20. März 2023, 12:48 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Was hält uns davon ab, glücklich zu sein? Laut dem Zen-Mönch Haenim Sunim sind es Gedanken, die in der Zukunft hängen. Glücklich sein, sagt er, funktioniert nur im Hier und Jetzt. Diesen Zustand nennt er den „Seins-Modus“ und hat eine Atemübung entwickelt, mit der man in einer Minute dorthin wechseln kann.
Das Glück, sagt Haemin Sunim, kommt zu uns, wenn wir es loslassen und langsamer werden. Wer ungeduldig ist, sollte es mit der Abkürzung versuchen: einer Atemübung, die nur eine Minute in Anspruch nimmt. FITBOOK hat den Zen-Mönch, der viele erfolgreiche Bücher geschrieben hat (u.a. Die schönen Dinge siehst du nur, wenn du langsam gehst), vor einigen Jahren bei einer Lesung in Berlin erlebt – und die Übung ausprobiert, mit der man glücklich werden soll – zumindest für einen Moment.
Übersicht
- Der Zustand, in dem es unmöglich ist, glücklich zu sein
- Was uns glücklich macht, ist die Aufmerksamkeit, mit der wir etwas tun
- Glücklich werden – mit dieser Übung gelangt man in den „Seins-Modus“
- Ich habe die Übung ausprobiert
- Weitere Schlüssel für Glücksempfinden
- Zen-Mönch zum Führen einer guten Beziehung
- Wie verbanne ich Stress? Zen-Mönch Sunim hat noch einen Tipp
Der Zustand, in dem es unmöglich ist, glücklich zu sein
Wann waren Sie zuletzt gestresst? Wann kam zuletzt ein negatives Gefühl hoch in Ihnen? Und wie sind Sie damit umgegangen? Haben Sie reflexhaft versucht, es unter Kontrolle zu bringen, um nicht von ihm überwältigt zu werden? Dann sind Sie sich laut Haenim Sunim im „Aktivitäts-Modus“ gefangen. Ein Zustand, in dem es unmöglich sei, glücklich zu sein.
Der Zen-Mönch, der in Harvard und Princeton Religionswissenschaft bzw. Psychologie studiert hat, gilt als einer der erfolgreichsten Lehrer des Zen-Buddhismus in Südkorea. Gestressten Menschen sei der Aktivitäts-Modus besonders vertraut, so Sunim. Wir sind es gewohnt, ein Projekt nach dem anderen anzupacken. Wir wollen Probleme lösen. Das Problem: „In diesem Modus sind wir mit den Gedanken immer in der Zukunft“, erklärt Sunim.
Auch interessant: Was passiert im Gehirn, wenn es still wird?
Was uns glücklich macht, ist die Aufmerksamkeit, mit der wir etwas tun
Als Beispiel nennt er einen Gedanken, der vielen vertraut sein dürfte: Wenn ich dies oder jenes erledigt habe, bin ich glücklich. Wenn ich mir etwas gekauft habe, bin ich glücklich. Der Tag, an dem ich heirate, wird der glücklichste meines Lebens … Doch so laufe es eben nicht. Glücklich sein in der Zukunft, das funktioniert laut Sunim nicht. „Es funktioniert nur im Hier und Jetzt.“ Was uns glücklich mache, sei „die Aufmerksamkeit, mit der wir etwas tun“.
Die vielleicht wichtigste Fähigkeit zum Glücklichsein besteht für Sunim darin, sich Zeit dafür zu nehmen. „Seien sie selektiv, genießen Sie die eigenen Gedanken!“ Es geht also darum, die Aufmerksamkeit nach innen zu richten. Vom „Aktivitäts-Modus“ in den „Seins-Modus“ wechseln, nennt der Meister diesen Schritt.
Wie funktioniert das? Laut Zen-Mönch Sunim kann eine simple Atemübung helfen, den „Seins-Modus“ zu erreichen – zumindest kurzfristig.
