6. August 2020, 17:01 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Die Deutschen fahren wieder in den Urlaub, besuchen mit Angehörigen verschiedener Haushalte Restaurants – und das schlägt sich in Zahlen nieder. Der scheinbaren Normalität gegenübergestellt sind mehr als 1000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus an nur einem Tag. Wird das eintreten, womit viele Bürger rechnen: ein zweiter Lockdown?
Deutschland erscheint zweigeteilt. Auf der einen Seite sind die, die von Normalität sprechen und sie auch leben. „Corona ist vorbei“ – diesen Satz hört man häufiger; von Social Distancing ist nicht mehr viel zu sehen und spüren. Auf der anderen Seite rechnen immer mehr Menschen mit erneut verschärften Maßnahmen. Der zweite Lockdown sei nur noch eine Frage der Zeit.
Zahl an Corona-Infektionen steigt deutlich
Das Robert-Koch-Institut (RKI) vermeldete am Donnerstag 1045 Neuinfektionen seit dem Vortag. Damit wurde der Schwellenwert von 1000 Neuinfektionen zum ersten Mal seit Mai überschritten. Eine Fallzahlenübersicht der einzelnen Länder finden Sie auf der RKI-Website.
Wir erinnern uns: Wenn es pro 100.000 Einwohner mehr als 50 Neuinfektionen gibt, solle eine erneute Verschärfung die Sicherheitsmaßnahmen in entsprechender Stadt bzw. Landkreis diskutiert werden.
Was empfiehlt Drosten?
Prof. Christian Drosten, Chef-Virologe der Berliner Charité, geht von einer nächsten Corona-Pandemiewelle aus. Diese werde eine andere Dynamik haben als die erste, prophezeit er in einem Gastbeitrag in „Zeit“: „Während das Virus mit der ersten Welle in die Bevölkerung eingedrungen ist, wird es sich mit der zweiten Welle aus der Bevölkerung heraus verbreiten.“ Neue Fälle könnten bald überall gleichzeitig auftreten, „in allen Landkreisen, in allen Altersgruppen“.
Einen zweiten Lockdown hält Prof. Drosten dennoch nicht für sinnvoll. Stattdessen empfiehlt er, sich bei der Rückverfolgung möglicher Infektionsketten auf „Cluster-Mitglieder“ zu konzentrieren. Gemeint sind Teilnehmer von Superspreader-Events, und damit bspw. die Arbeitsbedingungen im Tönnies-Werk. Dort haben sich nachweislich mehr als 1500 Angestellte angesteckt. Die Cluster-Methode habe in Japan gut funktioniert, schreibt Drosten.
Jeder Bürger soll Kontakt-Tagebuch führen
Was jeder selbst machen könne, um den Erfolg der Cluster-Methode zu unterstützen, sei, ein „Kontakt-Tagebuch“ zu führen. Diese Maßnahme hält Drosten spätestens ab dem Winter für sinnvoll: „Durch die Fokussierung auf die Infektionsquelle wird der neu diagnostizierte Patient nämlich zum Anzeiger eines unerkannten Quellclusters, das in der Zwischenzeit gewachsen ist.“
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Gesundheitsminister Spahn zur Infektionslage
Ob es nun einen zweiten Lockdown geben wird – darauf erhofften sich viele Deutsche eine Antwort von Gesundheitsminister Jens Spahn. Er äußerte sich am Donnerstag im Rahmen einer Pressekonferenz zur Corona-Situation. Allerdings: Der Frage nach einem zweiten Lockdown wich er aus.
Ausführlicher thematisierte er die Urlaubssaison. Einen Faktor, der zu den steigenden Infektionszahlen beigetragen haben dürfte. Als Reaktion darauf hat der Gesundheitsminister eine Testpflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten angeordnet. Diese gilt ab kommendem Samstag (8. August). Alles andere wird wohl noch auf uns zukommen.