30. November 2023, 12:59 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Herausforderungen im Job, Kinder und Familienleben, gleichzeitig das Bedürfnis, alles perfekt zu machen. Ein Balanceakt, den viele kennen – vor allem Frauen. Denn sie sind auch im Jahr 2023 häufig noch die hauptverantwortlichen Caregiver der Familie und arbeiten nicht selten gleichzeitig in Vollzeit. Mental Health ist in aller Munde und dennoch für viele nicht wirklich greifbar. Was ist mentale Gesundheit bzw. Stärke? Wieso kämpfen so viele Menschen damit? Diese und viele weitere Fragen beleuchteten FITBOOK und STYLEBOOK zusammen mit drei starken Frauen: den Moderatorinnen Anna Kraft und Fernanda Brandão sowie Healthcare-Expertin Cornelia Wanke.
Der Beauty Impact Report von STYLEBOOK, bei dem über 1000 Frauen im Alter von 16 bis 79 Jahren befragt wurden, lieferte bemerkenswerte Erkenntnisse. Von Benachteiligung im Beruf und sogar Reue, eine Familie gegründet zu haben, die Mütter empfinden, über Schönheitsdruck, der sich in Bereitschaft für Beauty-Eingriffe äußert, bis hin zu Essstörungen – mentale Gesundheit hat für Frauen großes Gewicht. Anlass genug für uns bei FITBOOK, gemeinsam mit unseren STYLEBOOK-Kolleginnen dieses bedeutende Thema in einem Panel Talk zu vertiefen. Im Rahmen eines gemütlichen Dinners in München tauschten sich Sportmoderatorin Anna Kraft, Moderatorin und Speakerin Fernanda Brandão sowie Cornelia Wanke, Vorstand der beiden Vereine Healthcare Frauen und Spitzenfrauen Gesundheit, zu mentaler Gesundheit aus – und gaben dabei auch sehr persönliche Einblicke.
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„Frauen haben einen unglaublichen ‚Mental Load’“
Cornelia Wanke ist Speakerin und setzt sich mit den Vereinen Healthcare Frauen e.V. und Spitzenfrauen Gesundheit e.V. dafür ein, mehr Frauen in wichtige Positionen des Gesundheitswesens zu positionieren. Ein großes Thema bei ihrer Arbeit ist auch die mentale Gesundheit. Das Thema betreffe natürlich alle, unabhängig vom Geschlecht, betonte sie im Panel Talk vor dem gebannt lauschenden Publikum, welches aus Vertretern der Medien- und Gesundheitsbranche bestand. Aber Frauen seien in mancherlei Hinsicht besonders belastet. „Frauen haben einen unglaublichen ‚Mental Load‘, vor allem wenn Kinder da sind und die Frauen berufstätig sind“, erklärte Wanke.
„Mental Load“ meint – verkürzt gesagt – die Menge an Denkarbeiten, die neben dem eigentlichen Beruf anfällt. Man denke an die vielen Bedürfnisse ihrer Kinder bzw. Familie, die Mütter antizipieren und zumeist erfüllen wollen. Aber auch die Fülle an Planung – von Mahlzeiten, über Hobbys und Freizeit der Kinder, bis hin zu den vielen Terminen, die in jeder Familie anfallen. Im Grunde leisten viele Frauen ein im Privaten stattfindendes Projektmanagement, für das sie nicht bezahlt werden und für das ihnen leider häufig auch kaum gedankt wird.
„Nicht immer denken, das schaff ich auch noch!“
„Nicht immer denken, das schaffe ich auch noch und das auch noch und ich lege noch eine Schippe drauf“, appellierte die Expertin an Betroffene. Frauen sollen wissen: Sie sind damit nicht alleine. Sie können sich Hilfe holen.“ Cornelia Wanke versucht, im Arbeitsumfeld für Frauen Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine gesunde Psyche fördern – mit Unterstützung ihrer beiden Vereine. Ihr Anspruch: „Es gar nicht erst zu mentalen Problemen kommen lassen.“
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„Ich bin so erzogen worden, dass es galt, tough zu sein“
Anna Kraft ist ehemalige Profi-Leichtathletin, Sportmoderatorin und Mutter. Darüber hinaus erhielt sie vor acht Jahren die Diagnose Multiple Sklerose. Ihre Erkrankung machten sie 2021öffentlich und sprach auch mit FITBOOK in einem Interview ausführlich über ihren Umgang mit MS.
