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Dimensionen der Fatigue

Wann hinter Erschöpfung eine Krankheit steckt – und was wirklich hilft

erschöpfung was hilft: Mann legt die Arme in der Nacken
Erschöpfung ist nicht gleich Erschöpfung: Während der eine sich körperlich enorm schlapp fühlt, kann die andere kaum einen klaren Gedanken fassen. Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

15. April 2023, 17:38 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Ein Ruhebedürfnis, das Schlaf nicht stillt. Eine lähmende Müdigkeit nach einer Krebstherapie. Erschöpfung hat viele Gesichter. Diese Schritte sind wichtig, wenn sie zur Belastung wird.

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Das Aufstehen fällt schwer, an Arbeiten ist kaum zu denken – und auch für Sport fehlt die Kraft. Erschöpfung kann in verschiedenen Lebenslagen auftreten. Und sie kann eine große Belastung sein. Denn für manche Betroffene ist es mit „einmal richtig ausschlafen“ nicht getan. Wann hinter Erschöpfung sogar eine Krankheit stecken kann – und was wirklich hilft.

Erschöpfung ist nicht gleich Erschöpfung

Eine leichte Erschöpfung kennt wohl jeder mal. Doch ab wann ist sie als schwerwiegender einzustufen? Dauer, Schwere und zeitlicher Verlauf – das sind für den Internisten und Psychosomatiker Prof. Winfried Häuser die entscheidenden Kriterien, wenn man herausfinden möchte, ob man bereits unter chronischer Müdigkeit leidet.

Dafür sollte man sich Häuser zufolge kritisch selbst beobachten: Bin ich erst seit einigen Tagen müde oder schon seit Wochen? Bessert sich die Erschöpfung durch Ausruhen oder nicht? Kann ich durch die Müdigkeit meinen Alltag nicht mehr meistern?

„Wenn mich das normale Leben zu sehr anstrengt, spricht vieles für eine Krankheit“, sagt Sabine Herzig von der Fatigue-Ambulanz am Universitätsklinikum Leipzig. Pausen, gesunde Ernährung, Urlaub, ausreichend Schlaf: Wenn all diese Maßnahmen zur Erholung nicht mehr fruchten, kann das ein Symptom für krankhafte Erschöpfung sein. „Und dann sollte man zum Arzt, um es genauer abzuklären“, sagt die Fachärztin für Neurologie.

Dimensionen der Fatigue

Der Begriff „Fatigue“ bezeichnet eine Erschöpfung nach körperlichen, psychischen oder mentalen Anstrengungen, die über das übliche Maß hinausgeht. Sie ist quasi eine Extremform krankhafter Müdigkeit.1

Dabei lassen sich verschiedene Dimensionen unterscheiden. Da ist zum einen die körperliche Ebene: „Man ist schneller erschöpft, etwa beim Treppensteigen“, sagt Winfried Häuser. Die Erschöpfung kann auch die kognitive Ebene betreffen. Es fällt schwer, sich zu konzentrieren, im Kopf wabert der Nebel. Die dritte Dimension ist die emotionale oder motivationale Ebene. „Man hat keine Kraft, sich aufzuraffen, keine Motivation und Energie“, erklärt der Experte.

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Erkrankungen, die eine Fatigue auslösen

Eine Fatigue kann Symptom einer körperlichen Erkrankung sein, aber auch als Nebenwirkung von Medikamenten auftreten, wie Sabine Herzig sagt. All das wäre bei einem Arztbesuch abzuklären.

Starke Müdigkeit ist bei Menschen mit Multipler Sklerose bekannt, ebenso bei Krebspatienten und -patientinnen. Die Liste der Krankheiten, die mit einer Fatigue einhergehen können, ist aber noch länger: Schlaganfall, Schädel-Hirntrauma, Parkinson, rheumatologische Erkrankungen, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, chronische Infektionen. Manchmal liegt die Ursache auch in einer Blutarmut oder einer Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse. „Tagesmüdigkeit ist zudem häufig ein Symptom von Schlafapnoe, also nächtliche Atemaussetzer“, sagt Winfried Häuser.

