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Gesünder leben

Gewohnheiten ändern in 3 einfachen Schritten

Gewohnheiten ändern: mehr Sport, gesünder essen, mit dem Rauchen aufhören
Mehr Sport treiben, gesünder essen, mit dem Rauchen aufhören – wer Gewohnheiten ändern möchte, braucht neben Motivation u. a. auch einen Auslöser Foto: Getty Images, Collage: FITBOOK

26. April 2021, 6:23 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten

Mit dem Rauchen aufhören, gesünder essen, weniger Kaffee trinken und mehr Sport treiben: Gewohnheiten zu ändern, kann für viele Menschen eine Herausforderung sein. Doch es ist möglich. Wie genau, das erklärt Luise Walther, Expertin für Neurozentriertes Training. An der Schnittstelle Medizin und Fitness arbeitet Sie mit ihren Kund*innen daran, ein gesünderes und bewussteres Leben zu führen.

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Eigentlich wollten Sie gerade Sport machen, anschließend kalt duschen und dann mit einem gesunden Frühstück in den Tag starten. Und dann kam das Handy dazwischen: kurz Social Media prüfen, die ersten Mails checken – und plötzlich reicht die Zeit nicht mehr für Sport und Frühstück. Stattdessen warm duschen und schnell den heißen Kaffee trinken, um gehetzt den Arbeitstag zu beginnen. Das muss aber nicht so sein. Erfahren Sie, wie auch Sie es schaffen können, Ihre Gewohnheiten zu ändern, um Ihren Alltag gesünder und entspannter zu gestalten.

Was sind Gewohnheiten?

Die Grundlage von Gewohnheiten sind Abläufe, die das Gehirn automatisiert durch eine Routine abruft, dem sogenannten „Chunking“. Im Laufe eines Tages findet eine Vielzahl dieser „Chunks“ statt, vom Zahnpasta aus der Tube drücken und Zähneputzen oder dem An- und Ausziehen am Morgen und Abend. Auch das Auto- oder Fahrradfahren sind erlernte Gewohnheiten, die anfangs noch herausfordernd waren und irgendwann kinderleicht erscheinen.

Der Mensch an sich ist faul – das ist ein evolutionärer Vorteil. Der Körper möchte Energie sparen, um zu überleben. Je weniger Anstrengung, um so weniger Bedrohung findet statt. Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang auch von einem kraftsparenden Instinkt: Das Gehirn versucht, Routinen zu Gewohnheiten umzuwandeln, um mit weniger Energie und Aufwand diese automatisiert ablaufen zu lassen. Dadurch hat man ausreichend Energie, sich mental und körperlich auf andere Dinge zu fokussieren.

Forscher gehen davon aus, dass 30 bis 50 Prozent unserer Handlungen auf Routine und damit Gewohnheiten beruhen1. Auch unsere Entscheidungen beruhen großteils auf unterbewusst abgespeicherten Informationen, die zu Gewohnheiten geworden sind. Je häufiger wir etwas wiederholen, umso besser speichert sich dies ab und wird von einer bewussten Entscheidung und Handlung ins Unterbewusstsein transferiert.

Die Rolle der Basalganglien im Gehirn

Eine entscheidende Rolle hierbei spielen die Basalganglien. Sie entscheiden, wann das Gehirn die Kontrolle an eine Gewohnheit abgibt. Wenn wir morgens verschlafen im Bad die Zahnpastatube in die Hand nehmen, läuft das Zähneputzen „wie von selbst“ ab, es ist eine Gewohnheit geworden, die wir nicht mehr hinterfragen und die kaum Energie kostet. Die Basalganglien sind auch die Strukturen, die aus einem Auslöser eine Verhaltensweise werden lassen. Man kann sich die Basalganglien wie Architekten vorstellen, die den Bauplan einmal anlegen und dann als Gewohnheit in Zement gießen. Ob es eine gute oder eine eher schädliche Gewohnheit ist, spielt dabei keine Rolle. Es kommt immer auf die Wiederholungen an2.