In allen Bereichen ihres Lebens hat die 38-Jährige schon erfahren, dass es nicht immer möglich ist, stets nur Stärke zu zeigen und zu empfinden. „Ich bin so erzogen worden, dass es galt, tough zu sein. Das Motto war: Was dich nicht umbringt, macht dich hart“, erinnert sich Kraft. Die MS habe sie jedoch in den vergangenen Jahren dazu gezwungen, hier und da „Schwäche“ eingestehen zu müssen. So auch vor einigen Wochen, als sie aufgrund eines akuten Schubes einen Job absagen musste: „Ich musste es auch noch per Mail machen, weil ich zu dem Zeitpunkt nicht sprechen konnte. Das war so eine Überwindung, ich habe mich echt geschämt“, erzählte die Moderatorin im Panel-Talk und wundert sich im Rückblick: „Wir sind so sozialisiert, dass wir noch mit 40 Grad Fieber arbeiten gehen, um nur ja nicht als schwach angesehen zu werden. Unglaublich!“
„Über Mental Health sprechen – ganz offen und ehrlich.“
Auch unabhängig von ihrer MS liegt Moderatorin Anna Kraft Mental Health am Herzen. Bei Frauen sehe sie noch großen Nachholbedarf, wenn es darum gehe, sich zwischendurch mal selbst zu priorisieren. „Frauen müssen doch häufig einen Schritt über sich hinauswachsen, um alles im Alltag zu bewältigen: den Haushalt, die Kindererziehung, vielleicht noch den Job. Da übertritt man, das weiß ich aus eigener Erfahrung, häufiger mal die rote Linie. Dann gilt es, sich bewusst zu machen: Ich muss jetzt mal einen Schritt zurückgehen, mich zurücknehmen, mir etwas ‚Me-Time‘ nehmen, damit es nicht zu viel wird. Das ist auch für mich persönlich wichtig, um die mentale Balance zu halten. Aus diesem Grund finde ich es total wichtig, über Mental Health zu sprechen – und zwar ganz offen und ehrlich.“
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„Früher verstand ich Durchhaltevermögen als mentale Stärke“
„Früher hat sich mentale Stärke für mich dadurch definiert, wie konzentriert und eisern man bei einer Sache bleiben kann“, erklärte Moderatorin und TV-Star Fernanda Brandão, die ihre Karriere als Tänzerin begann und lizenzierte Fitnesstrainerin ist. „Es ging darum, wie ehrgeizig man ist und wie viel Disziplin man hat und wie viel Arbeit man in etwas hineinsteckt. Ich verstand sozusagen das Durchhaltevermögen als mentale Stärke.“
Heute verstehe sie mentale Stärke ein bisschen differenzierter. „Ich glaube, dass Disziplin, Fleiß und harte Arbeit wichtig sind, um seine Ziele zu verfolgen und zu erreichen“, so die 40-Jährige. „Aber ich glaube auch, dass ein übermäßiger Ehrgeiz auch in eine andere Richtung kippen kann, in der man sich selbst ein bisschen verliert. Man definiert sich dann nur noch darüber, ob das Ziel erreicht wird und ob man Erfolg hat oder nicht. Das kann dazu führen, dass man unbewusst denkt, man sei es nicht wert, geliebt zu werden, wenn man das eine nicht erreicht oder umgesetzt hat.“
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„Mentale Stärke ist, zu sagen, wenn es zu viel wird“
Wie definiert Fernanda Brandão mentale Stärke jetzt? Als „Balance aus den beiden Seiten der Medaille. Harte Arbeit, Fleiß und Disziplin auf der einen Seite, aber gleichzeitig auch bei sich bleiben und sein Wohlbefinden nicht aus den Augen verlieren.“ Brandãos Tipp: „Dabei Dinge auch ansprechen, sagen, wenn es zu viel wird oder man die Freude verliert. Das ist der Moment, in dem man genau hinsehen muss: Was ist die Ursache und wie kann es beheben?“
Im weiteren Verlauf des Talks schöpften insbesondere Anna Kraft und Fernanda Brandão aus ihrem ganz persönlichen Erfahrungsschatz. Ob MS-Dämonentage, ein zu harter Umgang mit sich selbst oder die Instagram-Falle, sich ständig mit anderen zu vergleichen: Anna Kraft und Fernanda Brandão beleuchteten die Tücken der mentalen Gesundheit bis ins Detail. Fernanda Brandão teilte sogar die letzten Momente mit einem verstorbenen Familienmitglied und was diese in ihr ausgelöst haben mit den anwesenden Dinner-Gästen von FITBOOK und STYLEBOOK. Mehr dazu und weitere wertvolle Ratschläge aus dem Panel Talk rund um Mental Health, lesen Sie bald auf FITBOOK.de.