Glücklich werden – mit dieser Übung gelangt man in den „Seins-Modus“
- 1. Setzen Sie sich bequem hin und schließen Sie die Augen
- 2. Lassen Sie die Schultern ein paar Mal schnell in beide Richtungen kreisen
- 3. Strecken Sie jetzt die Arme nach oben und lassen Sie sie fallen. Wiederholen Sie das ein paar Mal
- 4. Atmen Sie anschließend mit geschlossenen Augen sechs- bis siebenmal ganz tief ein und aus
- 5. Legen Sie die rechte Hand in Herzhöhe auf die linke Brust
- 6. Sprechen Sie die folgenden Sätze vor sich hin. Wichtig sei laut Sunim, sie auch wirklich auszusprechen. Vielleicht schaffen Sie es ja mit einem Lächeln? (Sie können das natürlich auch auf Deutsch tun):
„May I be healthy.“ (Möge ich gesund sein.)
„May I be happy.“ (Möge ich glücklich sein.)
„May I be peaceful.“ (Möge ich friedvoll sein.)
„May I be protected.“ (Möge ich beschützt sein.)
„May I be loved.“ (Möge ich geliebt sein.)
- 7. Danach öffnen Sie Ihre Augen und fokussieren sich auf Ihre Wahrnehmung
Wie fühlen Sie sich? Was nehmen Sie wahr? Laut Sunim haben Sie die Übung richtig ausgeführ, wenn sie in diesem Moment danach an nichts denken und gleichzeitig mit allen Sinnen wahrnehmen, was um Sie herum geschieht. „Das“, sagt Sunim, „ist der Seins-Modus“.
Auch interessant: Psychologin erklärt, warum uns schon kleine Veränderungen glücklicher machen können
Ich habe die Übung ausprobiert
Funktioniert das? FITBOOK-Redakteurin Anna Kessler hat die Atemübung ausprobiert, mit der man für einen Moment glücklich werden soll.
„Zugegeben, ich musste zunächst über den Punkt hinweg kommen, diese einfachen Buddhistischen Weisheiten nicht als alberne Kalendersprüche abzutun. Aber dann hat es erstaunlich gut funktioniert. Nach Sunims Übung war ich tatsächlich erst einmal nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Gleichzeitig wirkt alles weit und hell und greifbar. Meine Sinne waren voll auf Empfang. Im Bauch breitet sich ein wach-wohliges Gefühl aus, das man vielleicht am besten als starke Aufmerksamkeit beschreiben kann. Leider hielt der „Seins-Modus“ nur ein paar Sekunden an.“– Anna Kessler
Weitere Schlüssel für Glücksempfinden
Das mit dem Seins-Modus funktioniert auch, wenn wir lieben oder genießen: „Was wir wahrnehmen, wenn wir beispielsweise unser Kind beim Schlafen betrachten, wenn wir einen schönen Menschen sehen oder ein Essen bewusst langsam genießen.“ Es sei nie die Aktivität, die glücklich mache, sondern „die Aufmerksamkeit, die uns erlaubt, dabei Freude zu empfinden“.
Zen-Mönch zum Führen einer guten Beziehung
Sunim vergleicht es mit dem Sitzen an einem Feuer: „Tut man es zu lange und zu nah, herrscht Verbrennungsgefahr.“ Entsprechend liege der Schlüssel darin – was wir alle schon x-mal gehört haben –, die richtige Balance zu finden. Sunim gibt dazu noch folgenden Gedankenanstoß: „Derjenige, der dir heute das Leben schwer gemacht hat, könnte ein gut getarnter Lehrer sein, der vom Himmel mit der Aufgabe geschickt wurde, für dein spirituelles Wachstum zu sorgen!“
„Reset“-Strategie für Körper und Geist Warum es so guttut, einfach mal auf dem Boden zu liegen
Expertin verrät Wie Achtsamkeitstraining hilft, besser mit Stress umzugehen
Ideal für Meditationsanfänger Die Vorteile von Gehmeditation für die Gesundheit
Wie verbanne ich Stress? Zen-Mönch Sunim hat noch einen Tipp
Wer sich chronisch gestresst fühlt, dem empfiehlt Sunim, alles, was ihn stresst, auch Kleinigkeiten, auf ein Blatt Papier zu schreiben. „Die Stressauslöser sind jetzt auf ein Blatt Papier gebannt, fern von deinem Geist. Entspann dich heute Abend und sag dir, dass du die Liste morgen Punkt für Punkt durchgehen wirst.“ Am nächsten Tag, garantiert Sunim, werden Geist und Körper bereit sein. Der Schlüssel bestehe darin, zu erkennen, „dass negative Emotionen nicht dauerhaft sind“.