19. November 2021, 13:49 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Ein Messwert, der für viele Fitness-Sportler entscheidend ist, ist der Körperfettanteil (KFA). Besonders praktisch für eine schnelle Messung sind entsprechende Waagen für die eigenen vier Wände, so zumindest versprechen es die Hersteller. Wir haben uns von zwei Experten erklären lassen, was Körperfettwaagen taugen und was sie beim Kauf und der Anwendung zu beachten haben.
Der größte Frust setzt bei Diät-haltenden Menschen wohl ein, wenn trotz Sport und gesunder Ernährung die Zahl auf der Waage einfach nicht kleiner wird. Dabei muss das stagnierende Gewicht nicht notgedrungen heißen, dass die Diät nicht funktioniert. Denn: der Erfolg einer Diät kann sich im Körperfettanteil verstecken. Durch Muskelaufbau stagniert das Gesamtgewicht oder man nimmt sogar an Gewicht zu, obwohl man straffer ist und sportlicher aussieht. Dementsprechend wichtig ist es, seinen Körperfettanteil im Blick zu behalten. Das geht am besten über eine Körperfettwaage, bei deren Kauf man allerdings ein paar Sachen beachten muss.
Übersicht
- Wie funktionieren Körperfettwaagen?
- Wie genau misst die Waage den Körperfettanteil?
- Billige Körperfettwaagen können falsche Ergebnisse anzeigen
- Am genausten messen Körperfettwaagen mit Handsensoren
- Körperfettwaagen als Motivationshilfe
- Gibt es Nachteile beim Messen mit der Körperfettwaage?
- Für den allgemeinen Gesundheitszustand auf BMI achten
- Lohnt sich die Anschaffung einer Körperfettwaage trotzdem?
- Quellen
Wie funktionieren Körperfettwaagen?
Im Gegensatz zu „normalen“ Waagen, die lediglich das Gewicht messen, wird bei Körperfettwaagen mithilfe eines Stromimpulses der elektrische Widerstand gemessen. „Muskelgewebe besitzt einen geringeren Widerstand als Fettgewebe und ist somit ein guter elektrischer Leiter“, erklärt Dr. Eduard Isenmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachbereich Fitness und Gesundheit der IST-Hochschule sowie im Fachbereich Kreislaufforschung und Sportmedizin der Deutschen Sporthochschule Köln.
Im Umkehrschluss heißt das: Das Körperfett leitet Strom schlechter als Muskelgewebe. Die Waage erfasst den Widerstandswert und gibt diesen prozentual zum Gewicht und der Körpergröße an.
Wie genau misst die Waage den Körperfettanteil?
Bei Körperfettwaagen kommt die bioelektrische Impendanz-Analyse, kurz BIA, zum Einsatz. Der dazu benötigte Strom wird durch Dioden in den Körper geleitet. Da Fett und Wasser einen unterschiedlichen Widerstand haben, können Waagen Aufschluss über den Wasser-, Muskulatur- und Fettanteil des Körpers geben.
Umgerechnet werden die gemessen Werte durch die Brozek-Formel. Dabei wird der prozentuale Körperfettanteil in Relation zu einer Dichte von 1,09–1,01 g/cm3 gesetzt.
Billige Körperfettwaagen können falsche Ergebnisse anzeigen
Bei preiswerteren Modellen (schon ab ca. 16 € zu erstehen) erfolgt die Messung lediglich über die Füße. Problem: Aufgrund der geringen Stromstärke kann die Waage nicht den gesamten Körper scannen. Das führt nicht nur zu ungenauen Ergebnissen, sondern je nach Geschlecht zu besseren oder schlechteren Werten.
Denn: Der Stromimpuls reicht bestenfalls bis in die Lendenregion. Aufgrund der geschlechtsspezifischen Fettverteilung – bei Frauen bilden sich Pölsterchen tendenziell an Beinen und Hüften, bei Männern vorzugsweise am Bauch – spucken günstige Modelle bei Männern in der Regel zu positive und bei Frauen zu negative Ergebnisse aus.
Auch interessant: Körperfettanteil richtig messen – Methoden im Vergleich
Am genausten messen Körperfettwaagen mit Handsensoren
Waagen mit zusätzlichen Sensoren für die Hände beziehen die obere Körperhälfte ein und sorgen so für verlässlichere Werte. Was man bei den Messungen – auch mit teureren Modellen – bedenken muss: Die Fett-Wasser-Zusammensetzung im Körper ändert sich im Laufe des Tages. Um verlässliche Vergleichswerte zu haben, sollte man deswegen immer zur gleichen Uhrzeit und unter ähnlichen Bedingungen messen. „Wichtig bei dieser Untersuchungsform ist, dass keine elektrischen Leiter am Körper vorhanden sind, sowie der Proband nicht dehydriert ist, also keinen Alkohol in den letzten 48 Stunden zu sich genommen hat und keine extreme sportliche Belastung hatte“, erklärt Isenmann weiter.
