4. April 2024, 16:24 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Auch wenn das Leben von Prominenten häufig perfekt scheint, machen psychische Erkrankungen vor ihnen keinen Halt. So berichtet US-Schauspieler Alan Ritchson in einem Interview über seine bipolare Störung und wie es zu der Diagnose kam. Während er in der Erfolgsserie „Reacher“ einen toughen Actionhelden spielt, kämpft er im wahren Leben mit starken Stimmungsschwankungen. Seine chronische psychische Erkrankung beeinflusst nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das seiner Kollegen und Mitmenschen – was zu Problemen führen kann. Seinen dramatischen Tiefpunkt erlebte Ritchson aber noch, bevor er dank einer Diagnose überhaupt wusste, was mit ihm los war!
Schauspiel-Star Alan Ritchson sorgt weiter für Schlagzeilen. Erst zu Jahresbeginn verriet der 41-Jährige, dass er sich vor Beginn der zweiten „Reacher“-Staffel einer Testosterontherapie unterzogen habe. Diese habe ihm geholfen, seinen Körper nach der ersten Staffel weiter in Top-Form zu halten. Allerdings ist diese Art von Hormonvergabe umstritten, da etwa die Hoden schrumpfen könnten. Doch abseits dieser Behandlung hatte der Schauspieler mit anderen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen: Bei ihm wurde eine bipolare Störung erst ungewöhnlich spät, im Alter von 36 Jahren, diagnostiziert, erzählte er im Podcast „Q with Tom Power“. In einem neuen Interview verrät er nun mehr über seine Diagnose und das Leben mit der Krankheit.
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Übersicht
Was ist eine bipolare Störung?
Grundsätzlich gehört eine bipolare Störung zu den chronischen psychischen Krankheitsbildern. Sie charakterisiert sich durch zwei entgegengesetzte Stimmungen: Diese wechselt zwischen manischen bzw. krankhaft übersteigerten Episoden sowie depressiven Phasen. Beide Episoden der Stimmungsschwankungen können unterschiedlich lange andauern.
Manie und Depression bzw. Hoch- und Tiefphase bezeichnet lediglich Tendenzen dieser Schwankungen. Häufig erleben Betroffene Mischformen der beiden Gefühlsextrema. Die psychische Erkrankung hat einen sehr starken Einfluss auf das Denken, Fühlen und Handeln von Betroffenen.
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Alan Ritchsons Tiefpunkt: Der Zeitpunkt kurz vor der Diagnose
Die Geschichte, wie die bipolare Störung bei Alan Ritchson festgestellt wurde, ist besonders erschütternd: 2019 hatte er sich mitten in der Produktion des Filmes „Dark Web: Cicada 3301“ befunden, bei dem er als Co-Autor, Regisseur, Produzent und Hauptdarsteller fungierte. Doch während seiner Arbeit verschlechterte sich sein psychischer Zustand rapide, sodass er sich über Wochen hinweg extrem zurückzog. Das löste wiederum große Besorgnis bei seinen Liebsten aus, wie er in einem Interview mit „The Hollywood Reporter“ verrät: „Ich war so erschöpft, dass ich wochenlang das Bett hüten musste. Meine Frau und meine Kinder waren besorgt, und ich konnte die Verwirrung in ihren Augen sehen. Niemand wusste, was los war.“ Seine geistige Gesundheit litt so sehr, dass er einen Suizid-Versuch beging. Doch die Gedanken an seine Kinder haben ihn wieder zurück ins Leben geholt. So berichtet der „Reacher“-Star über seine Vision von seinen drei Söhnen: „Sie baten mich in aller Ruhe, es nicht zu tun und sagten mir, dass sie wollten, dass ich hier bin, dass ich lebe und an ihrem Leben teilhabe.“
Kurz darauf fanden die Ärzte einen Grund für Ritchsons Verhalten. „Gleich danach wurde bei mir eine bipolare Störung diagnostiziert.“ Das habe erst einen großen Schock in ihm ausgelöst, wenn gleich er auch wusste, dass es eine Erklärung für seine Hoch- und Tiefpunkte lieferte. „Tief im Innern war es für mich ein Trost zu wissen: ‚OK, es gibt einen Namen dafür’“, erinnert sich der Schauspieler zurück. Vier Jahre später diagnostizierte man außerdem ADHS bei Alan.
Hier gibt es Hilfe
Sie machen sich Sorgen um jemanden? Sprechen Sie die Person an
Die Deutsche Depressionshilfe rät, Betroffene offen darauf anzusprechen und ihnen bei Bedarf dabei zu helfen, einen Arzt oder Psychotherapeuten zu kontaktieren. Und tatsächlich habe ich auch in meinem MHFA-Kurs (MHFA steht für Mental Health First Aider, also der Ersthilfe bei psychischen Notfällen) gelernt, dass man sich auf keinen Fall scheuen sollte, Menschen, um die man sich sorgt, anzusprechen – auch auf mögliche Suizidgedanken.
