
24. April 2025, 4:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Kälte ist gesund! Das wissen Anhänger des Eisbadens genauso wie Kältesauna-Fans. Aber was bringt mehr? Frieren im Eiswasser oder der Gang in die Kältekammer? FITBOOK-Autorin Nina Ponath hat beides ausprobiert.
„Nichts wie raus hier!“ Diese Worte scheint mir mein Körper zuzurufen, sobald ich mit kaltem Wasser in Berührung komme. Dass ich meine Dusche dennoch regelmäßig mit einem kalten Schauer beende, hat weniger mit Genuss als eher damit zu tun, dass ich dem ganzen Biohacking-Quatsch nicht ganz abgeneigt bin – und Kälte steht dort nun mal ganz oben auf der Liste, wenn es darum geht, den Stoffwechsel auf Touren zu bringen, sich selbstwirksam zu fühlen, und fokussiert durch den Tag zu gehen. Deshalb lasse ich mich voll und ganz auf ein Kälteexperiment ein und probiere sowohl Eisbaden als auch Kältekammer aus.
Übersicht
Eisbaden mit Wim-Hof-Methode – mein Kälteschock erster Klasse
Meine eiserne Disziplin kommt nicht von ungefähr, sondern wurde mir schmerzhaft antrainiert, als ich vor zwei Jahren an einem Eisbaden-Seminar mit Wim Hof-Instructor Daniel Ruppert teilgenommen habe. Von ihm ließ ich mich inmitten einer kleinen Gruppe mutiger Eis-Enthusiasten zum Bad in einer Eiswanne überreden.
Beim Einsteigen in die Wanne musste ich mich ernsthaft zusammenreißen. Es ist verrückt, was das Gehirn macht, wenn sich der Körper wirklich bedroht fühlt und man Angst hat. Bei mir fühlte es sich an, als würde mein Gehirn ein komplettes Eigenleben entwickeln. Gedanken wie „Komm, wem musst du denn etwas beweisen?“, „Geh mal lieber raus“ und ein ehrliches „Ich will das nicht“, schossen mir mit der ersten Berührung mit dem Eis durch den Kopf und ich zog reflexartig meine Arme schützend über den Brustkorb.
Irgendwo von ganz hinten aus meinem Kopf drangen die Worte von Daniel, die er uns vorher mitgegeben hatte: „Wenn euer Kopf euch einen Streich spielt, stellt euch vor, ihr wärt ein Hund.“ Wenn Hunde mit kaltem Wasser in Berührung kommen, gucken sie kurz erschrocken und ziehen sie sich dann zurück, nur um dann wiederzukommen und einen neuen Anlauf zu nehmen. Sie gehen mit Neugierde statt mit Angst auf das Wasser zu.
Ich atmete also tief durch und versuche es erneut. Ich setzte mich ganz langsam hin, die Füße aufgestellt, die Knie guckten immer noch raus aus dem Wasser. Bis ich in der Endposition angekommen war – ein Schneidersitz mit auf dem Boden abgelegten Knien – verging einiges an Zeit und ich konnte mich allmählich an die Temperatur gewöhnen. Je länger ich im Wasser saß, desto besser fühlte sich das Ganze tatsächlich an: Der Schmerz wurde mit jedem Atemzug weniger, stattdessen fühlte ich mich lebendig und voller Endorphine. Absolute Klarheit, Energie, ein richtiger Rausch. Mein Körper kribbelte, mein Kopf war leer und ruhig; ähnlich wie wenn man sich beim Sport so richtig doll auspowert. Am Ende hielt ich es so immerhin knapp fünf Minuten im Wasser aus.
Eisbaden und danach?
Obwohl man beim Eisbaden – wenn man sich denn erst mal dazu überwunden hat – also gehörig belohnt wird, kann man allerdings nicht sagen, dass ich es seit der ersten Begegnung damit besonders doll in mein Leben integriert hätte. Bis auf ein paar kurze Male im See im Nachbarort habe ich es seitdem nicht mehr gemacht. Beim letzten Mal, irgendwann im März dieses Jahres, hatte der See an die vier Grad Celsius und trotzdem brach ich nach einer Minute schon wieder ab, weil meine Fußsohlen schmerzten.
Kältekammer: gleiche Wirkung, weniger Drama?
„Vielleicht geht es ja eine Spur softer“, dachte ich mir und beschloss, etwas anderes auszuprobieren: die Kältekammer, auch bekannt als Kryotherapie. In Hamburg, wo ich wohne, gibt es verschiedene Anbieter, die mit den Effekten der Kältesauna locken. Ich entschied mich für meinen Selbstversuch für eine Kältekammer in Eppendorf. Laut den Anbietern soll Kältesauna mit einem Eisbad vergleichbare Effekte haben. Tatsächlich gibt es dafür allerdings keine wissenschaftlichen Beweise.1

Das steckt hinter der Wim-Hof-Methode – und das sagt die Forschung dazu

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Kryotherapie – wie es funktioniert, was es bringt und was ein Experte davon hält
Kältesauna: Eisbad in soft
Zum Umziehen wurden mir Handschuhe, und dicke Socken gereicht. Damit ging es dann in einen Raum, der auf -150 Grad gekühlt war. Ich öffnete, ohne zu zögern, die Tür und wurde prompt überrascht. Die Kälte, die mir entgegenschlug, war wirklich angenehm! Ein bisschen wie die Luft im Skiurlaub: trocken und kalt. Die Kälte in der Kältekammer war um einiges erträglicher als die Kälte beim Eisbaden, weil Luft trocken ist und schlechter leitet als Wasser. Ich hielt es vier Minuten in der Kammer aus und kam freudestrahlend hinaus. Bei mir hat auch diese Kälte aus der Kältesauna für Glückshormone gesorgt – wenngleich ich auch sagen muss, dass das High im Vergleich doch ein wenig geringer ausfiel als beim Eisbaden. Vielleicht, so vermute ich, weil die Selbstüberwindung und der Schmerz geringer sind.
So gesehen ist die Kältekammer die softere Alternative für alle, denen Eisbaden zu hart ist. Es ist kalt, aber nicht schmerzhaft: kein Brennen an den Füßen, kein Schockmoment beim Eintauchen wie im Eisbad. Die Kälte ist hier herausfordert, aber nicht überfordernd.

Eisbaden oder Kältekammer – was ist nun besser?
„Ganz ehrlich? Beide Erlebnisse haben ihren Reiz. Das Eisbad ist intensiv, heftig, emotional. Die Kältekammer dagegen kontrolliert und leicht zugänglich. Für alle, die an ihre Grenzen gehen wollen, die sich richtig spüren und mental wachsen wollen, ist Eis sicherlich die bessere Alternative (die übrigens auch günstiger ist, denn Eisbaden kann man quasi überall, auch ohne fancy Umkleidekabine und Maschinen). Ich für meinen Teil? Ich bin jetzt ‚Team beides‘. Die Kältekammer hat mich wieder auf den Geschmack gebracht und ich habe mir fest vorgenommen, im nächsten Winter öfter mal ins Kühle abzutauchen. Bis dahin werde ich ab und an in die Kältesauna gehen. In Raten und auch nur, wenn ich wirklich Lust darauf habe, weil der Aufwand hier recht hoch ist. Ansonsten tut es immer noch die gute alte, kalte Dusche.“