Am besten man führt die Messung immer morgens nach dem Aufstehen durch, bevor man Nahrung und Getränke zu sich nimmt und mit einer entleerten Blase. Hände und Füße sollten trocken und nicht eingecremt sein.
Auch interessant: Verbreitete Fehler, die das Ergebnis beim Wiegen verfälschen können
Körperfettwaagen als Motivationshilfe
Auch der Sportwissenschaftler Jörn Giersberg kann (besseren) Körperfettwaagen etwas abgewinnen, auch wenn es sich dabei eher um einen Nebeneffekt handelt: „Körperfettwaagen haben dieselbe Wirkung wie Pulsuhren – sportliche Erfolge lassen sich schnell ermitteln und helfen dabei, die Motivation aufrechtzuerhalten.“ Ein weiterer Pluspunkt: die einfache und smarte Bedienung. Denn auch schon bei günstigen Modellen können Erfolge per App notiert werden.
Gibt es Nachteile beim Messen mit der Körperfettwaage?
Mit einer Körperfettwaage kann man zwar bequem von zu Hause aus seinen Fettanteil messen, allerdings sollte man die Körperfettmessung nicht als Indikator für den Gesamtgesundheitszustand verstehen. So kann die Waage beispielsweise keine weiteren Variablen, wie z. B. wo das Fett angesiedelt ist, mit einbeziehen. Die Messung unterscheidet nicht zwischen dem gefährliche viszerale Fett, welches sich um die Organe in der Bauchhöhle anlagert und dem einfachen Speck an der Hüfte.
Auch interessant: Wissenschaftlich belegte Methoden, um gefährliches Bauchfett zu reduzieren
Für den allgemeinen Gesundheitszustand auf BMI achten
Als Vergleichswert zum Körperfettanteil kann man zusätzlich seinen Body-Mass-Index (BMI) ermitteln. Im Gegensatz zur Körperfettwaage misst er nicht den Fettanteil, gibt aber zuverlässigere Auskunft über den Allgemeingesundheitszustand, indem er misst, ob man sich für seine Größe und Alter im richtigen Gewichtsbereich befindet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schlägt folgende Klassifikation anhand des BMI vor:
- Unter 18,5 – Untergewichtig
- 18,5 bis 24,9 – Normales oder gesundes Gewicht
- 25,0 bis 29,9 – Übergewichtig
- 30,0 und mehr – Fettleibig.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bietet auf ihrer Seite einen BMI-Rechner an, mithilfe man seinen BMI ermitteln kann. Allerdings hat auch der BMI eingeschränkte Aussagekraft, was die Allgemeingesundheit angeht. Ein Sportler mit vielen Muskeln wiegt vielleicht mehr, als von der WHO als „normalgewichtig“ klassifiziert werden würde, obwohl er in Topform ist. Das bestätigte auch Dr. Michael Despeghel im Gespräch mit FITBOOK: „Der BMI sagt nichts über die Gesundheit oder das Krankheitsrisiko eines Menschen aus.“
Auch interessant: Taille-zu-Größe-Verhältnis – einfacher Selbsttest ermittelt Krankheitsrisiko
Lohnt sich die Anschaffung einer Körperfettwaage trotzdem?
Für Otto-Normal-Verbraucher kann die Anschaffung einer Körperfettwaage sinnvoll sein, um sich zu motivieren und tendenzielle Veränderung schnell wahrzunehmen. Wichtig: Achten Sie beim Kauf darauf, dass die Waage auch über Handsensoren verfügt, damit auch ihre obere Körperhälfte bei der Messung miteinbezogen wird.
Ein abschließender Rat von Sportwissenschaftler Giersberg: „Die exakte Bestimmung des Körperfettanteils benötigt hochkomplexe Technik. Wer seinen Fitness- und Gesundheitsstatus richtig interpretieren will, sollte lieber anderen Werten (unter anderem der Kraft und einer optischen Veränderung) vertrauen.“
Im Vergleich Die besten Körperfettwaagen und für wen sie sich eignen
Beim Experten nachgefragt Körperfettanteil richtig messen – Methoden im Vergleich
17 Modelle geprüft Körperfettwaagen bei „Stiftung Warentest“ – bei diesem Messwert enttäuschen sie
Quellen
- 1. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Body-Mass-Index (BMI). (aufgerufen 18.11.2021)
- 2. World Health Organisation. Body mass index – BMI. (aufgerufen 18.11.2021)