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FITBOOK-Doku

„Die Geheimnisse der 100-Jährigen“: Theresia

Anna Echtermeyer
Redakteurin

2. April 2019, 8:53 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Kann man als junger Mensch in zwei Jahren so viel Liebe aufsaugen, dass sie einen bis ins ganz hohe Alter beflügelt? Teil 2 der FITBOOK-Serie „Die Geheimnisse der 100-Jährigen“.

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Die meisten Menschen werden um die 80 Jahre alt. 100 werden nur ganz wenige – und die das gesund und fit schaffen, sind richtig selten und faszinieren automatisch ihre Umwelt. Aber wie sind sie so alt geworden? Sind sie genetisch einfach nur privilegiert? Oder gibt es Dinge, die sie im Alltag anders machen als „Normalsterbliche“? Wie ernähren sie sich? Wie lieben sie? Wie bewältigen sie Krisen und woraus schöpfen sie Kraft? FITBOOK hat sich auf die Suche begeben nach dem „Geheimnis der 100-Jährigen“ – und vier von ihnen in ganz Deutschland besucht.

Zum 95. kaufte sich Theresia (†101) goldene Pumps

Die Pumps, die Theresia* an diesem Vormittag trägt, sind golden. Theresia hat sie sich zu ihrem 95. Geburtstag gekauft, das war vor sechs Jahren – genauso wie das puderrosafarbene Spitzen-Etuikleid, das gut an ihrem schlanken Körper sitzt. Auch mit 101 Jahren würde Theresia das Haus nicht ohne Nagellack verlassen – da ist sie sich treu geblieben. „Da habe ich immer Wert drauf gelegt. Ein bisschen was muss man ja auch angenehm haben!“

Theresia (Das Geheimnis der 100-Jährigen) sitzt im Rollstuhl
Auch im Seniorenheim bestand Theresia auf manikürte Fingernägel. Die goldenen Pumps kaufte sie sich zum 95. Geburtstag selbst. Foto: Anna Keßler / FITBOOK

Theresia ist eine Frau, die seit jeher viel Wert auf ihr Erscheinungsbild legte. Die Kleidung muss dem Anlass entsprechen. Das war bei der Schneidermeisterin, die an der Münchner Staatsoper tätig war, schon immer so. Und das ist auch jetzt so, mit 101 Jahren. Resi (so sagt man in ihrer bayerischen Heimat und so wird sie auch von ihrer Nichte genannt) ist das Mädchen vom Dorf, aus der eine Frau von Welt geworden ist. Und das liegt nicht nur an ihrem Erscheinungsbild.

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Was ihr Leben schön gemacht hat

Es liegt auch an ihrer Präsenz, ihrem klaren Blick, ihren strahlenden Augen, wenn sie davon erzählt, was ihr Leben schön gemacht hat: das Reisen! Japan, Hawaii, Argentinien, Australien. „Ich konnte machen, was ich wollte“, sagt sie. Außergewöhnlich für eine Frau, die in den spießigen 50er-Jahren die Weichen für ihr Leben stellte. Zu einer Zeit, da die meisten Frauen ihres Alters Kinder zu bekommen, eine gute Hausfrau zu sein hatten und oft öde Nachmittage erlebten. Theresia aber wählte etwas anderes: das Abenteuer.

„Reisen macht das Leben schön und leicht. (…) Man soll reisen, so lange man kann. Es erweitert den Horizont.“

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Nie wieder verliebt

Mit Mitte 30 lernte Theresia die Liebe ihres Lebens kennen. Für Klaus, der im hessischen Limburg an der Lahn zwei Kinos betrieb, verließ sie ihre Heimat. Die beiden heirateten und waren glücklich. „Ich habe einen wunderbaren Mann gehabt.“ Theresia schießen Tränen in die Augen und sie atmet auf einmal so, wie man atmet, wenn sich etwas ganz schön anfühlt und es einem im selben Moment genommen wird. „Leider war das so kurz.“ Klaus starb nach nur zwei gemeinsamen Jahren an Nierenversagen. Danach, sagt Theresia, konnte sie sich nie wieder verlieben. Theresia ist anschließend keine feste Partnerschaft mehr eingegangen.

Theresia und Klaus
Klaus war Theresias große Liebe. Sie heiraten 1950. Foto: FITBOOK

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Bis 95 selbst zu Hause versorgt

Bis sie 95 war, versorgte sich Theresia mehr oder weniger noch allein in ihrem Haus. Hin und wieder kochte eine Nachbarin für sie, meist erledigte sie das aber selbst. Auch die steile Treppe zum Schlafzimmer im ersten Stock meisterte sie, „ohne mit der Wimper zu zucken“, merkt Nichte Christine Winter an. Ein Sturz und seine Folgen, Theresia sitzt seitdem im Rollstuhl, machten den Umzug ins Seniorenheim 2015 unumgänglich. Ihre geliebte Freiheit gegen ein paar Quadratmeter Privatsphäre eintauschen zu müssen, war für die unabhängige Frau nur schwer zu akzeptieren. Zumal ständig Pflegepersonal in ihrem Raum auftaucht.