Lernen wir hingegen Neues oder werden vor neue Herausforderungen gestellt, setzen uns mit unbekannten Themen oder Personen auseinander, werden andere Hirnregionen aktiviert. Durch routinierte Gewohnheiten haben wir also mehr Kapazitäten, uns auf Herausforderungen einzulassen. Denn die Energie unseres Körpers ist begrenzt, und alleine das Gehirn verbraucht über ein Drittel der aufgenommenen Energie. Je mehr routinierte Gewohnheiten, um so mehr Kapazität haben wir für mentale und körperliche Aufgaben zur Verfügung.

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Die drei Komponenten von Gewohnheiten

Gewohnheiten beruhen laut dem Wissenschaftler Durhigg auf den folgenden drei Komponenten3:

  1. Der Auslöser: Das kann zum Beispiel das Klingeln des Weckers sein, also eine Uhrzeit, ein Gefühl oder auch ein Ereignis (das Handy klingelt.)
  2. Die Routine (oder Gewohnheit): Sie ist die Reaktion auf den Auslöser und erfolgt immer im gleichen Muster, ohne dass darüber nachgedacht wird.
  3. Die Belohnung: Sie ist das darauf folgende positive Ergebnis. Hierbei erfolgt eine Dopaminausschüttung, die für das positive Gefühl verantwortlich ist. Nur durch diesen Vorgang kann aus wiederholten Handlungen eine Routine entstehen.

Obwohl es in der Literatur eine Reihe von Variationen zu diesem Thema gibt, fallen die meisten Gewohnheiten in einen sehr geradlinigen Schleifenprozess. In jedem Verhalten gibt es eine Art von Initialzündung, einen Auslöser, der entweder von der internen oder externen Umgebung ausgeht.

Anschließend kommt das Routineprogramm, das man gelernt hat, als Reaktion auf den Auslöser.
Schließlich wird die Gewohnheit mit einer Art Belohnung gepaart, die dazu ermutigt, dasselbe Verhalten erneut auszuführen, wenn der gleiche Auslöser auftritt.

Gewohnheiten sind also darauf ausgerichtet, dass wir uns weniger selbst kontrollieren müssen. Somit sind sie Vorentscheidungen, damit wir im stressigen Alltag nicht über jeden Schritt und jede Handlung nachdenken und entscheiden müssen.

Was vielen in puncto Gewohnheiten nicht bewusst ist

  1. Die meisten Auslöser sind umweltbedingt. Das bedeutet, dass man, wenn man den Auslöser ändern möchte, oft einfach die Umgebung ändern muss.
  2. Belohnungen sind ein kritischer Teil der Gewohnheitsbildung. Dieser Aspekt wird von den meisten meiner Kund*innen übersprungen, wenn sie versuchen, neue Gewohnheiten aufzubauen. Das führt oftmals zu vielen gescheiterten Versuchen, endlich mit Sport anzufangen, endlich gesünder zu essen, endlich weniger Kaffee zu trinken und so weiter. Zudem muss bei der Belohnung darauf geachtet werden, dass diese das neue Verhalten nicht zunichtemacht. Wenn man beispielsweise gesünder leben möchte, ist eine Packung Chips nach dem Training als Belohnung nicht der richtige Ansatz.
  3. In den meisten Fällen ist die effizienteste Art und Weise, eine Gewohnheit zu ändern, den Auslöser beizubehalten und gleich zu belohnen, während man eine neue Routine einführt. Dies erfordert manchmal kreatives Denken, veranschaulicht aber die Wichtigkeit jeder Komponente der Schleife.

Gewohnheiten ändern: Keep it simple!

Der US-Sozialwissenschaftler Brian Jeffrey Fogg betont im Zusammenhang mit Gewohnheiten immer wieder, wie entscheidend es ist, auf die Einfachheit und die eigenen Ressourcen zu achten4. Die Einfachheit bezieht sich dabei auf unsere knappste Ressource. Diese Ressourcen können sich unterschieden, je nach Lebensabschnitt, Tagesform oder Persönlichkeit, zum Beispiel:

  • Zeit
  • Geld
  • Mentale Energie und Fokus
  • Soziales Umfeld
  • Körperliche Ausdauer

Um es sich einfach zu machen, muss man also kritisch betrachten, welche Ressourcen vorhanden sind beziehungsweise: welche die knappste ist. Sich vorzunehmen, jeden Tag eine Stunde Sport zu machen, wenn Homeoffice und Homeschooling bereits alle Energie rauben, wird sowohl zeitlich als auch bezüglich der mentalen Energie schwierig sein. Realistischer und einfacher wären dann tatsächlich, erst einmal mit fünf bis zehn Minuten am Tag zu beginnen.