Starke Erschöpfung kann darüber hinaus ein Kennzeichen einer depressiven Störung sein, diese aber auch auslösen. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal: Menschen mit chronischer Fatigue seien motiviert, körperlich jedoch nicht in der Lage. Depressiven fehle dagegen häufig die Motivation, sagt der Internist.

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Das chronische Fatigue-Syndrom

Und dann gibt es noch das chronische Fatigue-Syndrom (CFS). Es kann sich nach einer Infektion mit zum Beispiel dem Epstein-Barr- oder dem Coronavirus entwickeln. CFS geht in der Regel mit Kopf-, Hals-, Muskelschmerzen, geschwollenen Lymphknoten sowie Gedächtnis- und Konzentrationsproblemen einher.

Typisch ist hier den Experten zufolge außerdem eine Verschlechterung der Symptome nach einer Belastung. Manchmal kommt nach Stunden, manchmal am darauffolgenden Tag der sogenannte „Crash“, bei dem gar nichts mehr geht. „Das kann bis mehrere Tage andauern“, sagt Herzig. Der Fachbegriff lautet hier PEM, Post-Exertional Malaise.

Was bei krankhafter Erschöpfung wirklich hilft

Mit Pacing die eigenen Kräfte einteilen

Was hilft bei Erschöpfung – wie findet man hinaus? „Gibt es eine die Fatigue erklärende Grunderkrankung, würde man diese bestmöglich behandeln, um der Erschöpfung entgegenzuwirken“, sagt Sabine Herzig. Zudem sei es wichtig, die Betroffenen aufzuklären und ihnen zuzuhören.

Der Ausweg ist ganz individuell. Krebspatienten und -patientinnen beispielsweise hilft laut Häuser körperliche Bewegung während der Behandlungsphase und eine psychologische Unterstützung. Für viele CFS-Betroffene dagegen ist selbst ein leichtes Herz-Kreislauf-Training zu viel.

Eine Methode, sich selbst zu helfen, ist das sogenannte Pacing. Betroffene ermitteln dabei, wie viel Kraft ihnen am jeweiligen Tag zur Verfügung steht. Danach verschaffen sie sich einen Überblick, was mit welcher Priorität zu erledigen ist und wie viel Energie das kosten wird. Dann gilt es, zu eruieren, ob die Power dafür reichen wird und vorbeugend – also vor Einsetzen der erwarteten Müdigkeit – Pausen einzuplanen.

Nicht überbehüten und nicht überfordern

„Gestalten Sie den Tag auf Ihre Bedürfnisse hin“, rät Sabine Herzig. Sie empfiehlt außerdem, sich die anstehenden Aufgaben in kleine Portionen aufzuteilen und nicht alles auf einmal erledigen zu wollen. Achtsamkeitstraining könne neben einem angepassten Energiemanagement dazu beitragen, die eigenen Ressourcen wahrzunehmen und zu schonen. „Neben körperlicher Aktivität ist es sehr wichtig, kognitiv aktiv zu sein und zu trainieren“, betont Herzig.

Eine solche Situation ist für die Betroffenen, ihre Familien und Freunde emotional belastend. Rollenverteilungen können sich ändern. Manchmal ist der Alltag allein nicht zu schaffen, ein Beruf nicht mehr denkbar. „Einige Angehörige negieren die Krankheit oder spielen sie herunter, andere wollen den Betroffenen überbehüten und alles abnehmen“, berichtet Sabine Häuser. Es könne helfen, hier gemeinsam die Balance zu finden und offen zu kommunizieren.

Die Patienten und Patientinnen selbst müssten lernen, ihre Erwartungen und Bewertungen anzupassen und mit Misserfolgen umzugehen, um nicht in eine Negativspirale zu geraten, sagt Herzig. „Es lohnt sich, die Anforderungen an sich selbst neu zu justieren.“ Sonst würden aus Angst Dinge gemieden oder katastrophisiert. Oft sei deshalb eine psychotherapeutische Begleitung sinnvoll.

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Quellen

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