17. April 2024, 17:16 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Es ranken sich verschiedene Mythen darum, was im Körper eines Mannes passiert, wenn er über einen längeren Zeitraum keinen Sex hatte. Da ist unter anderem von Libidoverlust, Samenstau und Erektionsstörungen die Rede. Was davon stimmt und was nicht – FITBOOK-Autorin Laura Pomer hat bei einem Urologen nachgefragt.
Samenstau, Libidoverlust und Spermien, die irgendwann schlecht werden: Um das Thema Sex-Abstinenz beim Mann ranken sich regelrechte Horrorgeschichten. Wir haben acht gängigste Behauptungen mit einem Experten auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft. Mit dem Ziel, herauszufinden: Was passiert im Körper eines Mannes, wenn er lange keinen Sex hatte?
Übersicht
- Verändern sich die Geschlechtsorgane?
- Samenstau – gibt es das wirklich?
- Können Spermien „schlecht“ werden?
- Hat Sex(entzug) Einfluss auf die Prostata?
- Leidet das Immunsystem, wenn man lange keinen Sex hat?
- Schädigt Sex-Entzug die seelische Gesundheit?
- Kommt es zu einer „Verweiblichung“?
- Verschwindet die Libido, wenn man lange keinen Sex hat?
- Quellen
Verändern sich die Geschlechtsorgane?
Muskeln, die lange nicht gefordert werden, bilden sich zurück. Eine ähnliche Entwicklung könnten theoretisch auch die Geschlechtsorgane nehmen – also praktisch nicht mehr so funktionieren, wie sie sollten. Und tatsächlich: Wenn man(n) sein bestes Stück lange nicht gebraucht hat, kann dies Erektionsstörungen begünstigen. Das bestätigt Dr. med. Christoph Pies, Facharzt für Urologie und Buchautor, im Gespräch mit FITBOOK. Durch die fehlende Durchblutung können die Schwellkörper auf die Dauer „atrophieren“, also quasi verkümmern. Dr. Pies spricht von Veränderungen der Muskeln im Geschlechtsteil und Vernarbungen im Schwellkörper, die eine Abstinenz mitbringen können. Das ist sogar in einer Studie gezeigt worden.1
Samenstau – gibt es das wirklich?
Lange keinen Sex zu haben soll einen Samenstau verursachen und die Hoden anschwellen lassen – eine schmerzhafte Vorstellung, die glücklicherweise ins Reich der Legenden verfrachtet werden kann. Urologe Dr. Pies gibt Entwarnung. „In den Hoden werden zwar andauernd neue Spermien produziert, doch ungebrauchte werden früher oder später abgebaut oder durch einen nächtlichen Samenerguss ausgestoßen.“ So etwas wie Samenstau gibt es also nicht.
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Können Spermien „schlecht“ werden?
Entsprechend stimmt auch nicht, was sich damals schon auf dem Schulhof erzählt wurde: dass die Qualität der Spermien leidet, wenn man lange keinen Sex hatte und sie deshalb nicht „losgeworden“ ist. Laut Dr. Pies verändert sich die Samenflüssigkeit weder zum Guten noch zum Schlechten, das sollen auch US-Forscher mit einer groß angelegten Studie belegt haben.2
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Hat Sex(entzug) Einfluss auf die Prostata?
Ja. Forscher verschiedener Fakultäten konnten in einer gemeinsamen Studie zeigen, dass regelmäßiges Ejakulieren das Risiko verringert, an Prostatakrebs zu erkranken. 21 oder mehr Samenergüsse im Monat führten zu einem um 33 Prozent verminderten Risiko im Vergleich zu der Gruppe, die nur vier bis sieben Mal pro Monat ejakulierte.3
Leidet das Immunsystem, wenn man lange keinen Sex hat?
Jein. Umgekehrt könne man aber sicher sagen: Wer zwei- bis dreimal pro Woche Sex hat, unterstützt sein Immunsystem! Vor allem, wenn eine weitere Person daran beteiligt sei, so Dr. Pies: „Speichelaustausch wirkt wie eine Impfung, da auch mehr Antikörper nachweisbar sind.“
Schädigt Sex-Entzug die seelische Gesundheit?
Bekanntermaßen wird beim Sex die Ausschüttung von Glückshormonen provoziert und die des Stresshormons Cortisol gehemmt. Fällt dieser „Akt“ weg, ist man entsprechend reizbarer. Diesen ungesunden Effekt fördern viele Betroffene oft selbst – ungewollt, natürlich. Pies berichtet von einer Studie der Universität Göttingen mit rund 32.000 Probanden, aus deren Daten hervorging, dass ein Drittel der Männer und Frauen, die maximal einmal pro Woche Sex hatten, sich mit Arbeit ablenkten. „Das erhöht das Stresslevel noch weiter“, warnt Pies. Die Antwort sei daher: Ja.
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Kommt es zu einer „Verweiblichung“?
Nein. Zwar ist die Studienlage zum Einfluss von sexueller Abstinenz auf den Testosteronspiegel nicht ganz eindeutig – so kann es etwa durch ausbleibende Ejakulationen zu einem Abfall des aktiven „freien“ Testosterons kommen –, eine negative Beeinflussung des Gesamt-Testosterons oder gar eine „Verweiblichung“ tritt jedoch nicht ein.4
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Verschwindet die Libido, wenn man lange keinen Sex hat?
Im Regelfall nicht, erklärt uns Dr. Pies, aber im Einzelfall könne das passieren. Mediziner sprächen vom „Witwer-Syndrom“, einer Sexualstörung, bei der der Körper sich quasi an die Sexlosigkeit gewöhnt habe. Die Ursachen seien hier aber nicht auf hormoneller Ebene zu suchen, sondern entstünden beispielsweise durch die Trauer nach einer Trennung oder einem Todesfall oder durch allgemeine körperliche Inaktivität.