Auch interessant: Was gegen schlechte Essgewohnheiten hilft

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3 Schritte, um Gewohnheiten zu ändern

Finden Sie Ihren persönlichen Auslöser!

Was ist der Auslöser, der Sie wirklich reizt und der Ihnen persönlich wichtig ist? Finden Sie einen Platz dafür. Gewohnheiten leben in einer Zeit und an einem Ort. Tragen Sie es sich in den Kalender ein. Nur was im Kalender steht, kann dann auch umgesetzt werden. Je stärker der Auslöser ist, umso weniger müssen Sie sich überwinden, die Routine zu beginnen. Wenn Sie morgens nach dem Aufstehen direkt über die Sportmatte stolpern, wird es Ihnen leichter fallen, zumindest zwei Minuten Sport zu machen. Wenn Sie hingegen erst die Matte aus dem Schrank holen müssen, um anschließend 30 Minuten zu schwitzen, wird die Hürde zu groß sein. Jeden Abend die Sportmatte schon hinzulegen, reicht also oftmals schon aus.

Trainieren Sie die Routine!

Wie möchten Sie in Zukunft auf den Auslöser reagieren? Je detaillierter Sie sich dies überlegen und planen, umso realistischer ist die Aussicht, dass es klappt. Auch das ist Training. Nutzen Sie hierfür alle Sinne: Wie fühlt sich das an? Wie würde es aussehen? Wo würden Sie das machen? Wie riecht es dort? Gehen Sie die Routine auch im Kopf Schritt für Schritt durch. Alleine dadurch manifestieren sich die Abläufe – und die Basalganglien fangen an, dieses abzuspeichern.

Ersetzen Sie eine alte Routine durch eine neue! Durch neue Tätigkeiten werden mehr Bereiche im Gehirn aktiviert. Etwas nicht zu tun, ist deutlich ineffektiver. Denn der Plan im Gehirn von „nicht tun“ ist deutlich unpräziser als der von „etwas Neues tun“.

Machen Sie kleine Veränderungen! Reduzieren Sie die Veränderung in eine so kleine Aufgabe, dass Sie nicht scheitern können.

Beispiel 1: Sie wollen mit dem Rauchen aufhören

Überlegen Sie sich, in welchen Situationen Sie normalerweise rauchen würden. Was könnten Sie stattdessen machen? Probieren Sie beim nächsten Mal, wenn Sie das Bedürfnis verspüren, eine Zigarette zu rauchen, an die frische Luft zu gehen und nehmen Sie ein paar tiefe und bewusste Atemzüge. Atmen Sie die frische Luft ein und stellen Sie sich vor, wie frischer Sauerstoff Ihre Lungen befüllt. Klopfen Sie ein paar Mal leicht auf Ihren Brustkorb, um die Atmung intensiv zu spüren. Durch das Klopfen auf den Brustkorb kann die Thymusdrüse aktiviert werden. Das für das Immunsystem relevante Organ sorgt für einen verbesserten Energiefluss und kann laut Meridian-Energie-Technik beruhigend wirken5.

Auch interessant: 10 effektive Tipps, um mit dem Rauchen aufzuhören

Beispiel 2: Sie wollen regelmäßig Sport machen

Fangen Sie mit zwei Minuten am Morgen an. Prinzipiell haben Sie am Morgen noch mehr Energie als nach einem langen und intensiven Tag. Machen Sie es sich also einfach und beginnen Sie direkt nach dem Aufstehen. Legen Sie sich auf den Bauch, strecken Sie die Arme und Beine aus und stehen Sie wieder auf – das ganze zwei Minuten lang. Suchen Sie sich eine Stelle in der Wohnung, in der Sie genug Platz haben und die zu Ihrer neuen Morgenroutine passt. Das kann auch in der Küche sein, während das Teewasser oder der Kaffee kocht. Stellen Sie sich am Abend vor dem Einschlafen vor, wie Sie am nächsten Morgen genau an diese Stelle gehen und zwei Minuten Ihren inneren Schweinehund überwinden. Schließlich sind es nur zwei Minuten. Das schaffen Sie!

