. Die Studie wurde im Fachmagazin „Science of Learning“ veröffentlicht.
Auch interessant: Warum Kinder nicht zu lange auf den Display schauen sollten
Entwicklungsstörungen Forscher identifizieren überraschenden Risikofaktor für Autismus bei Jungen
Forscher behaupten Frauen- und Männergehirne altern unterschiedlich
Auch Nichtraucherinnen Frauen haben höheres Risiko für Lungenkrebs als Männer – Forscher finden mögliche Erklärung
Unterschied kulturell bedingt
Dass der Erfolg in Mathe im Geschlecht begründet sei, sehen die Forscher als widerlegt an. Nicht aber den Mythos des Rollenklischees – und den damit verbundenen Erwartungen an die Leistungen in Mathe und Naturwissenschaften: Mädchen werde hier nach wie vor zu wenig zugetraut. Wenn mehr Männer eine Karriere im naturwissenschaftlichen Bereich anstreben, stünden dahinter eher gesellschaftlich vorgefasste Vorstellungen. Jungen stünden unter größerem Druck als Mädchen, eine Karriere mit einer höheren finanziellen Belohnung zu wählen.
Auch interessant: Immer mehr Kinder leiden an Kopfschmerzen
Als nächstes wollen Cantlon und ihr Team dieselben Kinder über einen längeren Zeitraum hinweg testen. Dann sollen kompliziertere mathematische Fähigkeiten untersucht werden, beispielsweise räumliche Verarbeitung und Gedächtnisleistungen.