7. Februar 2019, 15:03 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Ein Zwölftel ist rum: Ich bin seit mehr als einem Monat alkoholfrei unterwegs. Und gleich im Januar wartete mit meinem Geburtstag ein erster fieser Stolperstein auf mich. Doch erst bei Singstars mit Ü50-Lehrerinnen kam ich so richtig ins Schlingern.
Der erste Monat ist um. All meinen Hatern und Skeptikern (meine Freunde dürfen sich ruhig angesprochen fühlen) möchte ich mitteilen: Ich bin noch so trocken wie ein Sommer in Apulien. Und das Verrückte: Es ist mir nicht mal schwergefallen.
Teil 1 der Kolumne hier nachlesen: 7 Gründe, warum ich ein Jahr keinen Alkohol trinken will!
Aber bevor ich mich jetzt selbst für meine Standhaftigkeit feiere, habe ich erstmal Wichtigeres zu tun: Bedanken will ich mich – und zwar für all die lieben und aufbauenden Worte, die ich per E-Mail erhalten habe.
Als ich meinen Lesern anbot, mich für mein Vorhaben schriftlich zu beleidigen, habe ich nicht wirklich mit einem (positiven) Echo gerechnet. Stattdessen bekam ich zahlreiche Nachrichten, in denen mir Leser nicht nur Mut zusprachen, sondern auch von ihren persönlichen Erfahrungen mit längeren Alkoholpausen berichteten und mich vor Fallstricken (und falschen Freunden) warnten. Andere gaben mir Tipps, wie man auch in Gesellschaft mit „Trinkern“ nicht negativ auffällt (Rhabarbersaft im Weinglas bestellen!). Gleich mehrere Leser berichteten davon, dass sie seit ihrem Entschluss, keinen Alkohol mehr zu trinken, nicht nur nichts vermissen würden. Nein, sie würden sich auch körperlich wie mental fit fühlen wie nie zuvor.
Nachdem ich alle Mails beantwortet hatte, wusste ich zwei Dinge: 1) Das Thema Alkohol lässt (zumindest hierzulande) keinen kalt. 2) Meine Schnapsidee eines alkoholfreien Jahres war und ist die richtige Entscheidung!
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Aber wie ist es mir denn jetzt genau ergangen? Der erste Monat blieb nicht ohne echte Herausforderungen:
Mein 33. Geburtstag
Gefühlt hatte ich seit meiner Jugend höchstens zweimal am Wochenende Geburtstag. Ansonsten wurde ich stets vor die unschöne Wahl gestellt, entweder unter der Woche mit angezogener Handbremse zu feiern oder Tage später mit Wodkashots die längst verschiedene Geburtstagsstimmung künstlich zu reanimieren. Letztes Jahr, als mein Ehrentag auf einen Samstag fiel, war ich selbstredend krank. Und dieses Jahr? In einen Sonntag reinfeiern kann man natürlich prächtig, aber macht das ohne Alkohol überhaupt Spaß?
Hand aufs Herz: Ich habe hin und her überlegt, ob ich dieses Jahr meinen Geburtstag ausfallen lassen sollte. Dann habe ich mir gesagt: Wenn ich das tue, assoziiere ich alkoholfrei automatisch mit Verlust. Irgendwie unnötig und das falsche Signal. Also habe ich einen Tisch in einer verrauchten Kaschemme in Berlin-Wedding reserviert und meine Gäste zusammen mit meiner Freundin und einem alkoholfreien Bier etwas nervös empfangen.
