13. Dezember 2019, 11:13 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Viele Menschen, meist aufgrund von Vorerkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, nehmen regelmäßig gerinnungshemmende Medikamente ein – umgangssprachlich Blutverdünner genannt. FITBOOK erklärt, welche Arten von Präparaten es gibt, wann eine solche Therapie sinnvoll ist und welche Risiken damit einhergehen.
Um bei vorbelasteten Menschen das Risiko auf ein Herz-Kreislauf-Ereignis zu verringern (z.B. auf Thrombose, Schlaganfall oder Herzinfarkt), werden ihnen oft gerinnungshemmende Wirkstoffe verabreicht. Die Bezeichnung blutverdünnend ist ähnlich gebräuchlich, aber strenggenommen nicht korrekt. Der erwünschte Therapieeffekt ist nicht das Verdünnen des Bluts, sondern die Hemmung von Gerinnungsfaktoren und somit die Vermeidung eines Gerinnsels.
Es gibt (Not-)Fälle, die die Verabreichung einer Kombination aus mehreren Gerinnungshemmern nötig machen. Auf lange Sicht richtet sich die Wahl des geeigneten Wirkstoffs nach der Art des Befunds bzw. nach etwaigen Vorerkrankungen, die begleitend medikamentös behandelt werden. Und auch wenn temporär (etwa zur Behandlung eines Infekts) zusätzlich zum Gerinnungshemmer etwas eingenommen werden muss, ist eine Absprache mit dem behandelnden Arzt unumgänglich. Denn: Es kann zu Wechselwirkungen zwischen Präparaten kommen, die dazu führen, dass einer der Wirkstoffe (oder beide) schlechter, gar nicht mehr oder zu stark wirken.
Heparine
Heparine wirken schneller als andere Gerinnungshemmer. Es sind körpereigene Vielfachzucker, die bei entsprechender Indikation künstlich von außen zugeführt werden können – in der Regel per Spritze oder Infusion. Als Tabletten gibt es Heparin nicht, weil der Wirkstoff über den Darm kaum verwertet werden kann. Der Einsatz empfiehlt sich daher eher kurzfristig und für den Akutfall, um etwa eine Thrombose oder Gefäßverstopfung zu behandeln.
Plättchenhemmer
Plättchenhemmer sind ihrer Wirkweise und -intensität nicht mit den anderen Gerinnungshemmern zu vergleichen. Es handelt sich um Präparate mit Acetylsalicylsäure (kurz ASS), die verhindern sollen, dass die Thrombozyten zu leicht verklumpen. Thrombozyten sind kleine, scheibenförmige Plättchen im Blut und spielen eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung. Vor allem Menschen, die schon einmal Probleme mit dem Herzen hatten, nehmen Plättchenhemmer ein – meist langfristig.
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Richtig: ASS nehmen oft auch gesunde Menschen zur Behandlung von Kopfschmerzen, bspw. als Aspirin, dann allerdings in einer höheren Dosierung. Das ist auch der Grund, weshalb beispielsweise zur Behandlung von Schmerzen nach einer Operation eher zu alternativen Medikamenten geraten wird. Blutverdünner können die Neigung zu Blutungen verstärken (s. weiter unten im Text).
Cumarine
Zu den Cumarinen, auch Antikoagulanzien, gehören beispielsweise Vitamin-K-Antagonisten wie das gängige Präparat Marcumar (Wirkstoff: Phenprocoumon). Sie verdrängen anteilig das Vitamin K aus der Leber, welches ansonsten an der Bildung von Gerinnungsfaktoren beteiligt wäre. Nachteil: Die Wirkung jener Vitamin-K-Antagonisten unterliegt Schwankungen aufgrund von möglichen Wechselwirkungen mit u.a. Nahrungsmitteln. Konsumenten müssen deshalb besonders engmaschig (spätestens alle drei Wochen) den Gerinnungswert in ihrem Blut kontrollieren lassen. Außerdem ist unter der Einnahme von bspw. Marcumar auf stark Vitamin-K-haltige Lebensmittel (wie bspw. grünes Blattgemüse) zu verzichten.
Neuer und anwenderfreundlicher sind sogenannte direkte orale Antikoagulanzien (DOAK). Sie bieten viele Vorteile, u.a. da ihre Wirkung schnell einsetzt und gleichbleibend ist – auch unabhängig von der Ernährung. Heißt: Ständige Blutkontrollen sind nicht nötig und die Dosis kann gleich bleiben. Allerdings sind DOAK noch recht teuer und nicht für jeden Patienten geeignet (z.B. bei künstlichen Herzklappen, Niereninsuffizienz).
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Mögliche Nebenwirkungen
Wie die meisten Arzneimittel haben auch gerinnungshemmende Medikamente Nebenwirkungen. In diesem Fall stehen sie häufig mit den blutverdünnenden Eigenschaften der Präparate in Verbindung, weshalb es schneller zu Hämatomen und vor allem zu Blutungen kommen kann. In Form von Nasen- oder Zahnfleischbluten sind sie meist wenig dramatisch. Innere Blutungen hingegen können bis zu einem gewissen Grad unbemerkt auftreten und schwere Folgen haben.
Wichtig ist es in jedem Fall, zusätzlich zur Einstellung des Gerinnungswertes auch regelmäßig den Blutdruck zu kontrollieren. Unabhängig davon, welches Gerinnungsmittel eingenommen wird, muss darauf geachtet werden, dass der Blutdruck nicht zu hoch ist. Blutungen würden dadurch wahrscheinlicher.
Fachliche Beratung durch den Hamburger Internisten Dr. med. Matthias Riedl.