3. September 2021, 14:07 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Mit sich und seinem Körper im Reinen zu sein – das ist häufig gar nicht so einfach. Wie sehr man sein eigenes Aussehen mag oder nicht, hängt offenbar auch von unbewussten Prozessen im Körper ab. Genauer: von Darm und Herz.
Dass man an einem Tag so richtig selbstbewusst das Haus verlässt, während man am nächsten Tag selbstkritisch und unzufrieden vor dem Spiegel steht, ist wohl normal. Doch gibt es auch Menschen, die ihren Körper und ihr Aussehen grundsätzlich negativ betrachten und sogar Scham empfinden. Britische Forscher fanden im Rahmen einer kleinen Studie jetzt Belege, dass dieses Körperbild vom Darm und Herz mitbeeinflusst werden könnte.
Übersicht
Was haben Darm und Herz mit dem Körperbild zu tun?
Warum haben manche Menschen einen so viel negativeren Blick auf sich selbst als andere? Was funktioniert bei ihnen im Gehirn vielleicht anders als bei mit sich zufriedenen Personen? Ein Team von Psychologen und Neurowissenschaftlern der Anglia Ruskin University (England) fand nun heraus, dass es offenbar einen Zusammenhang gibt zwischen den Signalen, die von Darm und Herz ausgehen, wie gut das Gehirn sie erkennt und der Wahrnehmung des eigenen Körpers.
Studie testet das Körperbild von 36 Teilnehmern
Im ersten Teil der Studie fragten die Wissenschaftler bei den Probanden ihr Körperbild ab: inwiefern sie ihren Körper wertschätzen, wie sie die Funktionalität ihres Körpers beurteilen und inwiefern sie sich mit ihrem Gewicht beschäftigen. Im zweiten Teil der Studie wollten die Forschenden den körperlichen Prozessen, die vielleicht dabei eine Rolle spielen könnten, auf den Grund gehen.1
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Aktivitäten von Darm, Herz und Gehirn gemessen
Dafür maßen die Studienleiter im nächsten Schritt die Signale in den Körpern der Probanden. Im Fokus standen der Darm und das Herz. Sie senden Botschaften, die vom Nervensystem interpretiert und ans Gehirn weitergegeben werden. Das geschieht zu einem großen Teil unbewusst – wir bekommen es also gar nicht mit. Um diesen Prozess „sichtbar“ zu machen, erfassten die Forschenden die elektrischen Aktivitäten zwischen Darm und Gehirn und Herz und Gehirn. Genauer: Wie stark das Gehirn auf die Impulse des jeweiligen Organs reagiert. Anschließend prüfen sie, ob sich ein Zusammenhang zwischen den Ergebnissen dieser Messungen und dem Körperbild der Teilnehmer erkennen ließ.
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Wie gut das Gehirn auf Darm und Herz reagiert, beeinflusst das Körperbild
Tatsächlich konnten die Forschenden feststellen, dass die Probanden, deren Gehirnaktivitäten in Bezug auf die Signale von Darm und Herz schwächer waren, auch ein schlechteres Körperbild aufwiesen. Sie empfanden mehr Scham, was ihr Aussehen betrifft, und beschäftigten sich deutlich mehr mit ihrem Gewicht. „Es könnte sein, dass sich unser Gehirn mehr auf den äußeren Körper fokussiert, wenn er eine schwächere Verbindung zum inneren Körper hat“, erklärt Studienautorin Dr. Jane Aspell in einer Universitäts-Pressemitteilung. „Dadurch wird das äußere Erscheinungsbild sehr viel wichtiger für die Selbstbeurteilung.“2
Verbindung von Gehirn und inneren Organen weiter untersuchen
Die Erkenntnisse der Studie belegen, dass manche Gehirne offenbar besser mit den Signalen der inneren Organe umgehen können als andere. Und das genau dies zu Körperbildstörungen führen kann. Mit weiterer Forschung hoffen Dr. Aspell und ihr Team, diesen Zusammenhang noch besser verstehen und vielleicht sogar für Früherkennung und Behandlungen nutzen zu können: „Die Messungen der Darm- und Herzsignale, die wir in unserer Studie verwendet haben, könnten wir womöglich auch als Biomarker einsetzen. Sie könnten helfen, ein negatives Körperbild und damit einhergehende Krankheiten wie Essstörungen zu identifizieren oder sogar vorherzusagen.“
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Quellen
- 1. Aspell JE, Todd J, Cardellicchio P et al. Weaker implicit interoception is associated with more negative body image: Evidence from gastric-alpha phase amplitude coupling and the heartbeat evoked potential. Cortex (2021)
- Gut and heart signals affect how we see ourselves. Anglia Ruskin University (2021)