Begegnet man einem Menschen in einer offensichtlichen mentalen Krise, ist unter Umständen lebensrettend, ihn auf möglichst sensible, aber dennoch direkte Art zu fragen, ob er akut Suizidgedanken habe. Keine Angst – so wurde uns im Kurs versichert: Die direkte Frage führe bei niemandem dazu, dass sich düstere Gedanken entwickelten, die nicht zuvor schon da gewesen seien.
Bejahe die Person die Frage, gelte es, sofort zu handeln und professionelle Hilfe anzufordern. Hilfe bietet z. B. der Krisendienst. Auch der Notarzt oder sogar die Polizei können in dem Fall der richtige Ansprechpartner sein. Wichtig ist bis zum Eintreffen der Fachleute auf jeden Fall: die suizidgefährdete Person nicht allein lassen.
Sollten Sie selbst Suizidgedanken haben, können Sie sich hierhin wenden:
Die Telefonseelsorge unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 ist kostenfrei und steht rund um die Uhr zur Verfügung. Holen Sie sich bitte Hilfe!
Manische Anfälle von Alan Ritchson wurden zum Problem
Wie äußert sich die bipolare Störung seit der Diagnose bei dem Schauspieler? Im Falle von Alan Ritchson überwiegt zumeist die manische Seite, wie er dem US-Männermagazin „Men’s Health“ berichtet. Stehe er vor der Kamera, würden zudem häufige depressive Phasen mit hinzukommen. Aber: „Wenn ich deprimiert bin, spielt das keine Rolle, weil ich so konzentriert bei der Arbeit bin. Ich kann wochenlang arbeiten, ohne dass die Leute wissen, dass ich mich so fühle“, erklärte der „Reacher“-Hauptdarsteller.
Problematischer wird es, sobald die manischen Anfälle am Set zum Vorschein kommen. „Dann kommt das normalerweise auf eine ‚Das-muss-besser-sein‘-Art zum Ausdruck“, beschrieb er. Einmal führte diese Laune sogar dazu, dass ein Stunt-Koordinator während der Dreharbeiten der ersten Staffel aufgrund des vermeintlich rücksichtslosen Verhaltens von Ritchson kündigte. Denn immer dann, wenn der Koordinator der Actionszenen nicht wollte, dass Ritchson eine Kampfhandlung dreht, sprach dieser ein Machtwort und weigerte sich, das Set zu verlassen. „Ich habe gesagt: ‚Ich mache den f***ing Stunt!‘ Das war ein manisches Verhalten“, beschrieb er. Immerhin: Beide vertrugen sich wieder und der Koordinator kehrte zurück.
„Menschen, die sich in einer manischen Phase befinden, handeln häufig impulsiv, was sich in einem riskanten Verhalten ohne Einsicht für Gefahr äußern kann. Betroffene fühlen sich besonders leistungsfähig. Sie können einen Größenwahn und eine überhöhte Selbsteinschätzung entwickeln, was dazu führt, dass sie ein übersteigertes Gefühl haben von dem, was sie können und sich in verschiedenen Bereichen ihren Mitmenschen überlegen fühlen.“
Inga Fink-Schlattmann, Psychologische Psychotherapeutin
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So bekommt Alan Ritchson Hilfe im Alltag
Auch heute noch lernt Alan Ritchson im Alltag, mit seiner bipolaren Störung auf eine Weise zu leben, die für ihn und sein Umfeld positiv sei. Hilfreich sei ein Psychiater, den er einmal die Woche aufsuche. Der Facharzt kläre ihn z. B. darüber auf, ob ein bestimmtes Verhalten manisch oder schlicht und einfach normal sei. Zudem lernt Ritchson, mit den Symptomen richtig umzugehen. „Die bipolare Störung hat mein Leben viele Male komplett durcheinander gebracht. Ich würde mir diese wegwünschen, wenn ich könnte, aber es ist so sehr ein Teil dessen, was ich jetzt bin, dass ich es ein wenig feiern oder zumindest akzeptieren sollte“, gab er offen im Interview mit „The Hollywood Reporter“ zu.
Große Stützen im täglichen Leben seien auch seine Frau Catherine, die zusem seine persönliche Assistentin ist. Das Paar ist seit 2006 verheiratet und hat drei Kinder. „Der Umgang mit einem bipolaren Ehemann, der einem gesunden Partner ein schweres Schleudertrauma verpassen kann, und ein Maß an Ruhm, auf das einen nichts vorbereiten kann … das würde ich meinem schlimmsten Feind nicht wünschen. Doch das ist der Strohhalm, den sie zog, als sie sagte ‚Ja, ich will’“, schrieb er auf Instagram.
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