14. Oktober 2024, 11:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Rhinosinusitis ist die Vokabel schlechthin zur Erkältungssaison: Nasennebenhöhlenentzündung. Fast jeder hat schon mal wegen ihr geschnieft oder nach Atem gerungen. Wie die Erkrankung verläuft, warum abschwellende Nasentropfen die falsche Therapie sind und welche nicht-medikamentösen Methoden stattdessen sinnvoll sind, lesen Sie hier.
Die Nase läuft, der Kopf drückt: Im Herbst droht sie wieder, die Nasennebenhöhlenentzündung. Sinusitis sagt der Fachmann. Oder gar Rhinosinusitis. Davon spricht beispielsweise Prof. Martin Wagenmann, Leiter des Schwerpunkts Rhinologie, Allergologie und Endoskopische Schädelbasischirurgie am Universitätsklinikum Düsseldorf. Denn meist ist auch die Nase selbst mit betroffen. „Es gibt nur ganz wenige Menschen, die nie im Leben eine Nasennebenhöhlenentzündung haben“, sagt Wagenmann zu FITBOOK. Welche Beschwerden eine Sinusitis auszeichnen, ob abschwellende Nasentropfen helfen, was Antibiotika bringen und wann eine Operation sinnvoll ist – aber auch welche nicht-medikamentösen Therapien helfen, lesen Sie hier.
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Übersicht
Akute und chronische Rhinosinusitis
Unterschieden werden zwei Formen, wie der Experte von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie FITBOOK erklärt: die akute Rhinosinusitis (akute RS oder ARS abgekürzt), die bis zu drei Monate dauern kann, und die chronische Rhinosinusitis (chronische RS, auch CRS) . Auslöser der akuten Sinusitis sind Viren oder seltener Bakterien. Dann wird en masse Nasensekret produziert, ein Mix aus Flüssigkeit, Eiweißen und Fetten.
Verlauf einer Rhinosinusitis
Bei 60 bis 80 Prozent der Erkrankten einer akuten RS erfolgt innerhalb von zwei Wochen eine vollständige Heilung ohne Therapie. 90 Prozent sind innerhalb von sechs Wochen wieder fit.
Eine chronische RS geht mit bisweilen jahre- bzw. lebenslangen Verläufen einher.2
Typische Symptome einer Nasennebenhöhlenentzündung
Typische Beschwerden bzw. Symptome einer Nasennebenhöhlenentzündung sind:
- Nasenatmungsbehinderung
- Sekret läuft aus der Nase heraus und/oder nach hinten in den Rachen ab (anteriore bzw. posteriore Sekretion)
- Gesichtsschmerz
- Riechstörung
- fakultative Beschwerden bzw. Symptome (Fieber, Kopfschmerz)
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Was hilft bei einer Nasennebenhöhlenentzündung?
Die Behandlung einer Nasennebenhöhlenentzündung hängt davon ab, ob es sich um eine akute oder chronische Rhinosinusitis handelt und ob sie durch Viren oder Bakterien verursacht wird. Zunächst: Eine hohe Flüssigkeitszufuhr (Wasser, Tee) sorgt dafür, dass der Schleim dünnflüssiger wird und leichter abfließen kann. Was bei einer Nasennebenhöhlenentzündung ebenfalls hilft: ausreichend Ruhe und Schlaf, um das Immunsystem zu unterstützen.
Kann man mit abschwellenden Nasentropfen den Krankheitsverlauf beschleunigen?
Abschwellende Nasentropfen lindern zwar die Symptome … „aber man darf nicht glauben, dass man den Verlauf der Krankheit damit beschleunigen kann“, erklärt der Mediziner auf FITBOOK-Nachfrage.
