24. Mai 2024, 17:53 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Albträume sind per se nichts Ungewöhnliches. Vor allem Kinder und Jugendliche werden von schlechten Träumen geplagt. Doch gerade im Erwachsenenalter können Sie ein Frühwarnzeichen für bestimmte Erkrankungen sein. Eine aktuelle Studie fand nun einen Zusammenhang zwischen häufigen Albträumen und einer Autoimmunerkrankung. FITBOOK-Autor Martin Lewicki erklärt, was die Forscher genau herausgefunden haben.
Sicher hat jeder schon einmal schlecht geträumt. Meistens wacht man aus einem Albtraum auf und ist sofort erleichtert, dass es nur ein böser Traum war. Interessanterweise sind vor allem Kinder und Jugendliche von Albträumen betroffen. Etwa zehn bis 50 Prozent der Kinder zwischen drei und sechs Jahren haben mindestens einmal pro Woche einen Albtraum – Mädchen und Jungen gleichermaßen.1 Bei Erwachsenen sind es etwa ein bis fünf Prozent, die einmal pro Woche oder öfter einen Albtraum haben. Allerdings sind Frauen viermal häufiger von Albträumen betroffen als Männer. Forscher haben nun herausgefunden, dass häufige Albträume ein Frühwarnzeichen für die Autoimmunerkrankung Lupus sein können. Frühere Studien zeigen auch Zusammenhänge zwischen Albträumen und anderen Krankheiten.
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Übersicht
Warum man schlechte Träume ernst nehmen sollte
Schlechte Träume zu haben, ist nichts Ungewöhnliches. Die Gründe können vielfältig sein. Als Risikofaktoren nennt die Fachpublikation „Springer Medizin“ insbesondere folgende psychosoziale Faktoren:
- chronischer Stress am Arbeitsplatz
- Mobbing
- familiäre Konflikte
- finanzielle Sorgen
- Belastungen durch Beruf und Familie
Weitere Faktoren für das Auftreten häufiger Albträume können Medikamente (z. B. Antidepressiva, Betablocker, Melatonin-Präparate), Alkohol und Drogen sein. Ebenso leiden Menschen mit posttraumatischen Belastungen, Depressionen und Angststörungen an schlechten Träumen. Wenn man jedoch all diese Faktoren ausschließen kann und dennoch häufiger als einmal pro Woche Albträume hat, könnte es ein Frühwarnzeichen für eine Autoimmunerkrankung sein. Dies zeigen Forscher einer internationalen Studie, die an der britischen Cambridge-Universität und am King’s College in London durchgeführt wurde.2
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So lief die Studie ab
Die Studie ist Teil des INSPIRE-Forschungsprojekts, bei dem mit unterschiedlichen Methoden geforscht wird. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf der Untersuchung der Häufigkeit und der Auswirkungen neuropsychiatrischer Symptome anhand von Erfahrungen von Rheumapatienten und ihren behandelnden Ärzten. Die Daten wurden im Jahr 2022 mithilfe einer Online-Umfrage erhoben. Die Rekrutierung erfolgte über soziale Medien, Online-Patienten-Selbsthilfegruppen und berufliche Netzwerke. Die Probanden sollten mindestens 18 Jahre alt sein und eine systemische rheumatische Autoimmunerkrankung als Diagnose haben. Allerdings wurden die Diagnosen von den Forschern nicht überprüft.
Die Wissenschaftler betrachteten insbesondere jene Patienten, die unter systemischem Lupus Erythematodes (SLE) litten. Insgesamt wurden Daten und Befragungen von 1076 Studienteilnehmern ausgewertet. Davon waren 676 Lupus-Patienten und 400, die nicht selbst erkrankt waren, sondern Betroffene behandelten (Fachärzte). Die meisten der Teilnehmenden stammen aus Großbritannien. Bei den Patienten machten Frauen mit 94 Prozent einen überwiegenden Anteil aus.
Systemischer Lupus
Systemischer Lupus ist die am meisten verbreitete Form von Lupus. Dabei gelangen die vom eigenen Immunsystem gebildeten Abwehrstoffe (Antikörper) über das Blut in alle Körperregionen. So kommt es zu Entzündungen und Schädigungen der Organe. Besonders häufig sind Entzündungen von:
- Gelenken
- Gehirn
- Haut
- Bindegewebe
- Organen
- Schleimhäuten
Forscher identifizieren häufige Albträume als Frühwarnzeichen für Lupus
Die Lupus-Patientinnen und -Patienten berichteten besonders häufig von sehr lebhaften, schlechten Träumen und Halluzinationen. Dieses Symptom kam bei drei von fünf Patienten vor, also bei etwa 60 Prozent der Probanden. Bei einem Drittel von ihnen traten die häufigen Albträume, gefolgt von Halluzinationen, mehr als ein Jahr vor dem Ausbruch der Krankheit auf. In Zusammenhang mit den Halluzinationen berichteten die Patienten von einer Art böser Tagtraum (im Englischen „daymare“, was sich im Deutschen am besten mit „Tag-Albtraum“ übersetzen lässt).
„Die Bezeichnung Tag-Albtraum trifft es ganz gut. Es ist nicht unbedingt beängstigend, es ist nur so, als ob man einen Traum gehabt hätte, aber du sitzt wach im Garten … Ich sehe verschiedene Dinge, es ist, als würde ich aus dem Traum erwachen, und es ist, als würde man aufwachen und sich nicht mehr an den Traum erinnern, und man ist da, aber man ist nicht da … es ist, als wäre man orientierungslos. Ich fühle mich so, als wäre ich Alice im Wunderland“, wird eine Lupus-Patientin, die gebeten wurde, ihren „Tag-Albtraum“ in der Studiendokumentation zitiert.
Ärzte erkennen meist Albträume nicht als Frühwarnzeichen
Viele der in der Studie befragten Fachärzte gaben an, dass sie Albträume und Halluzinationen noch nie im Zusammenhang mit Lupus gesehen hätten. Das kann auch daran liegen, dass die Patienten es ihren Ärzten einfach nicht mitteilen. Da die aktuelle Studie hier Hinweise auf Albträume als Frühwarnzeichen für Lupus aufzeigt, wollen die behandelnden Ärzte – so gaben sie es zu Protokoll – verstärkt auch auf diese Symptome achten.
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Zusammenhang zwischen Albträumen und anderen Erkrankungen
Lupus ist nicht die erste Erkrankung, die in Zusammenhang mit häufigen Albträumen steht.
So lieferte die Auswertung mehrerer Studien Hinweise darauf, dass Menschen mittleren Alters (35 bis 64 Jahre), die mindestens einmal wöchentlich Albträume haben, in den darauf folgenden zehn Jahren ein viermal höheres Risiko für kognitiven Rückgang haben.3 Bei den Personen, die Älter als 79 sind, erkrankt laut der Studienauswertung sogar jeder zweite an einer Demenz, der regelmäßig Albträume hat. Dabei sind Männer häufiger als Frauen betroffen. Die Forscher betonen, dass es einer der wenigen Risikoindikatoren für Demenz bereits im mittleren Alter sein kann (FITBOOK berichtete).
In einer anderen Studie konnte eine mögliche Verbindung zwischen Albträumen und Parkinson aufgezeigt werden. Die verantwortlichen Wissenschaftler beobachteten 4000 Männer über einen Zeitraum von zwölf Jahren. Sie stellten fest, dass die Probanden, die häufig schlecht träumten, ein doppelt so hohes Risiko für Morbus Parkinson aufwiesen, als die Personen, die weniger häufig Albträume hatten (FITBOOK berichtete).4