Kein Kaffee, gelegentlich Weißbier, nicht geraucht

Dabei liebt es Theresia doch, lange auszuschlafen! Bis mittags! Theresia ist eine Nachteule, hat nie geraucht, trinkt gelegentlich Weißbier oder einen Prosecco, aber nie übermäßig. Kaffee mochte sie noch nie sonderlich – und sie braucht ihn auch nicht, um in die Gänge zu kommen. Auf ihre Ernährung hat sie nie besonders geachtet: Theresia ist sogar Liebhaberin ausgesprochen fetter Wurstwaren.

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„Ich gehe heute großzügiger mit Problemen um“

Alles, was sie regelmäßig einnimmt, sind leichte Blutdruckmedikamente. Und sie sieht zunehmend schlechter, weshalb es mit der einen großen Leidenschaft, dem Lesen, trotz Brille, schwierig geworden ist. Deshalb, sagt sie, sei ihr Leben auch langweilig geworden. Dazu kommt gelegentlich das Gefühl, anderen zur Last zu fallen. Doch ihre positive Grundhaltung hilft ihr, nicht in sich zusammenzufallen. „Im Umgang mit Problemen bin ich heute großzügiger als früher. Man nimmt das Leben im Alter leichter“, sagt sie. 100 zu werden ist faszinierend und großartig – auf der anderen Seite ist man damit aber auch recht allein.

Nachtrag

*Wenige Wochen nach unseren Dreharbeiten ist Theresia schwer gestürzt. Dabei brach sie sich unter anderem die linke Schulter und den rechten Unterarm. Von den Folgen des Sturzes und der OP konnte sie sich nicht mehr erholen. „Dass sie beide Hände nicht mehr benutzen konnte, hat ihr den Biss genommen“, sagt ihre Nichte Christine Winter. Theresia stellte das Essen ein und wollte auch nichts mehr trinken.

Theresia starb am 9. März 2019.

Theresia – Das Geheimnis der 100-Jährigen
Theresia starb am 9. März an den Folgen eines schweren Sturzes. Ruhe in Frieden, Resi! Foto: Anna Keßler / FITBOOK

Lebenslauf

„Theresia wurde am 21. Juni 1917 in Mittenheim bei München geboren. Sie hatte vier Geschwister, drei starben kurz nach der Geburt. Nach der Volksschule machte Theresia eine Ausbildung zur Damenschneiderin, arbeitete unter anderem an der Münchener Staatsoper. Am 2. Mai 1950 heiratete sie ihre große Liebe Klaus. Nach seinem überraschenden Tod führte sie dessen Kinos in Limburg an der Lahn allein weiter – und lebte fortan ihr großes Hobby aus: das Reisen. Später arbeitete sie in einigen Münchner Kaufhäusern, im Büro für die Stadt München und einem Schulsekretariat. Bis sie 95 war, versorgte sie sich allein in ihrem Haus und lebte anschließend im Seniorenheim Neufahrn bei Freising. Ihre Nichte samt Familie kam sie regelmäßig besuchen. “

Ernährung

„Deftige Hausmannskost. Lieblingsspeisen: Ente mit Knödel, Speckwurst, Wammerl (geräucherter Schweinebauch). Zum Nachtisch Eis, Kuchen, Kekse – auf „besonders gesund“ hat Theresia nie geachtet – auf der anderen Seite aber auch nie Fast-Food-Restaurants aufgesucht. Ein Glas Milch zog sie Kaffee vor. Wenn Alkohol, dann am liebsten Weißbier – nach opulentem Essen immer gerne einen Schnaps. Theresia hat nie eine Diät gemacht und war ihr Leben lang Nichtraucherin.“

Bewegung

„Theresia fuhr gerne Rad, schwamm im Sommer und wanderte viel. Besonders sportlich sei sie nie gewesen, sagte sie über sich selbst.“

Schlaf

„Theresia kam immer mit wenig Schlaf aus – ging spät ins Bett, war morgens fit. Im Alter hat sich das geändert, sie schlief morgens lange aus. Mittagsschlaf war nie ihr Ding.“
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Grafik „Die Geheimnisse der 100-Jährigen“
Haben FITBOOK ihre Geheimnisse für ein langes, gesundes Leben verraten: Ella (106), Johanna (100), Alfred (102) und Theresia (†101).

Foto: Fotos/Collage: FITBOOK

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