Hype um abschwellende Nasentropfen und Suchtgefahr: Trotzdem sind die Deutschen Weltmeister im Kaufen von abschwellenden Nasentropfen: Unter den zehn meistverkauften rezeptfreien Medikamenten befanden sich laut Bundesärztekammer 2019 auf den Plätzen 1,5, 7 und 8 Präparate mit dem Nasenspray-Wirkstoff Xylometazolin – in Summe 59,5 Millionen verkaufte Packungen. 1972 waren es in Westdeutschland lediglich 7,4 Millionen Packungen.1 Ein inzwischen großes Thema ist die Sucht nach Nasenspray – woran Sie erkennen können, ob Sie betroffen sind und wie man davon wieder loskommt, lesen Sie hier.
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Was bringen Antibiotika?
Eine Therapie mit Antibiotika ist aus Sicht von Wagenmann meist nicht sinnvoll. „Über 90 Prozent der Entzündungen sind nicht durch Bakterien verursacht.“
Welche nicht-medikamentösen Therapieverfahren sind sinnvoll?
Bei einer akuten Rhinosinusitis empfiehlt die S2k-Leitlinie Rhinosinusitis der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V lokale Anwendungen mit Kochsalz-Lösung, etwa als als Nasentropfen oder –spray) sowie die Inhalation heißer Dämpfe (38 bis 42 Grad Celsius). Für die symptomatische Therapie der chronischen Rhinosinusitis sollte demnach eine nasale Anwendung von Salzlösungen zum Einsatz kommen. Was beim Inhalieren mit Kochsalz-Lösung zu beachten ist, lesen Sie hier.
Die Wirksamkeit von Akupunktur und Homöopathie könne aufgrund der eingeschränkten Datenlage nicht abschließend beurteilt werden, heißt es.2
Wann ist eine Operation sinnvoll?
Hilft eine Operation bei einer Nasennebenhöhlenentzündung? Laut Wagenmann sind rund elf Prozent der Bevölkerung in Europa von der chronischen Rhinosinusitis betroffen. „Das kann dann die Lebensqualität ähnlich einschränken wie Asthma“, meint er zu FITBOOK. Helfe eine medikamentöse Behandlung nicht, könne eine Operation sinnvoll sein. Dabei werden die Öffnungen zur Nase erweitert.
Laut Krankenhausstatistik des Statistischen Bundesamts wurden im Jahr 2018 über 450.000 Operationen an Nase und Nebenhöhlen durchgeführt.3 „Früher wurde zu viel Schleimhaut entfernt. Heute weiß man, dass diese radikalen Operationen meist mehr Schaden anrichten, als zu helfen“, so Wagenmann. Wahrscheinlich werde dennoch zu viel operiert – was daran liegt, dass Operationen in unserem Gesundheitssystem lukrativ sind.
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Wozu hat man überhaupt Nasennebenhöhlen?
Rein anatomisch betrachtet sind Nasennebenhöhlen luftgefüllte Schleimhaut-Aussackungen der Nasenhöhle. Mediziner unterscheiden beim Menschen vier verschiedene: die Kieferhöhle, die Stirnhöhle und die Keilbeinhöhle sowie dazwischen gelegen die Siebbeinzellen. Doch wozu hat sie der Mensch überhaupt, die Nasennebenhöhlen?
„Das weiß niemand so genau, die evolutionäre Funktion ist bis heute unklar“, sagt Wagenmann zu FITBOOK. Eine Theorie handle von Resonanz für eine klangvollere Stimme. Eine andere laute: eingebaute Knautschzone. „Beim Zusammenstoß mit einem Mammut war es besser, das Gesicht wird zusammengedrückt, als dass es zum Schädelbasisbruch kommt.“
„Mit dem Riechen oder Atmen haben die Nebenhöhlen nichts zu tun“
Geringeres Gewicht könnte demnach ebenfalls eine Rolle spielen: Luft ist leichter als Knochen. Zudem sei in den Nasennebenhöhlen die Konzentration von Stickoxid hoch – und das wirke antibakteriell, so Wagenmann. „Nur eines ist sicher: Mit dem Riechen oder Atmen haben die Nebenhöhlen nichts zu tun“, erklärt er. „Die Öffnungen zur Nase sind viel zu klein, als dass das einen Effekt haben könnte.“