24. September 2020, 15:03 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Jeder zweite Deutsche leidet gelegentlich unter Rückenschmerzen. Als Auslöser häufig übersehen werden Fußfehlstellungen: Senk- und Spreizfuß, Plattfuß oder ein Hallux Valgus verändern die Körperstatik und erfordern kompensatorische Schonhaltungen, die zu Rückenproblemen führen können. Gezielte Übungen für die Füße können helfen, wie unsere Expertin zeigt.
Die meisten denken bei Rückenproblemen sofort an Bandscheiben oder Wirbelkörper. Doch die Ursachen für Rückenschmerzen können ganz unterschiedlich sein. Eine Ursache, die auch heute noch oft übersehen wird, sind Fußfehlstellungen – welche das sind und wie man mit gezielten Übungen die Beweglichkeit der Füße verbessern kann, erfahren Sie hier.
Übersicht
Warum Fußbeweglichkeit so wichtig ist
Wenn es um den Unterkörper geht, konzentrieren sich die meisten auf große Muskelgruppen und Gelenke, wie den vorderen und hinteren Oberschenkel, auf die Knie und die Hüften. Die Füße und die Sprunggelenke werden oft vergessen; obwohl sie entscheidend für die körperliche Leistungsfähigkeit sind.
Ob beim Gehen, zügigen Laufen oder Rennen: Die Beweglichkeit von Fuß und Knöchel ist essenziell, um Kraft zu entwickeln.
Fußfehlstellungen und ihre Ursachen
Die wohl bekanntesten Fußfehlstellungen sind Senk- und Spreizfuß, Plattfuß oder – häufiger bei Frauen – der Hallux Valgus. Ursache hierfür kann ein schwaches Bindegewebe sein und gering ausgeprägte Fußmuskulatur. Oftmals wird hier auf schlechtes Schuhwerk verwiesen. Ein naheliegender Grund ist jedoch die ungenügende Belastung und Bewegung. Denn das Zusammenspiel zwischen Muskeln, Knochen und Gelenken ist eine Grundvoraussetzung für einen gesunden und leistungsfähigen Körper. Dieser sollte in der Lage sein, sich in alle Richtungen zu biegen, zu beugen und zu strecken.
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Wussten Sie, dass wir innerhalb unseres Lebens insgesamt ca. 20 Jahre stehen und laufen und damit im Durchschnitt etwa dreimal die Erde umrunden?
Füßen beim Training mehr Aufmerksamkeit schenken
Der Fuß mit seinen knapp 30 Knochen und Gelenken, 60 Muskeln, über 100 Bändern und 200 Sehnen sorgt dabei für die notwendige körperliche Balance. Dieses komplexe Konstrukt aus unterschiedlichen Strukturen sollte also auch im Training mehr Aufmerksamkeit bekommen.
Was früher überlebensnotwendig war, scheint in der Umwelt des 21. Jahrhunderts für viele zweitrangig. Eingezwängt in Schuhe für zwölf Stunden am Tag, kann von bewegtem und aktivem Leben für unsere Füße wohl kaum noch die Rede sein. Es bedarf aber flexibler, beweglicher Gelenke, stabiler Knochen und geschmeidige Sehnen und Muskeln, um auch den Anforderungen des modernen Lifestyle gerecht zu werden. Denn nur durch ausreichend Bewegung kann man die Strukturen in ihrer Funktion erhalten.
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Wie Fußfehlstellungen die Wirbelsäule beeinflussen
Durch eine Fußfehlstellung wird die Körperstatik verändert. Dies kann Bewegungsabläufe einschränken. Oft folgt eine kompensatorische Schonhaltung und Verspannungen der Beinmuskulatur können dann zu Fehlstellungen der Gelenke und Knochen führen. Die Achsenverschiebung zwischen Oberschenkel und Unterschenkel durch erhöhte Spannungen einerseits und schwache Muskulatur andererseits führt dann oft zu einer Beckenfehlhaltung. Dies wiederum wirkt sich dann auf die Stellung der Wirbelsäule und darüber hinaus auf die Positionen des Oberkörpers aus.
