10. Juli 2022, 17:28 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Hunger macht schlechte Laune. Warum ist das so? Jetzt finden Forscher endlich eine Erklärung dafür, warum manche Menschen „hangry“ werden.
„Hangry“ ist eine Zusammensetzung aus den englischen Begriffen „hungry“ und „angry“ und wird gerne als Ausrede benutzt, wenn man lange nichts gegessen hat und deshalb äußerst gereizt auf sein Umfeld reagiert. Dabei ist der Zustand keine Ausrede, sagen jetzt britische und österreichische Forscher. Diese sind dem Phänomen erstmals außerhalb von Laborbedingungen auf den Grund gegangen und so gibt es für den Hangry-Zustand eine logische Erklärung.
Übersicht
64 Erwachsene notieren 28 Tage lange ihre Hungergefühle
Ein Forscherteam der britischen Anglia Ruskin University und der Karl Landsteiner Universität für Gesundheitswissenschaften in Österreich rekrutierte für ihre Untersuchung 64 erwachsene Frauen und Männer. Die Teilnehmer wurden nun gebeten, fünfmal täglich ihre Gefühle und ihren Hunger auf einer Smartphone-App zu melden. Da sie dies am Arbeitsplatz oder zu Hause erledigen konnten, konnte die Datenerfassung relativ alltagsgetreu stattfinden. Die Ergebnisse der Studie wurden aktuell in der Fachzeitschrift „PLOS ONE“ veröffentlicht.1
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Hunger macht wütend, reizbar – aber auch glücklich
Nach der Auswertung der Daten zeigte sich mehr als deutlich: Hunger sorgt für extreme Stimmungsschwankungen. Dabei herrschten bei den Probanden drei Gefühle vor, nämlich Wut, Reizbarkeit und Freude. „Indem wir Menschen in ihrem täglichen Leben verfolgten, stellten wir fest, dass Hunger mit Wut, Reizbarkeit und Vergnügen zusammenhängt“, heißt es in einer Universitätsmitteilung.2 Letzteres ist weniger überraschend als gedacht, denn die Aussicht auf sein Lieblingsessen oder ein Restaurantbesuch kann durchaus für gute Laune sorgen. Allerdings blieben die negativen Gefühle vorherrschend, so die Forscher.
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Welche Erklärung Forscher für den Hangry-Zustand haben
„Es gibt eine physiologische Erklärung, warum manche Menschen wütend, also hangry werden, wenn sie hungrig sind“, erklärt die Wissenschaftlerin Christine Lee gegenüber der „Cleveland Clinic“.3 „Wenn Sie eine Weile nichts gegessen haben, sinkt der Blutzuckerspiegel.“ Dies löse eine Kaskade von Hormonen aus, darunter Cortisol (ein Stresshormon) und Adrenalin (das Kampf-oder-Flucht-Hormon). Und diese Freisetzung kann bei manchen Menschen Aggressionen hervorrufen. Dies erkläre auch, warum hungrige Kinder schlechter in der Schule sind oder Mitarbeiter weniger produktiv werden, wenn sie nichts gegessen haben.
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Was wir daraus lernen können
Die kleine Studie ist für die beteiligten Forscher deshalb wichtig, weil die Erkenntnisse dabei helfen können, negative Gefühle abzumildern. Indem wir erkennen, dass wir wütend sind, weil wir hungrig sind, verliere der Zustand seine Wucht. „Daher könnte ein größeres Bewusstsein dafür, hangry zu sein, die Wahrscheinlichkeit verringern, dass Hunger zu negativen Emotionen führt“, schließt Hauptautor Viren Swami. Es gibt also eine medizinische Erklärung für hangry. Allerdings ist dieser Zustand nicht gesundheitsschädlich. Den Mechanismus dahinter zu durchschauen, ist die beste Methode, seinen durch Hunger ausgelöste Reizbarkeit in den Griff zu bekommen.
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Quellen
- 1. Swami, V, Hochstöger, S, Kargl, E, Stieger, S (2022) Hangry in the field: An experience sampling study on the impact of hunger on anger, irritability, and affect. PLoS ONE
- 2. Anglia Ruskin University (2022): Hunger really can make us feel ‘hangry’ – study
- 3. Cleveland Clinic health essentials: Is Being ‘Hangry’ Really a Thing ― or Just an Excuse? (aufgerufen am 8. Juli 2022).