20. März 2021, 17:02 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Viel daran zu denken, bedeutet nicht automatisch, dass man ein gestörtes Verhältnis zum Essen hat. Welche Anzeichen aber doch darauf hindeuten können, dass der Umgang mit Ernährung zumindest problematisch ist, und was ein gestörtes Verhältnis zum Essen von einer tatsächlichen „Essstörung“ unterscheidet – darüber hat FITBOOK mit einer Expertin gesprochen.
In Zeiten von Corona sind die Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung doch sehr eingeschränkt. Viele Menschen, und nicht alle scherzhaft, bezeichnen deshalb Essen als das letzte Vergnügen, das ihnen noch geblieben ist. Bei manchen geht die Beschäftigung mit dem Thema Essen aber über ein normales Maß hinaus. Wobei „normal“ in dem Zusammenhang sehr schwer zu definieren ist. FITBOOK fragte deshalb eine Expertin, ab wann man es tatsächlich mit einem gestörten Verhältnis zum Essen zu tun hat.
Übersicht
Gestörtes Verhältnis zum Essen – was bedeutet das?
Frau Prof. Dr. Katja Kröller unterrichtet Ernährungspsychologie an der Hochschule Anhalt. Sie weiß: „Ein gestörtes Verhältnis zum Essen kann vieles bedeuten.“ Eine klare Definition, wie bei einer klassischen Essstörung, gebe es nicht. Ein gestörtes Verhältnis betreffe sehr viele Bereiche.
Abgrenzung zur Essstörung
Magersucht, Bulimie, Binge Eating oder Esssucht – alles Erkrankungen, die abgrenzbar als Essstörung zu definieren sind. Das „gestörte“ Verhältnis zum Essen, um das es in diesem Beitrag gehen soll, würde Prof. Kröller lieber als ein „problematisches“ bezeichnen. Das sei noch keine Krankheit, aber womöglich eine Vorstufe. „Beide Konzepte hängen eng miteinander zusammen“, weiß die Expertin.
Hat man eine Störung, wenn man (zu) viel an Essen denkt?
Nein. Wenn man es (z. B. als Koch) beruflich tut oder auch hobbymäßig gerne kocht, sei häufiges Denken an Essen „total in Ordnung“. Problematisch werde es aber dann, wenn die Beschäftigung mit dem Thema in den Alltag eingreift und Sie in Ihrem normalen Leben beeinträchtigt.
Störung hängt von Leidensdruck ab
„Das, was die Störung ausmacht, ist das Vorhandensein von Leidensdruck“, fasst Prof. Kröller zusammen. Wenn Sie sich beispielsweise nicht mehr auf Ihre Arbeit oder die Teilnahme am Straßenverkehr konzentrieren können. Ebenso sei es laut Prof. Kröller als Warnsignal zu deuten, wenn Regeln und Überlegungen rund um Essen Sie von anderen Dingen abhalten. Wenn Sie etwa Verabredungen nicht wahrnehmen können, weil diese sich mit Ihren selbst auferlegten Ernährungszeiten nicht vereinbaren lassen, obwohl Sie eigentlich gerne zusagen würden.
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Gestörtes Verhältnis zu Essen kann in Essstörung münden
Laut Prof. Kröller haben die meisten von uns in gewisser Weise ein gestörtes oder zumindest problematisches Verhältnis zum Essen – wenn auch nur zeitweise oder abhängig von einer akuten Stresssituation. Dieses könne mit ein paar unliebsamen Kilogramm zusammenhängen, denen man etwa die Schuld für eine Jobabsage oder für eine gescheiterte Liebe gibt.
Wichtig: Fokussierung auf das Thema behandeln
Das Grundproblem hinter einem gestörten Verhältnis zum Essen sowie hinter einer Essstörung liege meist ganz woanders. Oft meine man aber, die Unzufriedenheit mit sich selbst durch Abnehmen kompensieren zu können – und das sei per se auch nicht schlimm. „Allerdings können sich die Dinge verselbstständigen, wenn man seine Fokussierung auf das Thema nicht rechtzeitig erkennt und los wird“, warnt die Psychologin.