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Durch permanent nach vorne gebeugte Haltung kann es passieren, dass Hüftgelenke und Knie nicht mehr voll gestreckt werden. Die Schritte werden dann immer kürzer und die Füße arbeiten nicht mehr ergonomisch. Je unbeweglicher der Vorfuß dann wird, um so ineffizienter wird das Gangbild.
Faszien übertragen Spannungen in Gelenke und Muskeln
Es ist Fluch und Segen zugleich, dass im Körper alles miteinander verbunden ist. Durch die Faszien, eine bindegewebsartige Hülle um die Muskulatur, übertragen sich diese Spannungen auch die darüber liegenden Gelenke und Muskeln. Wird ein Bereich dann weniger bewegt, folgen wiederum Ausweichbewegungen und später manifeste Fehlhaltungen. Faszientraining ist – nicht nur für die Füße – also mehr als sinnvoll!
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Um die Beweglichkeit der Füße und Knöchel zu verbessern, können Sie die folgenden Übungen zu Hause selber probieren.
Gehen Sie bei den Übungen niemals in den Schmerz und führen Sie Bewegungen langsam uns kontrolliert aus. Sollte Ihnen eine Übung unangenehm sein, hören Sie auf und versuchen Sie, die Übung mit weniger Bewegungsumfang und in Zeitlupe durchzuführen.
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Zehenbeugen und -strecken
Setzen Sie sich aufrecht hin. Beugen Sie Ihren Fuß und die Zehen maximal. Sie können den Fuß dabei auf dem Boden abstellen. Strecken Sie nun Ihren Fuß und die Zehen maximal und legen Sie den Fuß dabei auf dem Boden ab.
Wiederholen Sie die Übung auf der gegenüberliegenden Seite.
Sprunggelenkkreise
Setzen Sie sich aufrecht hin. Heben Sie ein Bein und halten Sie den Unterschenkel fest, damit Sie die Bewegung auch über das Sprunggelenk ausführen und nicht über den Unterschenkel. Halten Sie die Zehen in neutraler Position und führen langsam und gleichmäßig eine Kreisbewegung im Sprunggelenk durch. Strecken Sie die Zehen nach unten und wiederholen Sie die Bewegung. Und noch einmal mit hochgezogenen Zehen. Wiederholen Sie alle Teile der Übung mit dem anderen Fuß.
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Mobilisation der seitlichen Knöchel
Nehmen Sie eine aufrechte Schrittposition ein. Kippen Sie die Außenkante des vorderen Fußes nach oben. Kippen Sie anschließend die Innenkante des vorderen Fußes nach oben. Wiederholen Sie die Übung mit dem anderen Fuß.
Mobilisation der Großzehen
Stellen Sie sich aufrecht hin. Heben Sie die Großzehen vom Boden ab, während Sie die anderen Zehen am Boden lassen. Drücken Sie anschließend die Großzehen in den Boden während Sie die anderen Zehen abheben. Führen Sie die Bewegung im Wechsel durch.
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Toe Pulls in 3 Positionen
Stellen Sie sich aufrecht hin, strecken ein Bein nach hinten, Knie in neutraler Position und krümmen Sie die Zehen. Benutzen Sie die Knie- und Fußposition, um eine Dehnungsmobilisierung direkt unter dem Knöchel zu erreichen.
Wenn Sie die Position gefunden, führen Sie nacheinander fünf Kniebeugen durch. Halten Sie die Ausgangsposition und führen Sie nochmal fünf Wiederholungen mit nach außen rotiertem Knöchel durch. Führen Sie dieselbe Bewegung mit nach innen rotiertem Knöchel durch. Übung mit der anderen Seite wiederholen.
Zur Person: Luise Walther ist Personal Trainerin in Berlin mit Schwerpunkt funktionelle Neurologie und neurozentriertes Bewegungstraining. Sie verfügt über Fachwissen in der Rehabilitation, Verletzungsprophylaxe sowie Performance-Steigerung.