2. Juni 2021, 5:27 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Eine Stunde früher ins Bett, eine Stunde eher aus den Federn – mit dieser einfachen Formel können einer neuen Studie zufolge viele Menschen ihr Depressionsrisiko erheblich senken. Was steckt dahinter?
Wer seinen Chronotyp – das ist die individuelle Schlaf-Neigung eines jeden Menschen – um nur eine Stunde verschiebt – kann damit das Depressionsrisiko um 23 Prozent senken. Das bedeutet demnach eine Stunde früher ins Bett und eine Stunde eher aufwachen als einem eigentlich lieb wäre. Laut Forschenden der Universität Colorado lohnt sich das Umprogrammieren im Dienste der mentalen Gesundheit.
Schlafneigung und Depressionsrisiko sind miteinander verknüpft
Besagte Studie, welche in Zusammenarbeit mit der Uni Harvard durchgeführt wurde, gilt als der schlagende Beweis, dass Schlafneigung und Depressionsrisiko sich gegenseitig beeinflussen. Sie gehört gleichzeitig auch zu den ersten Untersuchungen, die aufzeigen, wie viel oder wenig Verhaltensänderung im Sinne der psychischen Gesundheit nötig ist. Im Anbetracht der Pandemie, in der viele Menschen aufgrund der wegfallenden Arbeitswege länger im Bett bleiben, sind dies wichtige Erkenntnisse, heißt es in einer entsprechenden Mitteilung der Universität. „Wir haben herausgefunden, dass selbst eine Stunde früheres Einschlafen das Risiko, an einer Depression zu erkranken, senken kann“, so Mitautorin Celine Vetter. Bereits frühere Beobachtungsstudien hätten gezeigt, dass Nachtschwärmer doppelt so häufig an Depressionen leiden wie Frühaufsteher. Unabhängig davon, wie lange sie schlafen.
Untersuchung mit Daten von 840.000 Menschen
Um herauszufinden, ob eine Verschiebung der Schlafenszeit wirklich das Depressionsrisiko senken kann, und wenn ja, um wie viel, griff das Team auf die Daten von 840.000 Menschen der UK Biobank zurück. Es ist bekannt, dass mehr als 340 gängige genetische Varianten den Chronotyp einer Person beeinflussen. Eines davon lautet PER2, auch bekannt als „Uhr-Gen“. Die Forschenden bewerteten sämtliche Daten zu diesen Varianten. Darunter Aufzeichnungen von 85.000 Personen, die sieben Tage lang Schlaf-Tracker trugen sowie ausgefüllte Schlaf-Fragebögen von 250.000 weiteren Personen. So erschloss sich ein recht detailliertes Bild davon, wie die Genvarianten das Schlafen und Aufwachen beeinflussen. Die Ergebnisse dazu wurden im Fachblatt „JAMA Psychiatry“ veröffentlicht.
So senkt frühes Aufstehen das Depressionsrisiko
Bei der Auswertung gingen die Forschenden vor allem der Frage nach, ob Menschen mit dem „Frühaufsteher-Genen“ ein niedrigeres Depressionsrisiko haben. Die Antwort ist ein klares Ja. Man stellte fest, dass der durchschnittliche Schlafmittelpunkt um 3 Uhr morgens ist. Was heißt: 23 Uhr ins Bett und um 6 Uhr aufstehen. Den Schlafmittelpunkt um eine Stunde nach vorne zu ziehen, bedeutete hingegen, das Depressionsrisiko um 23 Prozent zu senken. Anders ausgedrückt: Wer normalerweise um 1 Uhr morgens ins Bett geht und sich stattdessen um Mitternacht hinlegt, leistet damit einen wertvollen Beitrag für seine psychische Gesundheit. Eingeschleifte Frühaufsteher werden davon vermutlich weniger profitieren.
Neue Studie Wer früh schlafen geht, hat womöglich ein geringeres Depressionsrisiko
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Effekt vermutlich auf Hormone zurückzuführen
Die Forschenden vermuten, dass das Zusammenspiel von Licht und Hormonen eine wesentliche Rolle dabei spielt, wie wir uns fühlen. Für diejenigen, die sich auf einen früheren Schlafrhythmus umstellen möchten, bietet Vetter daher diesen Rat: „Halten Sie Ihre Tage hell und Ihre Nächte dunkel. Trinken Sie Ihren Morgenkaffee auf der Veranda. Gehen Sie zu Fuß oder fahren Sie mit dem Fahrrad zur Arbeit. Und dimmen Sie die Elektronik am Abend.“