Mit einer für wichtige Leute nötigen Verspätung trudelten die Gäste ein. Zwischenzeitlich dachte ich schon, die feinen Herrschaften würden mich sitzen lassen, weil ein nüchterner Gastgeber eine lame Party verspricht. Doch gekommen sind sie alle. Die Stunden verrannten, die Stimmung war ausgelassen. Genüsslich konnte ich beobachten, wie meine Gäste langsam betrunken wurden. Betonung übrigens auf konnte. Denn auch wenn ich wie immer am lautesten war (gut zu wissen, dass ich auch ohne Alk grölen kann), war ich zu jeder Zeit völlig bewusst und klar bei Verstand. Ein genauso ungewohntes wie schönes Gefühl. Am Ende saßen wir bis halb vier in der Kneipe, weil natürlich irgendwann irgendjemand auf die obligatorische Idee kommen musste, auf Schnäpse umzusteigen. Sollte mir recht sein, so hatte ich mehr zu gucken. Am nächsten Morgen war ich dann um die Erkenntnis reicher, dass ein mehrstündiger Kneipenabend auch ohne Kater kombinierbar ist.
Auch interessant: Das bringt es, einen Monat auf Alkohol zu verzichten
Abschied eines geschätzten Kollegen
Eine Woche später sollte der letzte Tag von einem meiner Lieblingsarbeitskollegen sein. Der hatte – seiner krankhaften Organisationswut sei Dank – ein ganzes Arsenal eisgekühlter Biere in der Redaktion aufgebahrt. Und ich, der sonst zu jedem noch so nichtigen Anlass zum Gerstensaft griff, musste just zu seinem Abschied meinem Sternzeichen Wassermann alle Ehre machen. Es war Freitagabend und die Arbeitswoche bis zum Schluss ziemlich anstrengend. Gewöhnlich reichen mir zwei Bier aus, um wieder auf mein angestammtes ADHS-Level zu kommen. Diesmal gab’s nur Limo – und selbst der Zuckerschock konnte es nicht verhindern: ein lästiges Dauergähnen. Um meinen Ruf als Feierbiest nicht schon im Januar zu verspielen, schlich ich kurz nach acht von dannen. Sorry Philippe!
50. Geburtstag meiner Schwiegermutter
Bei meinem eigenen Geburtstag hatte ich 0,0 (Promille) Probleme damit, auf Alkohol zu verzichten. Etwas anders sah es beim Fünfzigsten meiner Schwiegermutter in spe aus …
Natürlich muss ich hier jetzt höllisch aufpassen, wie ich mich ausdrücke. In bester Matlock-Manier: Alles, was ich sage, könnte gegen mich verwendet werden.
Es war ein toller Geburtstag! Kein Wunder, wenn die Mutter einer so tollen Freundin 5o wird … Die Frau Mama ist ihres Zeichens übrigens Schuldirektorin und so kam es, dass ein Gros der Gäste Lehrerinnen war. Bei ausgelassener „Ich trink ein‘ Sekt vielleicht“-Stimmung wurde passioniert über Pennäler und Pensionsansprüche diskutiert, bis das Highlight des Abends gezündet wurde: „eine“ Runde Singstars. Leider (?) war die Queen-DVD kaputt, also mussten die Damen Schlager singen. Oder bleiben wir bei den Fakten: kreischen.
Spätestens an der Stelle – fuhr mich das Teufelchen auf meiner Schulter böse an – müsste ich doch einsehen, dass mich jetzt nur noch eine Devise retten könne: Biere leeren statt Biolehrer. Doch auch diesen Impuls des Fastenbrechens spülte ich schnell mit einem großen Schluck Cola runter und nahm mir vor, mit einer berauschenden Roland-Kaiser-Darbietung zum Gesangskönig aufzusteigen. Hat zwar nicht geklappt. Dafür war ich umso stolzer, auch diesen Abend schadlos überstanden zu haben.
Und sind wir mal ehrlich: den eigenen Geburtstag und den der Schwiegermutti erfolgreich ohne Suff abgehakt. Was soll mich jetzt noch aufhalten??
Okay, ich habe da eine Idee. Aber die verrate ich erst beim nächsten Mal.
Und wer letztens nicht dazu kam, mich für mein Vorhaben zu beleidigen, kann das weiterhin gerne mit einer E-Mail an info@fitbook.de tun. Das gilt natürlich auch für die Leserin, die mir in ihrer Nachricht Sexismus vorwarf, weil ich Frechdachs bewusst verschwiegen hatte, dass jede werdende Mama ebenso lange Zeit auf Alkohol verzichten muss. Danke Mutti.