28. Februar 2021, 17:26 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Saki Skourlis hat in einem halben Jahr fast 100 Kilogramm abgespeckt. Das brachte ihm 2018 den Titel „The Biggest Loser“ und ein ganz neues Lebensgefühl. Nach zwei Jahren ist klar: Die erfolgreiche Radikaldiät hat ihm das Leben nicht leichter gemacht.
Als Saki Skourlis 2018 nach sechs Monaten hungern und enorm viel Sport endlich sein Wunschgewicht erreicht hatte, war er am Ziel seiner Träume. Was ist davon, zweieinhalb Jahre nach dem „Biggest Loser“-Sieg von Saki, übrig geblieben?
Rückblick – die Euphorie nach „The Biggest Loser“
Zweieinhalb Jahre sind vergangen seit seinem großen Triumph. Saki Skourlis, der damals Fast-200-Kilo-Mann aus Nürnberg, der bei „The Biggest Loser“ in sechs Monaten 94,5 Kilogramm verlor und die TV-Show damit gewann. Saki war am Ziel seiner Träume: Ein Leben in einem schlanken Körper führen, regelmäßig Sport und Freude an gesunder Ernährung. So hatte er sich das vorgenommen. Und für eine ganze Weile blieb das zunächst auch so.
In der Phase nach der Show sind Chips-Abende auf dem Sofa so weit weg wie das Ausgangsgewicht. Saki wird von einer Welle der Euphorie getragen, die ihn weit weg von alten Fast-Food-Gelüsten spült. Der Franke mit griechischen Wurzeln genießt den Wirbel um seine Person, er ist das amtierende Transformationswunder der Nation. Als solches darf er ins Frühstücksfernsehen, wirbt für eine Firma, die Herrenunterwäsche herstellt, sitzt in der Jury bei der Wahl zu Miss & Mister Nürnberg und wenn im Club in seiner Heimatstadt die „Women’s Night“ ansteht, ist er Stargast.
Auch im August 2018, ein halbes Jahr nach seinem Sieg, ist die Euphorie noch deutlich zu spüren. Saki schwärmt von der Zeit im Abnehm-Camp. Er habe diese extreme Sache gebraucht, um „es zu packen“ und etwas in seinem Leben zu ändern, erzählt er damals. Extrem heißt: Täglich Sport und Nahrung mit möglichst geringer Energiedichte – täglich z.B. ein Kilogramm Salat und Gemüse. Eine Situation, in der Gefühlsausbrüche kaum ausbleiben – zur Freude der Zuschauer. „Dass ich bloßgestellt wurde, war mit egal.“ Saki erzählt, er hat den Sieg auch davongetragen, weil er zwei Tage vor dem Finale jede freie Minuten saunierte und gleichzeitig so wenig Wasser wie möglich trank. Kein Gramm zu viel davon sollte ihn den Sieg nehmen. Saki hat seinen Körper ausgepresst wie eine Zitrone – und wurde folgerichtig „The Biggest Loser“ 2018.
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Ohne Gegensteuern geht es nicht
So lange die Euphorie über den Sieg dafür sorgte, dass Saki viel Sport trieb und sich gesund (ja fast schon unter)ernährte, war der „alte“ Saki mit seinem unstillbaren Appetit nach Dingen wie Lasagne, Schokocroissants, Chips, Cheeseburger kein Thema. Und obwohl er sich intensiv mit dem Thema Ernährung beschäftigt habe, komme er immer wieder an den Punkt, manchmal einfach nicht anders zu können: „Und leider werde ich jedes Mal dafür bestraft.“ Gönnt er sich vom köstlichen Kuchen, den seine Frau gebacken hat, ein zweites Stück oder gibt er bei der Chipstüte vorm TV kein Halten mehr, hat das unweigerlich Folgen. Ein solcher Abend reicht, klagt Saki, um drei Kilo zuzunehmen.
Drei Kilo, die er dann an zwei anderen Abenden, an denen ein Naturjoghurt zum Sattwerden reichen muss, wieder ungeschehen macht. Ohne Gegensteuern, ohne absolute Kontrolle, geht es nicht und lernt man Saki kennen, zweifelt man nicht an seinem eisernen Willen: „Ich bin weit entfernt von meinen alten Essgewohnheiten“, sagt Saki. Er meint damit den täglichen Döner, die regelmäßigen Besuche im Fast-Food-Restaurant, eines großen Fast-Food-Restaurants. Zu gefährlich! „Ich will mich nicht oft aus dem Fenster lehnen und essen, wonach mir der Sinn steht. Sonst geht das Gewicht sofort wieder hoch.“ Aber wollen und Realität sind manchmal eben nicht dasselbe. Seit der Abnehm-Show hat er mehrmals zugelegt und wieder abgenommen, das Maximum (plus 20 Kilo) habe er im Lockdown im März 2020 erreicht. Schwankungen beim Gewicht, die für viele außerhalb ihrer Vorstellungskraft liegen, sind für den 42-Jährigen Nachwehen: „Man geht durch Höhen und Tiefen.“
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Normal essen zu können, würde ihm schon reichen
Es sind vor allem die Wochenenden, die für Saki, was das Essen betrifft, zum Seiltanz werden. Wenn beim ausgedehnten Familienfrühstück Nuss-Nugat-Creme, Marmelade, Wurst und Brot auf dem Tisch stehen. Wenn die Kinder mittags Lust auf Currywurst mit Pommes haben und abends nochmal groß gekocht wird. Wenn Saki sich gönnt, wie sich Saki gönnen möchte, hat er ruckzuck 5000 Kalorien auf dem Tacho. Der Unterschied zu früher besteht darin, dass es nicht gedankenlos einfach passiert – Saki weiß heute ganz genau, was er da tut, welche Folgen es hat und was getan werden muss, um es auszubügeln. „Ich genieße bewusst und mit Bedacht. Und wenn es mal mehr wird, arbeite ich hinterher oder vorher dafür.“
Das alles ist, da sollte man sich nichts vormachen, unendlich anstrengend. Und irgendwie hatte sich Saki das mit dem Essen nach erfolgreicher Diät auch anders vorgestellt hat. „Normal essen zu können“, sagt der 42-Jährige, „würde mir doch schon reichen“.