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Beispiel 3: Sie wollen weniger Zucker essen

Machen Sie sich bewusst, was das bedeutet – und sagen oder schreiben Sie sich es auf. Beim nächsten Einkauf können Sie zum Beispiel vorab sagen: Ich werde heute keine Süßigkeiten einkaufen. Machen Sie es sich dabei einfach und lassen Sie die Süßigkeitenregale direkt aus, in dem Sie vorab überlegen und aufschreiben, was Sie kaufen wollen. Legen Sie sich zu Hause Obst und Gemüse offensichtlich zum Naschen hin, das reduziert den Bedarf, zu etwas Süßem zu greifen. Denn wenn Sie in einer kurzen Arbeitspause Appetit bekommen, greifen Sie automatisch zu dem, was am schnellsten und einfachsten zur Verfügung ist – wenn dann ein Apfel oder eine Paprika bereitliegt und nicht erst aus dem Obst- und Gemüsefach geholt werden muss, ist die Wahrscheinlichkeit, dieses zu essen, deutlich größer.

Auch interessant: „Seit mein Vater an einem Hirntumor erkrankte, lebe ich zuckerfrei“

Achten Sie schon beim Einkaufen auf die Auswahl der Lebensmittel und gehen Sie nicht hungrig einkaufen. Gehen Sie im Kopf vorab den Einkauf durch und stellen Sie sich vor, wie Sie die Süßigkeitenabteilung einfach aussparen und wie gut Sie sich fühlen, wenn Sie das geschafft haben. Dieses vorab durchzudenken und zu trainieren, wird Ihnen helfen.

Belohnen Sie sich!

Überlegen Sie sich, wie Sie sich belohnen wollen. Am besten suchen Sie sich eine Belohnung, die noch stärker Ihr positives Gefühl fördert.

Feiern Sie jeden einzelnen Erfolg angemessen. Das können Sie auch mit sich alleine und einer guten Tasse Tee tun. Fragen Sie sich, wie Sie sich nun fühlen, was die Routine mit Ihnen macht. Fühlen Sie sich stärker, entspannter, motivierter?

Bereits diese Fragen und dass Sie sich des positiven Effekts bewusst werden, führt im Gehirn zu einer Dopaminauschüttung. Nur durch die Belohnung kann sich eine Gewohnheit bilden. Wenn Sie also nach dem Sport bewusst darauf achten, wie Sie sich fühlen und sich bewusst machen, dass Sie sich gerade etwas Gutes getan haben, können Sie Stück für Stück eine neue Gewohnheit aufbauen.

Schon bald wird sich das Aufstehen und Sportmachen am Morgen „normal“ anfühlen. Das befriedigende Gefühl danach, wird Sie motivieren, auch am nächsten Tag wieder weiterzumachen. Und wenn Sie mal einen schlechten Tag haben und der Sport ausfällt, kein Problem: Denn am Abend werden Sie die Sportmatte wieder ausbreiten, um am nächsten Morgen wieder der neuen Routine nachzugehen.

1. Society for Personality and Social Psychology. „How we form habits, change existing ones.“ Science Daily, 8 August 2014. www.sciencedaily.com/releases/2014/08/140808111931.htm.
2. Charles Duhigg: „Die Macht der Gewohnheit: Warum wir tun, was wir tun.“ Aus dem Amerikanischen von Thorsten Schmidt. Berlin Verlag, Berlin, 2012
3. Chen, W., Chan, T.W., Wong, L.H. et al. IDC theory: habit and the habit loop. RPTEL 15, 10 (2020). https://doi.org/10.1186/s41039-020-00127-7

4. Fogg B.J., Hreha J. (2010) Behavior Wizard: A Method for Matching Target Behaviors with Solutions. In: Ploug T., Hasle P., Oinas-Kukkonen H. (eds) Persuasive Technology. PERSUASIVE 2010. Lecture Notes in Computer Science, vol 6137. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-13226-1_13
5. „Klopfen Sie sich frei!“ Rainer Franke, Ingrid Schlieske, Rowohlt Taschenbuch, 2006

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