21. Mai 2023, 20:43 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wahrscheinlich hat schon jeder mal es erlebt: Man möchte einschlafen, doch statt in die Traumwelt zu versinken, ist der Geist hellwach und macht sich Gedanken. Tatsächlich kann es dann sinnvoll sein, etwas zu tun, was zunächst wenig plausibel klingt.
Erwachsene benötigen zwischen sieben und neun Stunden Schlaf. In der Regel bedeutet dies: zwischen 22 und 23 Uhr ins Bett gehen und zwischen 5 und 8 Uhr aufstehen. Doch während manche in der Lage sind, direkt einzuschlafen, bleiben andere nach dem Zubettgehen wach und grübeln. Manchmal kann dieses Grübeln Stunden andauern und das Einschlafen bis in die Morgenstunden hinauszögern – mit der Folge, dass man sich tags darauf übernächtigt aus dem Bett quälen muss und nicht voll leistungsfähig ist. Doch was tun, wenn sich das Gedankenkarussell dreht?
Übersicht
Ist das Grübeln noch normal oder schon ein Problem?
Zunächst einmal gilt: Grübeln ist etwas ganz Normales und muss auch nicht zwingend zum Problem werden. „Jeder Mensch grübelt mal und denkt nach ohne zum Schluss zu kommen.“ Das sagt Prof. Dieter Riemann, Leiter der Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg. Wichtig ist aber laut dem Psychologischen Psychotherapeuten Markus B. Specht, dass man dieses Grübeln nicht mit ins Bett nimmt. Specht leitet das Zentrum für interdisziplinäre Schlafmedizin der DKD Helios Klinik Wiesbaden. Denn: So ein Gedankenkarussell kann Schlafstörungen und Leidensdruck verursachen.
Grübeln bedeutet laut Dieter Riemann, dass man in Gedankenschleifen festhängt, die nicht zu einem Ziel oder zu einer Lösung führen. Das Gedankenkarussell dreht sich immer weiter. Die Gedanken sind meistens negativ – Sorgen, Ängste, „Was wäre wenn?“.
Viele Menschen geraten abends und nachts ins Grübeln. Das liegt daran, dass man sich dann im Übergang zum Schlaf befindet, so Riemann. Man ist nicht – wie tagsüber – abgelenkt. So kommen oftmals auch die Themen hoch, die man während des Tages verdrängt hat.
Das muss nicht automatisch ein Problem sein. Manche lassen den Tag Revue passieren, was den Übergang in den Schlaf mitunter sogar fördern kann. Ein Leidensdruck entsteht aber, wenn das Grübeln lange andauert und immer wieder beim Einschlafen hindert. Sollte man diese schlaflosen Stunden tagsüber geistig und körperlich merken, kann das den Alltag stark einschränken. Ebenso ein Warnsignal ist es, wenn man nur noch mit Kaffee oder anderen koffeinhaltigen Getränken imstande ist, durch den Tag zu kommen.
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Tipps und Methoden, um das Grübeln beim Einschlafen zu vermeiden
Aber wie lässt sich das Grübeln beim Einschlafen vermeiden? Hier gibt es mehrere Tipps:
- Das Gedankenkarussell gar nicht erst mit ins Bett nehmen. So kann man sich zum Beispiel eine gewisse Zeit vor dem Schlafengehen hinsetzen und darüber nachdenken, was einen beschäftigt und was aktuell Probleme bereitet. Es kann auch helfen, diese Gedanken aufzuschreiben.
- Aufstehen und etwas anderes machen. Bevor man sich ewig im Bett wälzt, ist es besser, den Reset-Knopf zu drücken. Es kann schon helfen, sich auf die Couch zu setzen und dort zu grübeln. „Man muss diese Kopplung zwischen Grübeln und Bett unterbrechen, denn das Bett ist nur zum Schlafen da“, sagt Markus B. Specht.
- Eine Nacht durchmachen. Diese etwas radikalere Methode führt dazu, dass der Körper am nächsten Tag laut Specht so schläfrig sein wird, dass das Einschlafen dann leichter fällt. Von dieser Methode ist aber dringend abzuraten, wenn man zum Beispiel am nächsten Tag Auto fahren muss.
- Abstand nehmen von Bildschirmen. Das bedeutet: kein Smartphone oder Fernsehen zum Einschlafen. Das sind zu viele Eindrücke kurz vor dem Schlafengehen. Manchen hilft das Schauen einer Serie oder eines Films zwar beim Einschlafen, aber der Schlaf ist dann meist weniger entspannend, weil das Gesehene in der Nacht verarbeitet wird. Und zum Smartphone sagt Dieter Riemann: „Wenn ich das Handy am Bett liegen habe und es vibriert immer, wenn eine Botschaft reinkommt, dann ist das natürlich auch etwas, was mich vom Schlaf abhält.“
Stressen Sie sich nicht!
Laut Riemann sollte man sich selbst nicht stressen, wenn es mit dem Einschlafen mal nicht so klappt, wie man es sich vorstellt. Denn so verschlimmert man die Lage eventuell. Wer nachts andauernd auf die Uhr schaut, macht sich nur zusätzlich Druck, unbedingt einschlafen zu müssen. Deshalb kann es auch von Vorteil sein, alle sichtbaren Uhranzeigen aus dem Schlafzimmer zu verbannen.
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Auch kann man sich klarmachen, dass es nicht schlimm ist, mal etwas weniger Schlaf zu bekommen als sonst. Solche positive Gedanken können helfen.
Die richtige Methode zum Einschlafen finden
Wirkungsvoll kann es auch sein, sich verschiedener Techniken zu bedienen, die beim Einschlafen helfen können. Da muss aber jeder für sich ausprobieren, was am besten funktioniert. Das kann Lesen sein oder ein Hörbuch. Beides kann auch gegen das Grübeln gut funktionieren, weil man dann abgelenkt ist und sich gar nicht auf die Gedanken konzentrieren kann. Auch andere Entspannungstechniken aus dem Bereich Meditation oder Achtsamkeit wie Progressive Muskelentspannung oder Yoga Nidra können förderlich beim Einschlafen sein.
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Wann man sich Hilfe holen sollte
Laut Riemann sollte man immer daran denken: Hinter dem Grübeln kann auch eine Depression stecken, und die sollte auf jeden Fall schnell behandelt werden. Wer den Verdacht hat, sollte ihn mit dem Hausarzt oder der Hausärztin besprechen.
Offiziell spricht man von einer Insomnie, wenn die Schlafprobleme drei Monate anhalten, mindestens dreimal pro Woche auftreten und wenn man sich tagsüber dadurch beeinträchtigt fühlt. Ähnlich geht die „30-30-3-Regel“. Diese besagt, dass man womöglich unter Insomnie leidet, wenn man länger als 30 Minuten braucht, um einzuschlafen, wenn die nächtlichen Aufwachphasen länger als 30 Minuten andauern – und wenn beides mindestens 3-mal pro Woche vorkommt.
Mit Material von dpa