Aber was ist schon normal, wenn der Stoffwechsel ganz augenscheinlich verrückt spielt und die individuelle Wahrnehmung des Hunger- und Sättigungsgefühls keinerlei Gradmesser dafür bietet? Wenn man sich umfassend mit der eigenen Ernährung auseinandergesetzt hat – und trotzdem immer wieder einen Dämpfer bekommt?
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Expertin: Stoffwechsel nach Radikaldiät im Sparmodus
Die Radikaldiät hat den „Biggest Loser“-Sieger von 2018 in einen gigantischen Jo-Jo-Effekt getrieben. Mehr noch: „Bei drastischen Gewichtsabnahmen geht der Stoffwechsel in eine Art Sparmodus über“, sagt Prof. Christine Joisten, Leiterin der Abteilung für Bewegungs- und Gesundheitsförderung am Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft der Deutschen Sporthochschule Köln zu FITBOOK. Wie lange dieser Sparmodus anhalte, könne man nicht sagen. „Eine Prognose gibt es leider nicht“, so Joisten. Das heißt: Saki ist mehr oder weniger dazu verdammt, Kalorien einzusparen (also weniger zuzuführen als verbraucht werden) – wenn er nicht zunehmen möchte.
Jo-Jo-Effekt: Verliert man in kurzer Zeit viel Gewicht, geschieht das über eine maximale Reduktion der Tageskalorien. Daraus resultierende, hartnäckige Hungergefühle gaukeln dem Körper magere Zeiten vor. Um Energie zu sparen, reduziert der Organismus als Folge seinen Grundumsatz. Nach der Diät – wenn jetzt wieder normal gegessen wird – läuft der Stoffwechsel weiterhin auf Sparflamme und verbrennt weniger Kalorien, um Reserven ansammeln zu können. Man nimmt wieder zu. Wer mehr darüber erfahren möchte, kann das hier tun.
Ohne Disziplin könnte er schnell wieder 190 Kilo wiegen
Ein dauerhafter Jo-Jo-Effekt als zwangsläufige Folge, wenn man radikal Gewicht verloren hat? Alexandra Gregus, „The Biggest Loser“-Siegerin von 2017, ist hier sicherlich ein seltenes Gegenbeispiel. Sie hat es geschafft, die Jo-Jo-Falle erfolgreich zu umschiffen – ausgesehen von einer moderaten Gewichtszunahme nach der Show. Wie ihr das gelungen ist, hat Alexandra FITBOOK Ende Dezember 2020 erzählt.
Und Saki? Ihm sei in den vergangenen zwei Jahren klargeworden, dass „ich locker wieder bei 190 Kilo lande, wenn ich mich nicht diszipliniere“. Diese Selbstbeherrschung aufzubringen, sei nicht immer einfach. Aber ohne funktioniere es schlicht und einfach nicht, so der 42-Jährige im Gespräch mit FITBOOK.
„Biggest Loser“-Sieger verlor 94,5 Kilo Experte zu Sakis Gewichtsverlust: „Das ist grob fahrlässig“
2 Jahre nach ihrem Sieg bei „The Biggest Loser“ Alexandra Gregus: »Ich habe Angst, dass das Gewicht wiederkommt
FITBOOK hat sie seitdem begleitet Sie war „The Biggest Loser“ 2017 – wie geht es Alexandra Gregus heute?
Saki möchte das Erlebte als Personal Trainer weitergeben
Um das Erlebte weiterzugeben und andere zu animieren, „ihr Leben zu verändern“, ließ sich der „Biggest Loser“-Sieger zum Personal Trainer ausbilden. Auf seiner Webseite kann man „Exklusives 1:1-Training mit Saki“ anfragen, buchbar ab 499 Euro. „Aller Anfang ist schwer! Der Weg hierher war nicht immer einfach für mich. Aber ich würde um keinen Preis der Welt etwas ändern wollen. Meine Erfahrungen haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin – und ich habe aus meinen Fehlern gelernt“, schreibt er dort über sich. Die erfolgreiche Radikaldiät hat Sakis Leben nicht leichter gemacht. Aber er hat die Herausforderung angenommen.